Der 11. Innenraumtag machte aus der Not eine Tugend: Weil alles digital war, kamen umso mehr Leute. 

Corona-Innenraumtag-Peter-Tappler
Peter Tappler startet mit seiner Präsentation zum 11. Innenraumtag.

Da sage noch einer, dass die Absage einer Präsenzveranstaltung nicht auch positive Effekte hat. Gleich 285 Teilnehmer konnten die Organisator*innen des 11. Innenraumtags (AK Innenraumluft im BMK ) online begrüßen, deutlich mehr Gäste, als bei ihren früheren Tagungen. Digital zieht offenbar. Einer der umtriebigsten Innenraum-Luftexperten Österreichs, Peter Tappler, führte in den Stand der (Lüftungs-)Technik hinsichtlich des Corona-Virus ein.

Der Fokus auf den Innenraum ist deshalb so wesentlich, weil hier das Virus unter bestimmten Umständen recht lange aktiv ist und daher auch seinen Schaden anrichten kann – wenn nicht richtig gelüftet wird.

Übereinstimmend hätten die Untersuchungen bisher ergeben, dass Singen und lautes Sprechen ein deutlich höheres Risiko ergeben, weil drei bis zehn Mal so viele Tröpfchen und kleine Aerosole versprüht werden.

Verschiedene Szenarien von Lüftungssituationen in Räumen zeigen die deutlich unterschiedliche Risikosituationen: Hier ein ein mittleres Risiko im Vortragsraum mit guter ...

Verschiedene Szenarien von Lüftungssituationen in Räumen zeigen die deutlich unterschiedliche Risikosituationen: Hier ein ein mittleres Risiko im Vortragsraum mit guter Lüftung. (Folien aus dem Vortrag von Peter Tappler)

Ganz anders die Situation bei niedrigem Luftwechsel: High Risk.

Die Fensterlüftung verbessert nun die Risikolage deutlich – erkennbar an den 10-Minuten-Lüftungen im Stundentakt.

Forciertes Fensterlüften hat einen noch besseren Effekt – wenn es denn Schüler*innen oder Kolleg*innen im Dezember oder Jänner aushalten ...

Hier sieht man den guten Effekt, den ein kraftvoller Luftraumreiniger hat – kein erhöhtes Risiko mehr.

Aber noch günstiger ist die Risikolage in einer Messehalle, die nur halb besetzt aber gut gelüftet is.

Intelligente Luftführung heißt das Motto
Innenraum-Spezialist Tappler: Klimageräte ohne Frischluftzufuhr verteilen die Aerosole ausgezeichnet – das muss aber nach letzten Erkenntnissen nicht automatisch negativ sein. Bekannt wurde eine Restaurantsituation in China, wo ein Klimagerät die Aerosole eines Gastes auf alle anderen mittels Luftströmungen übertragen hatte.

Frischluft ist King
Mittlerweile ist man der Meinung, dass Umwälzung nicht unbedingt schlecht sein muss. Reduktionen der Aktivität der Viren kann nämlich durch die Verwirbelung bzw. den Transport der Viren erreicht werden. Denn je länger die Viren unterwegs sind, umso schwächer werden sie. Dennoch gilt: Frischluft ist King. Und dies vor allem durch ausreichende und oftmalige (Quer-) Stoß-Lüftung. Oder eben durch den einbau einer mechanischen Lüftung.

Gut: Über 21 Grad und feuchte Luft
Auch die Innenraumtemperatur spielt eine Rolle: Unter 21 Grad halten sich die Viren länger – was bei den Fleischbetrieben in Deutschland zu der bekannten Hotspot-Situation geführt habe – weil eben dort niedrige Temperaturen herrschen müssen. Weiters ist eine hohe Luftfeuchtigkeit besser, wenn es um den Kampf gegen das Virus geht.

Peter Tappler: Pinzette statt Hammer
Es sei also wichtig, in Zukunft verstärkt sinnvolle von sinnlosen Maßnahmen unterscheiden. Wie kann man das Risiko erfassen? Tappler: „Wir können den CO2-Gehalt als Marker verwenden, aber zusätzlich kann man die Nutzung des Raumes einbeziehen.“ Räume, in denen viele Leute laut sprechen seien einwandfrei riskanter als große Räume oder Hallen, in denen weniger Menschen ruhig arbeiten. 

Lüftung ist entscheidend
Doch sagt Tappler auch: „Wir wissen aber noch nicht sehr viel. Wir wissen nicht wie viele Viren auf einem Aerosol sitzen. “ Was aber klar ist: Ohne Lüftung oder mit einer schlechten Lüftung ist z.B. in einem Vortragsraum oder in der Schule ist die Virenlast und damit das Risiko deutlich höher. Lüftungsampeln kommen nun auch auf den Markt, die über den CO2-Wert ein Ampelsystem steuern. Mobile Raumluftreiniger ergänzen keine Lüftungsanlage, seien aber in Covid-Zeiten immerhin eine Ergänzung – doch die Positionierung im Raum sei u.a. wegen der akustischen Belastung zu bedenken. UV-C-Technologie sollte nur verwendet werden, wenn die Geräte geprüft und technisch einwandfrei sind. 

Abwege und Irrwege
Noch einmal warnte Tappler vor den Vernebelungen von Desinfektionsmitteln, wie manche Firmen das propagieren. „Aus meiner Sicht ist das grenzwertig“, es sei das am Rande zur Desinformation: Oberflächendesinfektion sei etwas anderes als Verhinderung von Virenlast, die eingeatmet werde. Auch Ozongeräte werden von den Innenraumspezialisten nicht empfohlen. 

Luftübertragung vorrangig, Oberflächen nicht entscheidend
Hans-Peter Hutter, MedUni Wien, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass prinzipiell jeder Innenraum (also auch Straßenbahnen oder Busse oder Seilbahnen) ein idealer Raum für die Virus-Verbreitung sind. Infektionen werden deutlich stärker über die Luftströmung weitergegeben, während die Übertragung über Oberflächen (Schmiereninfektionen), sicherlich nur eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielen.

(hst)

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