In den vergangenen Tagen sind Wasserstoff-Fahrzeuge in Diskussion geraten, unter anderem, weil der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz Österreich gerne zum "Wasserstoff-Land Nr. 1" machen würde. Dazu will er das Erdgas-Unternehmen OMV und den Stromkonzern Verbund (und andere Unternehmen) mittels Projektförderung alimentieren.
Doch Kurz erntete in den einschlägigen Foren teilweise harsche Kritik. Dabei ist die Idee, ein Auto mittels Wasserstoff zu betreiben, seit Jahrzehnten ein Traum der Auto-Industrie.
Was spricht aber GEGEN Wasserstoff-Autos?
Wasserstoff ist zu kompliziert
Erst einmal ist ein Wasserstoff-Auto ohnehin ein Elektrofahrzeug. Statt einer Batterie als Trägermedium verwendet man Wasserstoff, der zwar in der Natur reichlich vorkommt, aber unter hohem Energieaufwand hergestellt werden muss. Das geschieht derzeit meistens durch Verwendung von Erdgas als Energiequelle – von dem man aber ja wegkommen muss. Im Auto braucht man dann eine komplizierte Brennstoffzelle, um aus dem hochkomprimierten H2-Gas wieder Strom zu machen.
Drei Mal so viele Windräder
Um die etwa drei Mal so große Energiemenge (verglichen mit Batterie-Fahrzugen) zu erhalten, muss man schlicht drei mal so viele Windräder aufstellen oder Photovoltaik-Panele verwenden. Denn das fosssile Erdgas sollte ja tabu sein.
Gefährlich in der Handhabung
Seit vielen Jahren wird Wasserstoff in der Industrie verwendet und transportiert. Doch als Antriebsenergie im Auto muss der Tank unter hohem Druck gesichert werden. Das verteuert weiter die Poduktion. Und während Batterien brennen, explodiert ein Wasserstofftank. Das gilt auch für die Tankstellen (vor wenigen Wochen knallte es auf einer H2-Tankstelle in Norwegen, die Ursache ist bisher noch nicht ganz geklärt).
Teure Infrastruktur
Eine Wasserstofftankstelle muss besonders abgesichert sein, was sich im Preis niederschlägt. Während die Hochleistungs-Charger für Elektroautos nur 50-100.000 Euro kosten, schlägt die H2-Tankstelle nach ersten Schätzungen mit 500.000 bis 1 Mio Euro zu Buche.
Keine Autos vorhanden
Privatpersonen können derzeit in Österreich kein einziges Wasserstoffauto kaufen. Beim Toyota-Händler unseres Vertrauens klingt das zum Beispiel so: "Nein, den Mirai haben wir noch nicht, Sie können ihn nicht kaufen und wir wissen auch gar nicht wann der kommt". Bei Mercedes winkt man gleich ab: Kein einziges Fahrzeug kann in Österreich gekauft werden. In Deutschland ist die Lage ähnlich.
Zu teuer
Selbst wenn man das Auto kaufen könnte bzw. in absehbarer Zeit geliefert bekäme, so müsste man tief in die Tasche greifen (unter 80.000 Euro ist kein Modell avisiert). Und auch die Kosten für den "Sprit", also für Wasserstoff sind nach ersten Schätzungen etwa drei Mal so hoch, wie für Elektrofahrzeuge.
Zu geringer Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad batterieelektrischer Pkw liegt von der Stromentnahme aus dem Netz bis zur Umsetzung in Fahrleistung bei rund 70%. H2-Brennstoffzellen-Pkw haben einen Gesamtwirkungsgrad von rund 34%. Viel Energie, die im Prozess verlorengeht.
Keine "Tankstelle daheim" möglich
Millionenfach werden Elektroautos heute dezentral daheim oder am Arbeitsplatz oder beim Supermarkt betankt. Oftmals fließt der selbstproduzierte PV-Strom vom Hausdach direkt in die Batterie. Bei Wasserstoff sind solche eimtankstellen undenkbar. Es braucht eine großindustrielle Herstellung und eine komplexe Lieferlogistik.
Ein ewiges Forschungsprojekt
Schon seit Jahrzehnten versprachen große Automobilmarken wie Mercedes oder Toyota den Durchbruch mit ihren Wasserstoff-Fahrzeugen. Es klappte nie. Die Gründe? Siehe oben.
Nun heißt das nicht, dass Wasserstoff-Autos keine Lebensberechtigung hätten. Doch der komplizierte Umweg über diese Technologie engt den Spielraum für die Wasserstoff-Technologie sehr ein: Sie ist nur dort großflächig denkbar, wo die Elektromobilität (noch) nicht hinkommt. Also vielleicht bei Eisenbahnen, Groß-LKW oder im Flugverkehr. (hst)
Weiterführende Links:
Das Wasserstoffauto hat verloren (ARD)
Wasserstoff: Wie Sebastian Kurz das Klima retten will – ein Irrtum (profil)