Jeder kennt den Effekt: Wer den Stöpsel aus der Badewanne zieht, spürt einen starken Sog. Ein Schweizer hat herausgefunden, wie sich aus diesem Strudel Elektrizität erzeugen lässt. Das Potenzial der neuen Technik wäre vor allem für Österreich enorm.
In den 5,5 Meter breiten Becken in Ober-Grafendorf können durch Wasserwirbel etwa 15 Kilowatt erzeugt werden.
Die sogenannten Wasserwirbelkraftwerke sind die Erfindung des Schweizers Raimund Günster. In zwei Pilotanlagen in Ober-Grafendorf in Österreich und im schweizerischen Schöftland testen er und seine Mitarbeiter derzeit die neue Technik auf ihre Alltagstauglichkeit. Dort wird schon heute mithilfe eines jeweils 5,5 Meter breiten Beckens und einer Fallhöhe von 1,4 Metern eine elektrische Leistung von 15 Kilowatt erzeugt.

Den kleinen Staubecken wurde am Boden leicht versetzt ein Abfluss eingebaut. Diese asymmetrische Anordnung ist wichtig, denn physikalisch beginnt ein fließendes Gewässer zu wirbeln, wenn viel Nass gleichzeitig in eine kleine Öffnung drängt – und dabei von einer Seite mehr Wasser in Richtung des Abflusses fließt als von der anderen. Der Abfluss ist außerdem etwas ausgefeilter als der einer herkömmlichen Badewanne: Er ist frei drehend gelagert und innen mit kleinen Widerständen versehen. Ähnlich wie bei den Schaufeln eines Mühlrads hält die Kraft des durchströmenden Wasserwirbels so den Abflusszylinder in Rotation. Diese Rotationsenergie wird wie beim Fahrraddynamo in elektrischen Strom umgewandelt.

In den Testanlagen kann so eine Jahresleistung von etwa 80.000 Kilowattstunden erzeugt werden – genug, um etwa 20 Haushalte mit Strom zu versorgen. Nur unwesentlich größer ist die erste kommerzielle Anlage, die in Schöftland in direkter Nachbarschaft zur Pilotanlage entsteht und im September offiziell eingeweiht werden soll. Rund 100.000 Kilowattstunden pro Jahr sollen es dort werden, das würde für rund 25 Haushalte reichen.

Das ist nicht sehr viel. Sinnvoll eingesetzt werden kann die neue Technik deshalb nur, wenn es viele dieser Kleinkraftwerke gibt. Um das voranzutreiben, haben die Schweizer inzwischen die Genossenschaft Wasserwirbelkraftwerke (GWWK) gegründet. Sie soll die Kleinkraftwerke überall im Land verbreiten. 30 weitere Anlagen sind bereits geplant, bis 2015 sollen sie am Netz sein und Strom liefern.

Das Potenzial ist jedoch viel größer. Bis zu 40.000 Standorte hat die Wirbelgenossenschaft für strudeltauglich befunden, nicht nur in der Schweiz und in Österreich, sondern auch in Deutschland. 7000 dieser Anlagen könnten bestehende Ressourcen geschlossener alter Flusskraftwerke mitnutzen – das würde helfen, Kosten zu sparen. Bis zu einer Million Haushalte könnten so dezentral mit Kleinwasserkraftwerken versorgt werden, heißt es bei der GWWK. Bis dahin müssen die Wasserwirbelkraftwerke aber noch leistungsfähiger werden. Die Schweizer Experten glauben, dass man etwa durch eine verbesserte Strömungsführung aus jedem Kleinkraftwerk bis zu 50 Prozent mehr Energie herausholen kann. Auch einzelne Familien oder Firmen könnten dann erwägen, sich ihr eigenes Wasserwirbelkraftwerk im Garten zuzulegen, wenn die jeweilige Gemeinde mitspielt.


Hintergrund & Info: Genossenschaft Wasserwirbelkraftwerke Schweiz
Bild: Genossenschaft Wasserwirbelkraftwerke Schweiz

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