Durch den Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Europa wird immer mehr Strom produziert. Ergebnis: Die börsennotierten Strompreise sinken und das Erreichen der Netzparität wird hinausgeschoben.
Die PV-Industrie erwartete bis vor kurzem die Netzparität in den Jahren 2012-2015.
In der jüngsten Vergangenheit zeigt sich, dass die Erneuerbaren Energien einen immer größeren Druck auf den Strompreis ausüben: Windparks und tausende Photovoltaic-Anlagen sowie Biomassekraftwerke und kleine Wasserkraftwerke sorgen in Europa für einen zunehmenden Stromfluss, der auch die Großhandelspreise an der Leipziger Strombörse beeinflusst (wir berichteten bereits). Die Mittagsspitzen mit dem vielfachen Preis des Stroms verschwinden zusehends, aber auch sonst machen sich die Player mit größeren Verwerfungen vertraut.

Die Versorger bieten ihren Strom an der Leipziger Strombörse in der Theorie der Grenzkosten an, den Kosten zur Erzeugung einer weiteren Einheit – die im Wesentlichen variable Kosten für Rohstoffe und Emmissionsrechte umfasst. Die Börse sammelt Angebote und Nachfragen für den nächsten Tag und ermittelt so den Preis. Damit entsteht die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke, die sogenannte Merit-Order: Teurere Kraftwerke werden unwirtschaftlich und müss(t)en abgeschaltet werden, sobald der Preis die jeweilige Marke für eine Kraftwerksgruppe unterschreitet. Die teuersten Kraftwerke im Kraftwerkspark großer Versorger sind die ölbetriebenen Generatoren, teuer sind auch Gaskraftwerke, dann folgen Steinkohle, Braunkohle und schließlich Atomkraftwerke.

Derzeit wird die Einspeisung des kostenintensiveren ”erneuerbaren Stroms“ durch die Gesetze politisch vorgegeben, weil dies der Klimaschutz-Intention der Europäischen Union entspricht. Doch schon wollen (insbesondere in Deutschland) mehrere Stimmen diesen Zwang in Frage stellen.
Denn weil die erneuerbaren Energien immer stärker auf den Strommarkt drängen fallen tendenziell  die Großmarkt-Preise – das Angebot steigt schneller als die Nachfrage. Strom wird also billiger. Teure Spitzenlastkraftwerke, die Rohstoffe wie Öl und Gas brauchen werden damit zunehmend vom Markt verdrängt, da der niedrige Strompreis die variablen Kosten (Ölpreis, Gaspreis) nicht mehr decken kann.

Aber auch das Erreichen der sogenannten Netzparität, bei der der Strom aus Erneuerbaren Energien genauso viel kostet wie Strom aus anderen Quellen, verschiebt sich. Es ist ein vertrackter Kreislauf aus der Sicht der Erneuerbaren: Technik und Module werden immer billiger, immer größere Anlagen entstehen, immer mehr Strom wird geliefert und das drückt immer stärker auf den Preis. „Die Grid-Parity ist eine Luftnummer“ sagte Sven Bode vom Beratungsinstitut Arrhenius der deutschen PV-Zeitschrift „Photon“, „je mehr Solaranlagen es gibt, desto mehr sinkt der Strompreis. Das senkt den Erlös und damit können dann die Erzeugungskosten wieder nicht gedeckt werden“.

Anders sieht die Situation Dr. Hans Kronberger vom Verband Photovoltaik Austria Federal Association. Er glaubt, es sei ein ”gigantischer Abfall“ des Strompreises“ notwendig damit sich Investitionen in PV-Anlagen nicht rentieren würden. Sein Argument: Der Strompreis für den Endverbraucher würde sich dadurch nicht ändern, da der Energieversorger den Preis vorgibt. Als Beispiel nennt Kronberger den Marktpreis an der Börse, der in den letzten Jahren um 50% gesunken ist, und dem gleichzeitigen erhöhen der Tarife durch die Energieversorger ”da man bei den Energieversorgern beispielsweise den Netzausbau oder die Wartung mitfinanzieren muss. Eine Investition in eine PV-Anlage wird sich deshalb auch in Zukunft rechnen.“

Die PV-Industrie in Österreich erwartete bis vor kurzem die Netzparität in den Jahren 2012-2015. Dann sollte der Strom aus heimischen PV-Anlagen genauso viel kosten wie der Strom auf der Leipziger Börse. Danach könnten staatliche Förderungen entfallen.

Leipziger Strombörse EEx / Stundenkontrakte
Bild: Bundesverband Solarwirtschaft

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