Im Grunde sind die beiden Varianten der gerade im Endstadium der Gesetzwerdung befindlichen (Bürger-)Energiegemeinschaften dafür da, dass sich Vereine, Unternehmen, Bürger*innen oder Gemeinden vernetzen, um Strom zu teilen, zu verkaufen, zu handeln und zu verteilen. Wobei die Gemeinschaft bzw. auch die einzelnen Teilnehmer die Preise selbst festlegen können. Allerdings nur den Preis der produzierten Kilowattstunden. Etwas anderes sind die Gebühren und Steuern sowie die Kosten des Netzdurchlaufes.
Genauere Infos dazu finden Sie hier.
Die Verbände der Erneuerbaren Energie (also Windkraft, Photovoltaik, Kleinwasserkraft und andere) haben in einem Gutachten eruieren lassen, welche Forderungen ans neue Gesetz zu stellen seien. In diesem Gutachten (Jürgen Neubarth, e 3 consult, Innsbruck) haben sie auch die für sie interessantesten Nutzungen als Beispiele zusammengestellt.
Beispiel 1: Lokale Stromversorgung aus einem revitalisiertem Kleinwasserkraftwerk
Nach über 100 Jahren Betrieb hat ein gemeindeeigenes Kleinwasserkraftwerk das Ende seiner technischen Lebensdauer erreicht. Im Zuge einer um-fassenden Revitalisierung müssen daher alle wesentlichen Anlagenkomponenten erneuert sowie zur Herstellung der Durchgängigkeit des Gewässers ein Fischaufstieg errichtet werden. Bei der Umsetzung des Vorhabens schlägt die Gemeinde einen neuen Weg ein und beschließt zur Finanzierung eine Erneuerbaren-Energien-Gemeinschaft zu gründen. Beteiligen können sich an der genossenschaftlich organisierten Energiegemeinschaft alle in der Gemeinde selbst sowie im hydrologischen Ein-zugsgebiet des Kraftwerks wohnhaften Personen und ansässigen Unternehmen.
Recht auf Strom aus Wasserkraft
Mit ihrer finanziellen Beteiligung erwerben die Anteilseignerinnen und Anteilseigner das Recht an einem der Höhe ihrer Mitgliedschaft entsprechenden aliquoten Anteil der jährlichen Stromerzeugung des Kleinwasserkraftwerks, d. h. die Rückzahlung bzw. Verzinsung des eingesetzten Kapitals erfolgt in Form eines Strombezugsrechts. Der Strom kann dabei zur (teilweisen) Deckung des eigenen Verbrauchs verwendet oder über einen Dienstleister zu Marktpreisen verkauft werden. Der Dienst-leister ist dabei auch für das Bilanzgruppen- und Portfoliomanagement verantwortlich und übernimmt für die aus dem Wasserkraftwerk mit „eige-nem“ Strom direkt versorgten Mitgliedern der Energiegemeinschaft die Funktion des Stromlieferanten.
PV-Anlagen bleiben Eigentum der Genossenschaft
Ein Teil der Betriebsüberschüsse aus dem Kraftwerk wird genutzt, um Investitionen in PV-Anlagen und den Aufbau einer regionalen Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge zu finanzieren. Die PV-Anlagen verbleiben im Eigentum der Genossenschaft; die erzeugten Strommengen werden an die Mitglieder der Energiegemeinschaft geliefert bzw. über den Dienstleister direktvermarktet. An den öffentlichen Ladestationen können die Mitglieder der Energiegemeinschaft im Rahmen ihrer aliquoten Strombezugsrechte „kostenlos“ Strom tanken, wobei an einer über eine Direktleitung versorgten Schnellladestation nicht nur die Kosten der Energielieferung, sondern auch die Netzentgelte entfallen.
Das Beispiel wurde der Studie „Energiegemeinschaften im zukünftigen österreichischen Strommarkt“ entnommen, die von den Verbänden der österr. Erneuerbaren Energie beauftragt worden war. Autor: Dr. Jürgen Neubarth (e3 consult GmbH, Innsbruck). Stand: Juni 2020
Weitere Beispiele in unserer Serie „Energie-Gemeinschaften: Welche Modelle könnten entstehen?"