Kommentar von Hans-Josef Fell

KOMMENTAR – Der Westen spendet Dieselgeneratoren – der Treibstoff dafür kommt über Bulgarien in die Ukraine. Zeit für Erneuerbare!

Ein Diesel-Generator kann äußerst hilfreich sein – braucht aber viel Treibstoff dafür. Foto: Starmühler

Im furchtbaren Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine zerstört Russland gezielt die Energieerzeugung in der Ukraine. Erbarmungslos gegen die Zivilbevölkerung gerichtet verursacht Putins Armee unermessliches Leid durch Tote und Verletzte – zum Einen direkt durch die Luftangriffe aber zum Anderen auch indirekt im kalten und dunklen Winter der Ukraine, wo vielfach Strom und Heizung ausfallen.

Der Westen hilft in der Ukrainischen Energiekrise vor allem mit Dieselgeneratoren um Krankenhäusern und anderen Einrichtungen Strom zu liefern.

Immerhin zeigt dies auf, dass eine dezentrale Energieversorgung wesentlich krisenfester ist, als zentrale große Strom- und Heizkraftwerke.

Doch der Pferdefuß der Dieselgeneratoren ist der für den Betrieb notwendige Dieselkraftstoff aus Erdöl. Er ist höchst klimaschädlich und verpestet die ohnehin sehr schlechte Luft in der Ukraine weiter. Schon vor dem Krieg starben in der Ukraine mit etwa 200 Toten pro 100.000 Einwohnern jährlich besonders viele Menschen durch Luftverschmutzung. Im Vergleich zu Westeuropa sind das etwa doppelt so viele.

Durch den Krieg kommt nun noch eine erhebliche zusätzliche, gesundheitsschädliche Luftbelastung durch Brände und Zerstörungen dazu.

Besonders schlimm ist, dass die Ukraine den immens gestiegenen Dieselbedarf durch zusätzliche Dieselgeneratoren über Bulgarien aus Russland einkauft und dadurch auch selbst den mörderischen Krieg Russlands erheblich mitfinanziert.

So hat die Ukraine im Jahre 2022 für über 800 Millionen Euro Erdölkraftstoffe über Bulgarien aus Russland eingekauft, was etwa tausendmal mehr ist wie vor dem Krieg.

Die ukrainische Bevölkerung will dies sicherlich nicht, doch führt die blanke Not dazu, dass sie ihren Peinigern aus Russland dadurch noch hunderte Millionen zur weiteren Kriegführung bezahlt.

Zusätzlich haben die Geschäfte mit Dieselgeneratoren eine Form der Korruption offengelegt, die – selbst unter Präsident Selensky – immer noch in der ukrainischen Regierung vorhanden ist. Vize-Minister Wasyl Losynskyj im Ministerium für die Entwicklung von Gemeinden und Gebieten sei am letzten Samstag wegen des Verdachts der Bestechlichkeit festgenommen worden, teilte die ukrainische Antikorruptionsbehörde (Nabu) mit.

Losynskyj habe 400.000 US-Dollar erhalten, "um den Abschluss von Verträgen zum Kauf von Ausrüstung und Generatoren zu überhöhten Preisen zu erleichtern", erklärte die Nabu.

So zeigt sich, dass eine Energieversorgung mit fossilen Energien immer schlimmste Effekte wie Luftverschmutzung, Erdaufheizung, Kriegsfinanzierung Russlands und Korruption verursacht und das eben auch mit den humanitären Hilfen der fossilen Dieselgeneratoren.

Es wird Zeit, dass Erneuerbare Energien auch in humanitären Hilfsgütern den Vorrang bekommen: Solaranlagen mit Speichern, Kleinwindkraft oder Generatoren mit Pflanzenöl aus der eigenen Landwirtschaft betrieben. Viele landwirtschaftliche Betriebe der Ukraine sitzen auf großen Mengen Sonnenblumenöl, da sie diese auf Grund des Krieges nicht mehr vermarkten können, wie mir von meinen Kontakten vor Ort berichtet wird. Die Lager sind voll und müssen bis zur nächsten Ernte geleert werden. Da wäre es sinnvoller, das Pflanzenöl in die Dieselgeneratoren zu geben, sofern sie dafür tauglich sind, statt russisches Erdöl einzusetzen. Eine Nahrungsmittelkrise würde dadurch nicht entstehen, da diese großen Mengen offensichtlich nicht für die Lebensmittelversorgung benötigt werden, denn sonst wären die Lager ja nicht voll davon.

Leider sind sowohl die Hilfsgüter staatlicherseits als auch große Hilfsorganisationen nicht auf Erneuerbare Energien eingestellt. Viel zu lange haben sie das Thema missachtet und weiterhin mit Dieselgeneratoren auf fossile Energie gesetzt.

Um wenigstens die Handykommunikation aufrechtzuerhalten oder für Licht in den dunklen Nächten zu sorgen entstehen neue Hilfsaktionen für Solaranlagen mit Batteriespeichern.

Eine der jüngsten Organisationen wurde in Berlin von der EUROSOLAR Sektion Berlin geschaffen. Sie haben schon mit einigen zehntausend Euro Spendengeldern Solaranlagen mit Speichern in die Ukraine gebracht und werben für weitere Spenden um ihr wertvolles Hilfsangebot ausweiten zu können.

Auf dieser Plattform können auch Sie dafür spenden

Auch die Welt Wind Energie Organisation (WWEA) mit Sitz in Bonn hat zusammen mit der Globalen Initiative für 100% Erneuerbare Energien (Global100RE) eine Hilfsorganisation für Solarequipment in die Ukraine gestartet. Ruslana, die Ukrainische Gewinnerin des European Song Contests, sowie ehemalige Abgeordnete im Ukrainischen Parlament unterstützen diese Aktion. Sie sorgen dafür, dass die solaren Hilfsgüter an die richtigen bedürftigen Stellen kommen. Schon über 1000 einzelne Solareinheiten mit Speicher wurden so in die Ukraine versendet.

Unter dem Stichwort: renewables4ukraine werden Spenden für weitere solare Hilfslieferungen auf folgendem Konto entgegengenommen:

DE27430609670034012800, GLS Gemeinschaftsbank eG, 44774 Bochum, Germany, Kontoinhaber: WWEA e.V.

Wenn diese Hilfsaktionen groß genug werden, dann werden sie nicht nur die Not in der Ukraine lindern, sondern auch folgendes Zeichen setzen: Dass die großen Organisationen und staatlichen Stellen ihre Hilfslieferungen in Notstandgebiete endlich auch am Klimaschutz, Umweltschutz und an fossilfreien Energien ausrichten mögen.

Die Organisatoren nennen diese Solarspeicher-Hilfspakete „Friedensenergien“, da sie weder Erdöl aus Russland oder sonst woher benötigen noch die Atemluft und auch nicht das Klima verschmutzen.

Die Regierungen in der EU, Deutschland und der Ukraine sollten sich viel stärker auf dezentrale Erneuerbare Energien als Hilfslieferungen konzentrieren, als auf fossile Dieselgeneratoren. So können Hilfsmaßnahmen schnell die notwendige Energieversorgung für den Ersatz der von Russland zerstörten zentralen Energieversorgung in Verbindung mit Luftreinhaltung, Klimaschutz und hoffentlich auch - Korruptionsbekämpfung aufbauen

Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell ist ehemaliger Bundestags-Abgeordneter der Grünen in Deutschland und Präsident der Energy-Watch-Group.