Die deutsche Bundesregierung wagt mit ihrem Energiekonzept einen ambitionierten Vorstoß in Richtung ökologische Wirtschaft. Eine allgemeine Energiewende scheint derzeit aber unrealistisch.
Der europäische Strommarkt wurde bisher nur auf dem Papier liberalisiert.
Mit ihrem Energiekonzept möchte die deutsche Bundesregierung die hochindustrialisierte deutsche Volkswirtschaft zur ökologischen Musterwirtschaft umbauen. Für das Ziel einer kohlenstofffreien Wirtschaft wird sogar die Vision einer sicheren, kostengünstigen Eigenversorgung mit Strom geopfert. In Zukunft soll immerhin fast ein Drittel des deutschen Strombedarfs zugekauft werden.
Ohne einen Ausbau der Leitungsnetze und der Kraftwerkskapazitäten sowie ein internationales Klimaabkommen, sind die Ziele des Energiekonzepts jedoch kaum zu erreichen, so die FAZ.

Die Chancen auf einen globalen Klimavertrag stehen denkbar schlecht. Auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen fanden die entscheidenden Gespräche fast ausschließlich zwischen China, Indien und Brasilien statt, während Europa trotz großer Vorleistungen nicht einmal als Verhandlungspartner in Frage kam. Die Triebkräfte des weltweit wachsenden Energiebedarfs – der starke Bevölkerungszuwachs außerhalb Europas und Japans und der damit verbundene Wunsch nach Wohlstand und Entwicklung - verhindern derzeit eine globale Energiewende. Die Internationale Energieagentur prognostiziert innerhalb der nächsten 20 Jahre eine Zunahme des Energieverbrauchs um 40 Prozent.

Die auch in Europa überragende Bedeutung von Kohle zur Stromerzeugung wird weiter zunehmen, da u. a. Länder wie China, Indien und Südafrika über große Kohlevorräte verfügen. Ebenso wird Erdgas weiterhin eine bedeutende Rolle bei der Stromgewinnung spielen, auch wenn Deutschland sich auf diesem Bereich zurückziehen will, um den Kohlendioxidausstoß um 4/5 zu verringern.

Auf dem europäischen Strommarkt herrschen Widersprüche. Die EU hat den europäischen Strommarkt zwar vor zwölf Jahren liberalisiert, aber kaum ein anderer Markt ist weiter vom Ideal des freien Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt entfernt. So dürfen beispielsweise deutsche Energieunternehmen nach wie vor französischen Verbrauchern keinen Strom liefern. Nationale Leitungsnetze werden bis heute getrennt betrieben, aber nur miteinander verbundene Netze können einen europaweiten Stromhandel ermöglichen.
Bei der erneuerbaren Energie müsste eine zusätzliche neue Infrastruktur geschaffen werden, die nicht an den Landesgrenzen endet, um die natürlichen Standortvorteile wie Windenergie aus dem Meer im Norden und Sonnenenergie in Südeuropa nutzen zu können. Dafür müssten tausende Kilometer an Superstromleitungen gebaut werden, manche Länder müssten Transitleitungen akzeptieren, ohne selbst Nutzen daraus zu ziehen.
Ohne ein gemeinsames ökologisches Bewusstsein und eine dahingehende Solidarität unter den EU-Staaten wird die Energiewende aus derzeitiger sicht eine Utopie bleiben.


Quelle: FAZ
Bild: Zonk43/wiki commons

Leserbriefe, Anmerkungen, Kommentare bitte an redaktion(at)energie-bau.at

ebau newsletter