Kommentar von Ulrike Rabmer-Koller

GASTKOMMENTAR aus dem Kreis der ABONNENT:INNEN: Der Klimaschutz ist trotz COVID-19 weit oben auf der nationalen wie globalen Prioritätenliste und beflügelt damit die erneuerbaren Energien.

Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser ist eine gute Möglichkeit der Energie-Effizienz. Foto: Rabmer

Wärme- und Kälteerzeugung spielen dabei eine wesentliche Rolle, werden doch rund 73% des Energieverbrauches im Gebäudesektor für die Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung verwendet. Bis dato werden dafür fast ausschließlich CO2 kritische Energiequellen eingesetzt, während ein erneuerbarer Energieträger mit großem Potenzial meist noch ungenutzt im Untergrund läuft – die Rede ist von Abwasserenergie in der Kanalisation.

In jedem Haushalt und Betrieb fällt Tag für Tag eine große Menge Abwasser an, dazu kommen beträchtliche Mengen an Industrieabwässer, welche als „schmutzige Angelegenheit“ betrachtet werden und meist ungenutzt über die Kanalisation in die Kläranlagen fließen. Doch aus diesem vermeintlich „schmutzigen“ Wasser kann ganz einfach und effizient „saubere“ Energie gewonnen werden. Denn Abwasserenergie steht ganzjährig, rund um die Uhr mit – im Vergleich zu Geothermie oder Luft – hohem Temperaturniveau zur Verfügung und auch die dafür benötigten Technolgien sind erprobt und bewährt.

Das Herzstück bilden dabei innovative Wärmetauscher, mit denen man die Temperatur aus dem Abwasser entzieht. Mittels Wärmepumpen wird diese dann nochmals erhöht und für die Beheizung von Gebäuden nutzbar gemacht. Im Sommer können Abwasserenergieanlagen auch zur Raumkühlung eingesetzt werden. Die Wärmepumpe wirkt dabei in „umgekehrter“ Weise als Kältemaschine. Möglich ist auch eine direkte Nutzung der Abwasserkälte mittels Bauteilkühlung. Durch die Kombination von Heizen und Kühlen mit ein und derselben Anlage ergeben sich relativ kurze Amortisationszeiten für derartige Projekte.

Unterschiedliche Technologien für unterschiedliche Anforderungen
Bei kleineren Anlagen mit einer Leistung von 100 – ca. 500 kW werden spezielle Wärmetauscher direkt im Kanalrohr verlegt, die Leitungen führen zum Technikraum des Gebäudes, wo sich die Wärmepumpe befindet, welche an die Heiz- und Kühlsysteme im Gebäude angeschlossen ist. Bei „Großanlagen“ mit einer Leistung von 500 kW bis zu 5 MW wird das Kanalabwasser über einen Schacht in einen Technikraum geleitet, wo innovative Wärmetauscherbündel in Kombination mit Wärmepumpen die Abwärme wiederum für die Gebäudeheizung im Winterfall bzw. Kühlung im Sommer nützen.

Um Abwasser als erneuerbaren Energieträger nutzen zu können, muss sich der Energieabnehmer in einem Umkreis von maximal 900 Metern zu einem Kanal befinden – und dieser zudem über eine Durchflussmenge von mindestens zehn Litern pro Sekunde verfügen. Studien zeigen, dass rund zwölf Prozent der Gebäude mit Energie aus Abwasser beheizt und gekühlt werden könnten und damit ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion des CO2 Ausstoßes geleistet werden kann.

Energie aus Abwasser gewinnt auch in Österreich zunehmend an Bedeutung
In Deutschland, Skandinavien und der Schweiz wird im großen Stil auf Energie aus Abwasser zurückgegriffen. Im Jahr 2018 wurde Abwasserenergie nun auch auf europäischer Ebene als erneuerbare Energiequelle eingestuft. In Österreich gewinnt die Technologie auch immer mehr an Bedeutung. So wurden bereits Anlagen in Wien, Innsbruck oder Amstetten realisiert, die eindrucksvoll belegen, welch großes Potential diese Technologie in Bezug auf Klimaschutz- und CO2-Reduktion auch in Österreich hat.

Dass der Trend langsam aber sicher in Richtung erneuerbare Energie aus dem „Untergrund“ geht, zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass die Rabmer Gruppe für ihre „Energiegewinnung aus Abwasser zum Heizen und Kühlen von Gebäuden“ jüngst mit dem Green and Blue Building Award ausgezeichnet wurde. Der Jury-Vorsitzende Marc Guide Höhne brachte es bei der Preisvergabe am 26. Jänner auf den Punkt: „Uns hat vor allem die hohe Lebenszyklus-Relevanz dieser Technologie überzeugt. Wir sind der Meinung, dass ‚Energie aus Abwasser‘ bei jedem größeren Projekt zwingend evaluiert werden sollte. Und dazu wollen wir auch den Anstoß geben.“

***

Über die Rabmer-Gruppe:
Die Rabmer Gruppe ist ein oberösterreichisches Familienunternehmen mit Sitz in Altenberg bei Linz. Das Unternehmen wird von Ulrike Rabmer-Koller in 2. Generation geführt und verbindet Tradition mit Innovation sowie regionale Verankerung mit internationaler Tätigkeit. Die Schwerpunkte liegen auf Bau & Immobilien sowie Umwelttechnologie mit Fokus auf Wasser- & Abwassertechnologie sowie erneuerbarer Energie.

Website Rabmer-Gruppe

Dies ist ein Gastkommentar: energie-bau.com lässt Abonnent:innen gerne zu Wort kommen.
Die Redaktion

Ulrike Rabmer-Koller

Ulrike Rabmer-Koller

Ulrike Rabmer-Koller leitet die Rabmer Gruppe, ein oberösterreichisches Familienunternehmen mit Sitz in Altenberg bei Linz. Die Schwerpunkte liegen auf Bau & Immobilien sowie Umwelttechnologie mit Fokus auf Wasser- & Abwassertechnologie sowie erneuerbarer Energie.