Als ob ein neuer Name („Billigstromgesetz“ statt Elektrizitätswirtschaftsgesetz) Wunder wirken könne.
Und als ob die österreichische Bevölkerung so naiv wäre, diese Art von Mogelpackung nicht zu erkennen.
Dabei ist es erst wenige Tage her, dass die österreichische Wirtschaftskammer mit genau einer solchen Mogelpackung in eine Krise allergrößter Dimension geschlittert ist.
Woher kommen die aktuell hohen Netzkosten?
Seit 2017, also seit knapp 10 Jahren, sind diverse Pflichten der Verteilnetzbetreiber (Anm: Das sind die Betreiber der unteren Netzebenen bis hin zum Haushalt) gesetzlich verankert, etwa die Verpflichtung zum Smartmeter-Rollout, oder auch zur vollständigen Freistellung "Gemeinschaftlicher Erzeugungsanlagen" (Anm: Das sind Zusammenschlüsse von Zählpunkten auf gemeinsamem Privatgrund) von Netzgebühren und Abgaben.
Beides wurde und wird durch die aktuell relevanten Marktteilnehmer weiterhin massiv hintertrieben und behindert. Ebenso behindert wird durch umfangreichen und völlig überzogenen Bürokratismus das Schaffen von Energiegemeinschaften oder auch der Netzzugang von neuen PV-Anlagen. Dabei wären genau dort die Hebel, die Netze auf den unteren Netzebenen massiv zu entlasten und damit auch einen Teil des sonst erforderlichen zentralistisch motivierten Netzausbaus entbehrlich zu machen.
Regionale Netze – weniger Ausbau ist notwendig
Je regionaler der Strommarkt wird, desto weniger Netzausbau wird zukünftig auf den oberen Netzebenen erforderlich. Allerdings haben die dort agierenden Marktteilnehmer wiederum andere Interessen, die von der Basis im bisherigen Tarif-Modell einfach mitfinanziert werden sollen, ohne ernsthaft auf Regionalität und Kostenwahrheit zu achten. Von genau dort kommen die Forderungen nach möglichst hohen Netzgebühren, um noch aus dem alten Strommarkt kommende zentralistische Projekte weiter voranzutreiben! Würde ausreichend regionale Batteriekapazität und Sektorkopplung aufgebaut werden, bräuchte beispielsweise ein regionaler Überschuss an Windstrom gar nicht erst nach Kaprun geleitet werden.
Woher kommen die aktuell hohen Energiekosten?
Seit Jahren ist bekannt, dass erneuerbare Energie mit Abstand die preisgünstigste Energie ist, nicht nur im Strom-, sondern auch im Wärmebereich. Allerdings erfordert die unregelmäßige Verfügbarkeit von Wind und Sonne umfangreiche flankierende Maßnahmen, wie die intensive Kopplung der Sektoren, die Zwischenspeicherung von Energie sowohl in kurzfristiger sowie auch saisonaler Form, sowie eine kluge Verzahnung verschiedener energetischer Prozesse. Das klingt kompliziert und unbequem und kann somit durch geeignetes Lobbying der alten fossilen Marktteilnehmer wunderbar in ein schlechtes Licht gerückt werden.
Monatliche Transparenz ist besser als die Jahresrechnung
Leute, lasst euch nicht einreden, dass eine jährliche Energieabrechnung für euch bequem und angenehm wäre! Nur durch eine transparente monatliche Abrechnung seht ihr, zu welcher Zeit im Jahr Energie welchen Preis hat!
Holt euch die Daten eurer Smartmeter und seht nach, wie viel Energie ihr im Haushalt zu welcher Tages- und Jahreszeit verbraucht!
Der bequemste Weg ist immer der teuerste Weg!
Wo bleibt die Kostenwahrheit?
Wir mischen seit Jahren namhafte Mengen von biogenen Energieträgern den Treibstoffen an der Tankstelle bei, mit dem absurden Ziel, den Flottenverbrauch einer im Auslaufen begriffenen Mobilitätsform schönzureden. Dabei sind Bioethanol und Pflanzenöle genau die Energieformen, die bestens zum Ausgleich der volatilen erneuerbaren Energie herangezogen werden können, extrem preisgünstig saisonal speicherbar und bestens mittels Kraft-Wärme-Kopplung verwertbar sind.
Wir regeln ein vermeintliches Überangebot von Sonnen- und Windstrom ab, während vielleicht ein paar hundert Meter daneben fossile Energieträger zur Wärmebereitstellung verbrannt werden. Dabei wäre dieser vermeintliche Überschuss höchst einfach in Energiegemeinschaften, durch Sektorkopplung oder diverse weitere schon lange verfügbare Lösungen nutzbar.
