Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien im Energiesystem entstehen neue Anforderungen an die thermische Speicherfähigkeit von Gebäuden. Eine Herausforderung dabei ist, dass solarer und windbasierter Strom nicht kontinuierlich zur Verfügung steht – überschüssige Energie muss zeitlich flexibel nutzbar gemacht werden.
Im Forschungsprojekt RE-FORM earth des österreichischen Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) wird ein Lösungsansatz verfolgt, der altbewährte Materialien mit innovativer Technik kombiniert: Stampflehmwände mit integrierter Bauteilaktivierung als nachhaltige, thermische Speicherkomponenten im Wohnbau.
Speichermasse trifft auf Zirkularität
Besonders im Holzbau – einem zunehmend wichtigen Segment im nachhaltigen Bauen – fehlen bauphysikalisch wirksame Speichermassen wie sie etwa in Beton- oder Ziegelbauten vorhanden sind. Stampflehm bietet hier eine ressourcenschonende und regional verfügbare Alternative. Der Baustoff bringt hohe Wärmespeicherkapazität mit sich, ist wiederverwendbar und kann ohne große ökologische Fußabdrücke in den Baukreislauf integriert werden.
Zwei baugleiche Räume zur experimentellen Untersuchung
Um die Wirkung solcher Stampflehmwände zu untersuchen wurden, im Labor von AEE INTEC zwei baugleiche Räume zur experimentellen Untersuchung eingerichtet. Während einer mit einem klassischen Radiator beheizt wurde, kam im zweiten Raum eine Stampflehmwand mit Bauteilaktivierung zum Einsatz.
Dabei wurde getestet, wie sich eine gezielte Überhitzung im Winterfall und Unterkühlung im Sommerfall auf die thermische Speicherung und das Raumklima auswirken. Dazu wurde der benötigte Tagesenergiebedarf, in der Zeit, wo beispielsweise Strom aus Photovoltaik verfügbar war, mit erhöhter Leistung in den Raum eingebracht. So konnten gezielt die Effekte auf die Speichermasse und die Behaglichkeit untersucht werden.
Die aktivierte Stampflehmwand wirkt raumklimaregulierend
Die Ergebnisse zeigen deutlich: Die aktivierte Stampflehmwand übernimmt nicht nur eine effektive thermische Speicherfunktion, sondern wirkt gleichzeitig raumklimaregulierend. So wurde im Versuch ein gegensätzliches Feuchteverhalten beobachtet: Während im Radiatorraum die relative Luftfeuchtigkeit mit steigender Temperatur – wie typischerweise zu erwarten – abnahm, zeigte sich im Raum mit Stampflehmwand ein leichter Anstieg der Luftfeuchte.
Dieses Verhalten weist auf die ausgeprägten sorptiven Eigenschaften des Lehms hin: Er kann Feuchtigkeit aus der Raumluft aufnehmen und zeitversetzt wieder abgeben. Dieser reversible Feuchteausgleich trägt wesentlich zur Stabilisierung des Raumklimas bei und verbessert das thermische Komfortempfinden für die Nutzerinnen und Nutzer
Perspektiven für den Bau der Zukunft
Die Erkenntnisse aus RE-FORM earth bilden eine fundierte Grundlage für den Einsatz sorptiv-aktiver Speichermaterialien im zukünftigen Wohnbau – insbesondere im Kontext von Holzbau, zirkulärer Ressourcennutzung und flexibler Energiebereitstellung. Stampflehm wird so zur Schnittstelle zwischen klimafreundlichem Bauen, gesteigerter Energieeffizienz und gesundem Raumklima.
Projektkoordinator: IBO Institut für Baubiologie und Ökologie
Projektwebsite: aae-intec