Massivbau, Holzbau, Wohnbau – nach dem Hoch ist die Krise da. Sie könnte viele Unternehmen zum Aufgeben zwingen.

Vorfertigung in der Halle – auch der Holz-Fertighausbau muss Einbussen hinnehmen. Foto: Herbert Starmühler

Nun mehren sich die Zeichen an der Hauswand: Es wird für viele Unternehmen der Baubranche schwer werden, zwischen Gesundschrumpfen und Durchtauchen einen Weg in die Zukunft zu finden. „Nur die Starken werden das überleben“ sagt Friedemann Kunz, der an der Ostsee Fertighäuser aus Holz produziert. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt der Unternehmer, der 600 Gebäude pro Jahr fertigstellt, man habe derzeit „eine katastrophale Veränderung am Markt. Die Baumaterialien werden teurer, die Zinsen steigen.“ Die Umsätze der gesamten Baubranche brächen ein.  

Bauunternehmer Kunz: „Die Auftragseingänge im Massivbau gehen seit Herbst um 90 Prozent zurück. In der Fertighausbranche sind es 60 Prozent.“ Nachdem das günstigste Fertighaus bei Kunzens Firma „Scanhaus Marlow“ schlanke 185.000 Euro kostet, also in der preiswertesten Ebene anbieten kann, wendet er sich gerade an die Zielgruppe, die wegen Inflation und strengeren Kreditvergaberichtlinien stark zurückhaltend wurden. Werden mussten.

„Die Auftragslage im privaten Wohnbau ist massiv zurückgegangen, es kommt fast gar nichts mehr herein. Und die wenigen Projekte, die noch hereinkommen, unterliegen einem extremen Preiskampf, den wir nicht gewinnen können.“
Bauunternehmer Thomas Erath, Bregenz

Fertighausfirmen wie Hartl in Österreich spüren den Abschwung nicht so deutlich, weil viele Angebote um 400.000 Euro und darüber kosten. Hier kauft eine finanzkräftigere Schicht, die Geld hat und Kredite bekommt. Aber der Einbruch geht dennoch quer durch alle Branchen. „Das ist gerade eine Bereinigung des Marktes“ sagt der deutsche Unternehmer Friedemann Kunz. 

In Österreich und Deutschland steigt die Zahl der Firmenpleiten – der Bau als Spitzenreiter

Und diese Bereinigung ist bereits im Gang: Allein im kleinen Bezirk Klagenfurt meldeten acht Baufirmen im ersten Halbjahr Insolvenz an, in der Steiermark mussten im ersten Halbjahr 2023 53 Unternehmer aufgeben. Und in Deutschland wurden laut SPIEGEL nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im März 13,2 Prozent mehr Regelinsolvenzen beantragt als im Februar. Damals hatte die Zahl der Firmenpleiten im Vergleich zum Januar bereits um 10,8 Prozent zugenommen.

Endgültige Zahlen liegen erst für Januar 2023 vor. Die tatsächlich bei den Amtsgerichten beantragte Zahl der Unternehmensinsolvenzen lag im Januar bei 1271, wie das Statistikamt mitteilte. Das sind 20,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Im Dezember hatte der Anstieg bei 19,7 Prozent gelegen.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen entfielen zu Jahresbeginn auf das Baugewerbe mit 246 Fällen (plus 19,4 Prozent). Danach folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 204 Verfahren (plus 27,5 Prozent).

„Es fehlen uns schlicht und ergreifend die Aufträge“

Das Bregenzer Bauunternehmen Erath Bau stellte seine Tätigkeit per Ende Juni dieses Jahres ein. Der geschäftsführende Gesellschafter und Baumeister Thomas Erath sagte dem ORF: „Es fehlen uns schlicht und ergreifend die Aufträge. Die Auftragslage im privaten Wohnbau ist massiv zurückgegangen, es kommt fast gar nichts mehr herein. Und die wenigen Projekte, die noch hereinkommen, unterliegen einem extremen Preiskampf, den wir nicht gewinnen können“, so Erath.

Dass sich an dieser Situation in den kommenden zwei bis drei Jahren viel ändern werde, glaubt der Bauunternehmer nicht. „Die Menschen sind verunsichert und wollen oder können gar keine großen Investitionen angehen.“ Selbst der Sanierungsbereich sei spürbar zurückgegangen. Allein davon könne man nicht leben. Dass zu alledem auch noch der Fachkräftemangel komme, müsse eigentlich gar nicht mehr eigens erwähnt werden. (ORF.at)

Zu teuer: Gewerbe und Industrie langten ungeniert zu

Zu den beklagten politischen Situationen, Kreditverknappungen, Bauauflagen und Energiepreiserhöhungen kommt allerdings auch die Gier. Anders kann man manche Kostensteigerungen von Baumaterialien und von Dienstleistungen nicht nennen. Beispiel: Wenn ein Installateurbetrieb für einen fünfminütigen Ventiltausch (Materialkosten 19 Euro) stolze 235 Euro verrechnet, dann ist nicht mit freudigen Folgeaufträgen zu rechnen. Geschehen in Niederösterreich, Bezirk Korneuburg.

(hst)

 

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