Die Begutachtungsfrist für das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) in Österreich ist abgelaufen: Nur wenige sind mit dem Entwurf richtig glücklich.

Dächer wie dieses sollten zuerst mit PV verbaut werden – doch manche Praktiker haben ihre Zweifel. Foto: Dachgold

Am positivsten hat sich wahrscheinlich der OVE, der Österreichische Verband für Elektrotechnik, geäußert: „Der OVE begrüßt den vorliegenden Gesetzesentwurf, in dem auch wesentliche Punkte wie Erzeugungstechnologien, spezifische Förderungen, Kosteneffizienz durch marktnahe Ausschreibungsmechanismen sowie die dringend benötigte Netzreserve in Anbetracht der Volatilität erneuerbarer Energieträger berücksichtigt sind.“ Lediglich ein Anwachsen der Bürokratie wird befürchtet. Präsident im OVE ist der Industrielle Kari Kapsch, im OVE sind unter andere die Energie-Unternehmen Kelag, Wiener Netze oder Vereinigungen wie Österreichs Energie vertreten.

Massive Verschlechterungen befürchtet
Nicht so glücklich zeigen sich Praktiker und kleinere Verbände: Sie befürchten teilweise massive Verschlechterungen ihrer Lage durch das prinzipiell neue System – die Förderung der Ökostromproduktion erfolgt zukünftig nicht mehr über die derzeit gebräuchlichen Einspeisetarife, sondern über „Marktprämien“. Das ist eine Versteigerung nach unten, den Zuschlag bekommt, wer am wenigsten Zuschuss begehrt. Soll heißen: Diejenigen, die die wenigsten Förderungen pro Kilowattstunde eingespeister Öko-Energie brauchen, bekommen die Marktprämien, bis der Topf leer ist.

Großanlagen bevorzugt?
Das bevorzugt naturgemäß Großanlagen, egal in welcher Erzeugungsbranche man tätig ist, ob z.B. Bioenerie oder Photovoltaikstrom. Skaleneffekte lassen sich eben leichter bei 500 Kilowatt-Leistung als bei 5 kW erzielen. Kleine Anlagen sind teurer. Nun kommt es also darauf an, wie das neue System der Marktprämien zusammen mit den weiterhin gültigen Investitionsprämien gestaltet werden. Das ist aber noch weithin im Nebel der Verhandlungen.

Wir glauben, dass der Entwurf einen guten Weg darstellt, sind jedoch für konkrete Änderungs- und Anpassungsvorschläge sehr offen.
Eli Widecki, Klimaschutz-Ministerium

„Gute Lösung gefunden“
Eli Widecki aus dem Büro des zuständigen Staatssekretär Magnus Brunner (Klimaschutz-Ministerium) beantwortete die diesbezügliche Anfrage eines Solar-Unternehmers so: „Das europäische Recht erlaubt zukünftig leider keine Einspeisetarife, wie sie im aktuellen Ökostromgesetz normiert sind. Somit ist ein Umstieg auf Marktprämien bzw. Investitionsförderung europarechtlich vorgegeben.  Bezüglich PV-Freiflächen, haben wir glaube ich eine gute Lösung gefunden. Unser Zugang ist genauso glaube ich in Ihrem Sinne: das grundsätzlich vor allem die Dächer zuerst drankommen, dann die ohnehin schon versiegelten Flächen (Deponien, etc.), dann erst die Freiflächen. Aber ohne Freiflächenanlagen werden wie die Ziele nicht erreichen, das ist natürlich klar. Auch gibt im Begutachtungsentwurf es einen gesetzlichen Abschlag für Freiflächen, um hier einen Lenkungseffekt zu erreichen.  

