Die Möglichkeit, mit dem Elektroauto nicht nur Strom zu tanken, sondern auch wieder abzugeben – das sogenannte bidirektionale Laden (V2X) – gilt als zentraler Baustein der Energiewende. Doch wie stehen potenzielle E-Auto-Käufer wirklich zu dieser Technologie? Eine im April 2025 veröffentlichte Studie des Stuttgarter Beratungs- und Marktforschungsunternehmens uscale hat hierzu detaillierte Einblicke gewonnen und dafür 2.368 Autofahrer in Deutschland befragt, darunter über 1.800 E-Auto-Besitzer. Die Ergebnisse zeigen ein deutliches Interesse, aber auch klare Anforderungen an die Hersteller und Lösungsanbieter.
V2H im Fokus: Der Wunsch nach Autarkie und Notstrom
Ein zentrales Ergebnis der uscale-Studie ist die klare Präferenz für Vehicle-to-Home (V2H)-Anwendungen, also die Nutzung der E-Auto-Batterie zur Versorgung des eigenen Haushalts. Für potenzielle E-Auto-Käufer stehen hier vor allem zwei Aspekte im Vordergrund:
1. Optimierung des Eigenverbrauchs: Der Wunsch, den selbst erzeugten Solarstrom von der eigenen Photovoltaik-Anlage effizienter zu nutzen und damit die Abhängigkeit vom öffentlichen Netz zu reduzieren, ist ein starker Treiber. Das E-Auto wird hier als idealer Zwischenspeicher für überschüssigen PV-Strom gesehen, der sonst ins Netz eingespeist oder sogar abgeregelt werden müsste.
2. Notstromversorgung: Die Möglichkeit, das eigene Haus bei einem Stromausfall mit der Fahrzeugbatterie zu versorgen, wird als essenzieller Vorteil wahrgenommen. In Zeiten zunehmender Unsicherheit bezüglich der Netzstabilität oder bei extremen Wetterereignissen gewinnt dieser Aspekt an Bedeutung.
Auch wenn das Potenzial von Vehicle-to-Grid (V2G) – also der Rückspeisung von Strom ins öffentliche Netz gegen Vergütung – anerkannt wird, scheint es für die Befragten aktuell eine geringere Priorität zu haben als die Vorteile im eigenen Heim. Das Interesse, aktiv am Strommarkt teilzunehmen und Flexibilität anzubieten, ist vorhanden, jedoch oft gekoppelt an die Erwartung klarer finanzieller Erlöse und einer unkomplizierten Abwicklung.
Hemmnisse: Vertrauen, Komplexität und Kosten
Trotz des hohen Interesses benennt die Studie auch deutliche Barrieren, die einem breiten Markthochlauf noch im Wege stehen:
• Vertrauen in Anbieter und Technologie: Viele potenzielle Nutzer zeigen sich noch unsicher hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Systeme und des Vertrauens in die beteiligten Energie- und Technologieunternehmen.
• Komplexität der Lösungen: Die Angst vor einer zu komplizierten Handhabung der Lade- und Entladevorgänge sowie der Abrechnungssysteme ist ein weiterer Hinderungsgrund. Nutzer wünschen sich einfache, intuitive Lösungen.
• Kosten der Technologie: Bidirektionale Ladelösungen sind in der Anschaffung aktuell noch teurer als unidirektionale Wallboxen. Die Investitionsbereitschaft ist zwar vorhanden, muss jedoch durch klare Vorteile und Amortisationszeiten untermauert werden.
Kaufbereitschaft ist vorhanden – mit klaren Bedingungen
Die uscale-Studie kommt zu dem Schluss, dass ein signifikanter Teil der potenziellen E-Auto-Käufer, insbesondere Hausbesitzer mit PV-Anlagen, durchaus bereit wäre, in bidirektionale Ladelösungen zu investieren. Die Kaufbereitschaft steigt jedoch proportional mit der Transparenz der Vorteile und der Einfachheit der Anwendung. Hersteller und Dienstleister sind gefordert, Produkte zu entwickeln, die nicht nur technisch ausgereift sind, sondern auch die spezifischen Bedürfnisse und Bedenken der Nutzer adressieren.
Bidirektionales Lade als Kaufanreiz
Bidirektionales Laden wird von E-Auto-Fahrern nicht als bloßes Gimmick, sondern als ein sinnvolles Feature wahrgenommen, das ihren Alltag bereichern und die Energiewende vorantreiben kann. Die Studie zeigt: Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, aus einer technischen Möglichkeit eine überzeugende, nutzerzentrierte Lösung zu formen, die echte Mehrwerte bietet und einfach zu handhaben ist. Nur so kann das E-Auto sein volles Potenzial als mobiler Stromspeicher entfalten und als aktiver Bestandteil des Energiesystems der Zukunft etabliert werden.



