Großer Erfolg für Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ): 200 Firmen haben den offenen Brief an die Bundesregierung unterzeichnet. Die große Liste der Forderungen gibt die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Verbände wider. Welche sind realistisch und welche werden auf der Strecke bleiben?
V. li.: Lukas Schirnhofer, GF Polytechnik; Fritz Herzog, GF ÖkoEnergie Wolkersdorf; René Battistutti, GF Energetica Energietechnik; Josef Plank, Präsident EEÖ; Christian Riel, GF Biogest Wasser und Energietechnik.


Der Einfluss des noch jungen Verbands EEÖ wächst eindrucksvoll, die 200 Teilnehmerfirmen des offenen Briefs repräsentieren rund 15.000 Mitarbeiter, zum Großteil aus Biomasse, Solar/PV und Windkraft - Kleinwasserkraft und große Energieversorger fehlen. Allerdings wird angesichts der nun anbrechenden Verhandlungsphase mit Minister Mitterlehner das Kernproblem deutlich: Viele Interessen bedeuten eine Vielzahl an Zielen des Verbands, welche dieser konkret auflistet:

- Langfristige Rahmenbedingungen
- Erhöhung der Ökostromziele bis 2020
- Abbau des Förderstaus
- Beibehaltung der Abwicklungssystematik
- Kostenwahrheit bei Darstellung der Energiepreise
- Absicherung der bestehenden Ökostromproduktion

Deckel kein Thema mehr?
Interessantes Detail: Die ursprüngliche Forderung der PV-Vertreter nach Wegfall des Deckels fehlt in der "Wunschliste", wohl auch aufgrund der klaren Absage Mitterlehners Anfang dieser Woche. EEÖ-Präsident Plank dazu: "Minister Mitterlehners Andeutung über eine Erhöhung der Subventionen ist ein Ansatz in die richtige Richtung. Für uns ist am wichtigsten, dass das Gesamtpaket stimmt." Anders sieht es naturgemäß Rene Batistutti, Geschäftsführer des PV-Modulherstellers Energetica: "Für uns ist klar, dass der Deckel weg muss - es ist eigentlich untragbar, dass wir über 90% unserer Leistungen exportieren müssen." Hans Kronberger von PV-Austria gibt sich vorsichtig optimistisch: "Unlängst waren wir im Ministerium und hatten ein sehr konstruktives Gespräch."

Verhandlungsposition
Kritiker sehen in der Position der EEÖ eine gewisse Schwammigkeit und ein leichtes Ungleichgewicht zu Ungunsten der Photovoltaik, die traditionell gegenüber Windkraft und Biomasse eine noch nicht so starke Lobby aufweist. Befürworter begrüßen dagegen die Vielzahl der Ziele als gute Verhandlungsgrundlage. Realistisch ist allerdings nur eine Teilumsetzung - energie:bau fragte deshalb nach einer klaren Prioritätenreihung der Betroffenen: Steht die langfristige Planungssicherheit, der Abbau des Deckels oder ein bestimmter Mindesttarif im Vordergrund?

Windkraft und Biomasse: Planungssicherheit ist Nr.1
Friedrich Herzog, Geschäftsführer von ÖKOENERGIE GmbH ist im Kerngeschäft Windkraftbetreiber, hat aber auch ein Standbein in Biomasse- und Photovoltaikprojekten: "Meiner Meinung nach liegt das derzeitige Kernproblem in den unsicheren Rahmenbedingungen. Würden sich die gesicherten Laufzeiten von 13 bzw. 15 Jahren auf 20 Jahre verlängern, dann ist man auch flexibler bei den Tarifen. Außerdem dürfen sich die Voraussetzungen nicht jährlich massiv verändern. Wer heute eine Viertelmillion für ein Windkraftprojekt in die Hand nimmt, muss mit zwei Jahren Vorlaufzeit bis zur Errichtung rechnen - bis dahin hat man keine Sicherheit, ob sich die Investition rechnet. Bei unseren regionalen Biomasseprojekten wünschen wir uns eine schwarze Null, das ist eigentlich mehr ein Hobby. Allerdings dürfte der derzeit stark steigende Gaspreis die Bedingungen für Biomasse etwas verbessern."
Christian Riel, Geschäftsführer von Biogest Energie- und Wassertechnik GmbH dazu: "Österreich hat die Vorreiterrolle der Technologie an Deutschland verloren, seit Jahren konnten wir aufgrund der unsicheren Rahmenbedingungen in Österreich keine Biogasanlage mehr errichten."

Erwartungen
Auch wenn derzeit alle Seiten eine Einigung bis zur Sommerpause anstreben, wird hinter vorgehaltener Hand stark daran gezweifelt. Am wahrscheinlichsten scheinen derzeit ein "Aussitzen" bis in die zweite Jahreshälfte oder ein klassisches Lippenbekenntnis: Erhöhung des Deckels von 30 auf 40 Millionen Euro, dazu eventuell eine Abschwächung des 30%-Förderverzichts bei bestehenden PV-Anträgen auf 10-20%. Bei den zwei Kernproblemen, der Schaffung von langfristiger Planungssicherheit für Ökostromprojekte und der Wiederbelebung PV-Heimmarktes darf man allerdings skeptisch sein. Ein Interviewpartner von energie:bau bringt es "off the record" auf den Punkt: "Ich erwarte mir leider wieder nur eine klassisch österreichische Lösung ..."
David Scheurich

Foto: Fuljetic/Biomasseverband
Offener Brief an die Bundesregierung
Resolution gegen die Ökostromnovelle

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