Ist das Elektroauto als Serienprodukt nur eine kühne Zukunftsvision oder dürfen wir schon in den nächsten Jahren mit einem Durchbruch rechnen? Große Automobilkonzerne wie etwa VW sehen sich derzeit in einem massiven Dilemma zwischen hohen Kundenerwartungen, Preisdruck und unvorhersehbaren Forschungsentwicklungen.
Der spanische PV-Markt wird auch im kommenden Jahr nur eine untergeordnete Rolle spielen.

 

Kaum ein Thema steht derzeit medial so im Fokus wie die Elektromobilität. Anlässlich des Wien-Besuchs des Niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister lud gestern die deutsche Handelskammer in Österreich zu einem prominent besetzten Symposium im Haus der Industrie. Der Leiter der Konzernforschung bei Volkswagen Prof. Jürgen Leohold gab einen Einblick in die Strategie, mit der die wachsenden Kernprobleme wie CO2-Ausstoß und Verkehrszunahme in den Ballungsräumen zu lösen sind. Bis erwarteten Marktreife vom reinen Elektroantrieb im Jahr 2020 soll vor allem in Mischkonzepte investiert werden. Ins gleich Horn stieß Prof. Helmut List von der AVL List GmbH: „Die Motoren von morgen werden wie ein Baukastensystem zusammengesetzt sein: Batterie, Verbrennungsmotor, Elektromotor, Getriebe und Regelungssystem werden einander ergänzen. Auch die zweite Generation der Biokraftstoffe wird eine tragende Rolle spielen, da hier nicht mehr die Frucht der Pflanze verwendet wird."

 

Strommix entscheidet

Leohold erinnerte daran, dass zur Verbesserung der CO2-Bilanz bei Elektromobilität die Primärenergieträger besonders im Fokus stehen: „Wer schon heute in Deutschland ein Elektroauto fährt, verursacht bei der Nutzung vom derzeitigen Standard-Strommix aus Steinkohle, Braunkohle, Kernkraft, Erdgas und regenativer Energieträger einen CO2-Ausstoß von 86g/km. Durch stärkere Einbindung regenerativer Energieträger ist bis 2020 eine Reduktion auf 71g/km realistisch. Wer heute China als das große Vorbild bei Elektromobilität anpreist, darf nicht vergessen, dass hier in erster Linie Steinkohle zur Stromgewinnung verwendet wird. Ein Kilometer mit dem Elektroauto verursacht dort somit derzeit einen Ausstoß von 179g/km.“

 

Warum wird verzögert?

Mit diesen Erklärungen wollten sich kritische Stimmen aus dem Publikum nicht zufrieden geben. Erwin Netzl, energieautarker Landwirt aus Siebenhirten in Niederösterreich nutzt sein Elektroauto schon seit Jahren und kann die verzögerte Markteinführung nicht nachvollziehen: „Meine Batterien gehören noch zur alten Generation, trotzdem haben sie nichts von ihrer Leistung und Ausdauer verloren. Auch heute kann man schon ein leistungsfähiges Elektroauto auf den Markt bringen, dass ausreichende Reichweite, Geschwindigkeit und einen akzeptablen Preis verbindet. Die höhere Anfangsinvestition ist ja auch einfach zu begründen: Man kauft die Tankfüllungen für die nächsten zehn Jahre ja gleich mit.“

Leohold widersprach dieser Einschätzung und verwies auf bisherige Erfahrungen: „Leider ist die Mehrpreisbereitschaft der Kunden sehr gering. Ein Elektrofahrzeug, welches mit der derzeitigen Batterieleistung preislich 30% über einem vergleichbaren Standardfahrzeug liegt, ist als Großserie nicht denkbar.“

 

Effizienz und Preis

Derzeit arbeitet die Branche vor allem daran, die Batterietechnologie zu verbessern. Da die Batterie im PKW nicht zuletzt auch ein Raum- und Gewichts-Problem darstellt, wird bei Effizienzszenarien die Wattstundenleistung im Verhältnis zum Gewicht der Batterie bewertet. Prof. Helmut List hierzu: Mithilfe der Lithium-Ionen-Technologie liegen wir derzeit bei etwa 80Wh/kg, bis 2018 streben wir mindestens den Faktor 3 an (250Wh/kg). Forschung zur Lithium-Luft-Batterie (Ziel: 1000Wh/kg) und zur Lithium-Fluor-Batterie (3000Wh/kg) stehen noch in den Anfängen.

 

Spagat

Angesichts des derzeitigen Interesses an Elektromobilität werden gerne große Ziele formuliert, welche aber frühestens mit dem Jahr 2020 verbunden sind. So will die deutsche Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt bereits eine Million Elektroautos auf ihren Straßen sehen. Auch die Big-Player wie VW sehen akuten Handlungsbedarf, wie Leohold betont: „Eine deutliche Verringerung der CO2 Emissionen und eine Abwendung des zukünftigen Verkehrskollapses kann durch eine ausschließlich evolutionäre Entwicklung nicht erreicht werden.“  Im gleichen Atemzug relativiert er aber wieder: „Auch die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren muss intensiv vorangetrieben werden, oberstes Ziel muss die Effizienzsteigerung des Gesamtsystems Mobilität sein.“

Die abschließende Synthese des Symposiums liefert Prof. Helmut List: „Der derzeitige Elektrohype kann sehr schnell in allgemeine Enttäuschung umschlagen. Die Branche muss jetzt schnell geeignete Businessmodelle anbieten und kleine Erfolgsgeschichten schreiben.“

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