Bei der Investitionsförderung, die unserer Ansicht nach für viele private Haushalte ein spannendes Fördermodell darstellt, haben wir bewusst unterschiedliche Größenklassen vorgesehen. Damit wollen wir genau das verhindern, was sie zu Recht ansprechen: dass es natürlich eine faire Verteilung geben muss und Großanlagen nicht die gesamten Förderkontingente für sich beanspruchen sollten. Wir glauben jedoch, dass diese Lösung im aktuellen Entwurf einen guten Weg darstellt, sind jedoch für konkrete Änderungs- und Anpassungsvorschläge sehr offen. (Eli Widecki, BMK)“

Für Anlagen im Bereich bis 30 kW (maximaler Hausanschluss) ist der Entwurf ein Desaster. Robert Willfurth, Solar-Unternehmer

„Für Kleine ein Desaster“
Die „gute Lösung“ bezweifelt allerdings Robert Willfurth, Solarzelle Waldviertel, stark. Seine Antwort: „Für Anlagen im Bereich bis 30 kW (max. Hausanschluss) ist der Entwurf ein Desaster.“ Und er rechnet vor: „Beispiel 30 kWp / 30 x 250,- = 7.500,- Euro Investitionszuschuss und zusätzlich beispielsweise 50 % Überschusseinspeisung (17.000 kWh x 0,0767 = 1303,90 x 13 = 16.950,70 lt. jetzigem Fördersystem. Geht man davon aus, dass der Marktpreis bei rund der Hälfte liegt, den man künftig für die Einspeisung bekommen kann, dann macht das satte 8.500,- EUR weniger an Förderung.

Also eine Kürzung der Förderung um mehr als 50 % für PV-Anlagen, die dort Strom erzeugen, wo er auch erzeugt wird. Ich kann Ihnen sagen was passieren wird: kein Betreiber wird mehr 30 kWp bauen, sondern nur mehr, wie die EVN jetzt propagiert, kleine Anlagen, die sich an der Eigenverbrauchsquote orientieren und nicht am Autarkiegrad.  Ist das tatsächlich so gewollt, dass weniger Leistung von Kleinanlagen kommen soll? Warum gibt’s es keine Kompensationen für den Wegfall der Tarifförderung sondern eine 50% Förderkürzung?"

Auch der Verband der österreichischen Photovoltaik-Branchen, Photovoltaic Austria (PVA), bestätigt diese Rechnung. Vera Immitzer, die Geschäftsführerin des PVA, sagt „Die Rechnung von Robert Willfurth ist absolut richtig!“

Zur Erklärung:
Derzeit stehen im Entwurf folgende Regelungen: Für 0 bis 500 kW Leistung gibt es einen Investitionszuschuss (der offenbar für alle gleich hoch sein soll, wahrscheinlich 250 Euro pro kW. Unterschied zu bisher: Jetzt bekommen diesen Investitionszuschuss auch die großen Anlagen über 200 kW).

Für Anlagen ab 20 kW gilt: diese Anlagen können zwischen zwei Fördersystemen wählen: Ob sie einen Investitionszuschuss oder eine Marktprämie für eingespeisten Strom haben wollen. Ab 500 kW gibt es nur die Marktprämie für eingespeisten Strom. Die Tarifförderung, die aktuell für Anlagen bis 200 kW zur Verfügung steht, ist insofern lukrativ als das bisher ein einmalige Investitionszuschuss UND ein geförderter Einspeisetarif gilt. In Zukunft gibt es für die Anlagen ENTWEDER Investzuschuss ODER Marktprämie. Folgedessen müssen, um den Verlust auszugleichen, die Fördersätze entsprechend nach oben angepasst werden, sagt Vera Immitzer (PVA).

In der Stellungnahme des PVA heißt es daher: „Zu den wichtigsten Verbesserungspunkten zählt die Schaffung vernünftiger Anlagenkategorien bei der Ausschreibung und bei der Investitionsförderung. Speziell Kleinanlagen verlangen ein besonderes Augenmerkt und dementsprechende Erleichterungen und Chancengleichheit, da diese mit den großen Anlagen nicht vergleichbar sind.“

Viele Uneternehmen und Initiativen, die in der Vergangenheit Auftrieb bekommen haben, kommt also eine spannende Zeit. Für die Brunnerin (NÖ) Cornelia Daniel (Foto) wird sich zum Beispiel weisen, ob sie mit den neuen Förderungen ihr Ziel erreichen kann, bis zum 1. Juli 2021 nicht weniger als 1.001 Unternehmensdächer in Österreich mit PV ausstatten zu können. Derzeit ist man bei Nr. 613 angekommen. Die Spannung steigt.

EAG-Unterlagen und Stellungnahmen

EAG-Stellungnahme von Photovoltaic Austria

Dachgold (Initiative Cornelia Daniel)

(hst)

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