Das internationale Projekt "Upwind" arbeitet an Turbinen mit der dreifachen Leistung der bislang größten. Die Rotorblätter sollen einen Durchmesser von 250 Meter haben - angepeilt wird das Jahr 2020.
Beachtliche Entwicklung der Windkraft innerhalb von 30 Jahren - nächster Quantensprung bis 2020?
"Die Windindustrie ist erst rund 30 Jahre alt und hat daher noch viele Veränderungen vor sich" sagt Thorsten Herdan, der energiepolitische Sprecher des Maschinenbauverbands (VDMA) im Gespräch mit der FAZ. „Neue Materialien spielen dabei eine große Rolle“, erläutert er.

Das lässt sich derzeit schon an der Rotorblattproduktion beobachten; die Flügel werden leichter und damit länger. „Wir können die Blätter jetzt von 50 auf 58 Meter Länge ausweiten - ohne Mehrgewicht“, erläutert Thomas Richterich, der Vorstandschef des Windanlagenbauers Nordex. Und damit steigt die Leistung weiter an; auf See denken die Hersteller vermehrt in 6-Megawatt-Dimensionen statt bisher 5 Megawatt, an Land kommen zunehmend 3-Megawatt-Anlagen auf den Markt statt der zuletzt dominierenden 2,5 Megawatt.

Aber es gehe nicht immer nur um die Maximierung der Leistung, betont Stephan Ritter, leitender Manager des Windgeschäfts in Europa von General Electric (GE). An Standorten mit begrenzter Netzkapazität seien kleinere 1,6-Megawatt-Anlagen deutlich wettbewerbsfähiger, sagt er. Wie andere Hersteller präsentiert auch GE dieser Tage dagegen neue, deutlich höhere Türme. „Die Tendenz geht zu größeren Türmen, weil man damit auch an Schwachwindstandorten sinnvoll Strom erzeugen kann“, erläutert er. Die Branche setzt - gerade in Deutschland - darauf, dass im Zuge der Klimadiskussion bisherige Höhen- und Abstandsregeln fallen und zum Beispiel auch in Waldgebieten mehr Windanlagen errichtet werden.

Die Zukunft der Windanlagenindustrie ist in den vergangenen fünf Jahren in einem dänischen Forschungsinstitut entwickelt worden. „Upwind“ heißt das Projekt, an dem 40 Gesellschaften aus elf europäischen Ländern mit Förderung der EU zusammengearbeitet haben. Herausgekommen ist das Konzept einer Mega-Turbine mit einer Leistung von 20 Megawatt - das Dreifache dessen, was der Weltmarktführer Vestas gerade erst als Neuheit für künftige Meereswindparks angekündigt hat. Mit 153 Metern Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von 250 Metern würde der Gigant alle existierenden Windräder weit überragen.

Um eine solche Anlage zu bauen, müssten nicht nur die Rotorblätter und der Turm in Leichtbauweise anders konstruiert werden als die bisherigen Windenergieanlagen. Auch die Steuerung der Anlage müsste noch viel ausgefeilter erfolgen als bisher. Bis zum Jahr 2020, so schätzen beteiligte Entwickler, könnte die 20-Megawatt-Turbine tatsächlich ans Stromnetz gehen.

Um über die Baumwipfel zu kommen, braucht es aber höhere Türme. Die Faustregel laute, dass ein 140 Meter hoher Turm 50 Prozent mehr Windstrom erbringe als ein 90 Meter hoher Turm, erläutert Andreas Nauen, der Vorstandschef des Hamburger Windanlagenbauers Repower. Sein Konzern schickt jetzt einen immerhin 128 Meter hohen Turm in neuer Bauweise ins Rennen. „Damit kann man Waldgebiete erschließen“, wirbt er. Aber auch auf den Ersatz älterer existierender Windräder durch neue, deutlich höhere und leistungsstärkere Anlagen setzt die Branche zunehmend. „Damit wird am gleichen Standort der dreifache Energieertrag möglich“, sagt Nauen.    

Eine ganz andere Frage ist, wie sich die Windindustrie, die aus dem Anfangsstadium ihrer Existenz längst entwachsen ist, künftig aufstellt. Noch ist es weniger die Sorge vor der neuen chinesischen Konkurrenz, die die europäischen Hersteller umtreibt, auch wenn in der Weltrangliste der Windenergiefirmen schon vier chinesische Konzerne unter den Top Ten vertreten sind. Aber sie bearbeiten fast ausschließlich den gut abgeschotteten und schnell wachsenden Heimatmarkt und sind auf dem Weltmarkt noch keine Konkurrenz. Das werde sich so schnell auch nicht ändern, lautet die Überzeugung. Gerade die mittelgroßen Hersteller treibt vielmehr um, dass Industriekonzerne wie Siemens und General Electric das Windgeschäft immer stärker vorantreiben und dabei ihre Größenvorteile ausspielen können: ihre Einkaufsmacht oder die Finanzierungsangebote, die sie mitbringen können.

GE-Manager Ritter formuliert es anders: „Wir können die Sicherheit bieten, über den gesamten Lebenszyklus eines Parks als Partner zur Verfügung zu stehen“, sagt er. Daher wollen die Amerikaner, auf dem Heimatmarkt die klare Nummer eins, aber in Deutschland nur unter „ferner liefen“ rangierend, auch mit besonders langen Serviceverträgen punkten. Das Selbstverständnis von GE dürfte auch im Windgeschäft lauten, auf allen wichtigen Märkten außer China zu den Top drei zu gehören und einen zweistelligen Marktanteil zu erringen - wobei Vestas als Nummer eins so schnell nicht abgelöst werden könne, wie es in der Branche heißt. Dass GE insbesondere im Offshore-Sektor der Konkurrenz noch unterlegen ist, weil die Amerikaner erst 2009 den Wiedereinstieg in dieses Geschäft mit der Übernahme der norwegischen Gesellschaft Scanwind eingeleitet haben, sieht Ritter nur bedingt als Nachteil. Für das Geschäft auf See gebe es bislang zwar viele Ankündigungen, sagt er, aber tatsächlich sind im Meer erst Anlagen mit einer Kapazität von insgesamt knapp 3 Gigawatt installiert worden. Künftig sollen jährlich 2 bis 4 Gigawatt dazukommen, lauten Prognosen in der Fachwelt. „Wer die beste Technologie mitbringt“, gibt sich Ritter sicher, „wird auch dort Erfolg haben.“

Quelle: faz.net
Abb. lloydfonds.de



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