Wir fördern mit Milliardenbeträgen die Nutzung fossiler Energie, womit sich ebenfalls eine massive Verschiebung der Kostenwahrheit zu Lasten der erneuerbaren Lösungen ergibt. Gleiches gilt auch für die fehlende Kostenwahrheit durch die viel zu geringe Besteuerung von CO2-Emissionen, für die die Wissenschaft schon seit Jahren Beträge im mittleren dreistelligen Euro-Bereich einfordert.
Wir verzetteln uns in Wasserstoff, Atomstrom und eFuels, anstatt die richtigen Dinge zu bewerben und zu tun!
Während sich seit Jahren eine klare Richtung der globalen Energiezukunft abzeichnet, wird weiterhin massiv für Partikularinteressen einzelner Marktteilnehmer lobbyiert und die unmündige und unwissende Politik folgt diesen Einflüsterungen wie dem Rattenfänger von Korneuburg! Unterstützt werden diese Tendenzen von einer ebenso unqualifizierten Medienlandschaft, die uns etwa zuletzt wissen ließ, dass PV-Anlagen mit einer Leistung unter 7 Kilowattstunden(!) im neuen Gesetz von Einspeisekosten ausgenommen wären.
Leute, zwischen Leistung und Energie zu unterscheiden, ist Physik-Stoff der Unterstufe! Wer zulässt, dass solche Meldungen in einer Live-Sendung an Millionen Haushalte ausgestrahlt wird, darf sich über die Politik- und Medienverdrossenheit nicht wundern!
Anstatt wirklich den dringenden Empfehlungen der Wissenschaft zu folgen, werden wir mit medialen Beiträgen berieselt, die - jedenfalls in Europa - keinerlei Relevanz haben und die Bevölkerung nur verwirren! Wie zuletzt etwa ein Bericht, dass ein chinesischer Autokonzern eine Lösung versuche, die Autobatterien innerhalb weniger Minuten zu tauschen. Das ist in einer Marktsituation, in der wir in Europa seit Jahren erfolgreich am Rollout einer flächendeckenden Schnelllade-Infrastruktur arbeiten, einfach nur irritierend und hält die Bevölkerung von den richtigen Entscheidungen ab!
Die Bevölkerung würde die Energiewende mit Freude selbst stemmen!
Allerdings müssen dazu geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie eine massive Entbürokratisierung, eine völlig neue Sichtweise in den Reihen der alten Marktteilnehmer, eine neue Qualität in Politik und Journalismus, eine massive Umverteilung der Förderlandschaft weg von den alten fossilen Lösungen hin zu ökologischen, erneuerbaren und nachhaltigen Strukturen und insbesondere ein nachvollziehbares Handeln gemäß den unverrückbaren Empfehlungen der Wissenschaft und eben nicht mehr nach den unqualifizierten Einflüsterungen der gut bezahlten Lobbyisten!
Was ist zu tun?
Installiert PV-Anlagen und Batteriespeicher (auch ohne PV!)
Steigt - speziell im Einfamilienhaus- und ländlichen Kontext - auf Elektromobilität um
Steigt im städtischen Kontext auf öffentliche Verkehrsmittel um
Urgiert monatliche Energierechnungen
Wechselt den Energieanbieter, nutzt in Kombination mit Batteriespeichern dynamische Stromtarife
Sorgt im Haushalt für optimale Synergien zwischen Strom, Wärme, Mobilität
Gründet Energiegemeinschaften, tretet Energiegemeinschaften bei
Fordert die Smartmeter-Montage ein (ja, es gibt immer noch Haushalte, wo das angeblich "nicht geht"!)
Vernetzt euch innerhalb eurer Wohnhäuser, Nachbarschaften, Siedlungen, Kommunen mit Gleichgesinnten
Besucht Informationsveranstaltungen, redet mit jenen, die mit der Energiewende schon weiter sind
Engagiert euch politisch, lasst euch solche Mogelpackungen wie einen neuen Namen für ein altes Gesetz nicht gefallen!
Übrigens gehört zur Energiewende nicht nur erneuerbare elektrische Energie, sondern auch Wärme, richtige Ernährung, sorgsamer Umgang mit Ressourcen und der Natur in ALLEN Lebensbereichen! Aber das ist wieder einmal eine andere Geschichte...
(einiges davon ist in meinen Fachvorträgen und Publikationen unter http://www.pott.at/presse nachzulesen)
Der Politik sei jedenfalls ins Stammbuch geschrieben, dass das dümmliche Umbenennen eines Gesetzes wohl wieder einmal deutlich zu wenig sein wird, um die Energiewende wirklich in Schwung zu bringen!
Euer Weinviertler Energiepionier
Peter Ott


