Eine Analyse der Green Planet Energie EG brachte bemerkenswerte Ergebnisse.

Kohletransporte bleiben noch eine zeitlang auf der Tagesordnung – trotz oder wegen mannigfacher Vergünstigungen. Foto: Starmühler

Damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann, braucht es einen schnellen Kohleausstieg. Trotzdem fließen immer noch staatliche Gelder in die Förderung von Braunkohle, sie das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) berichtet. Im Jahr 2022 wurde der Abbau von Braunkohle und die Erzeugung von Braunkohlestrom in Deutschland mit rund 1,7 Milliarden Euro gefördert. 1,2 Milliarden Euro kommen direkt aus dem Staatshaushalt und fehlen dort für andere Maßnahmen. Die restlichen 500 Millionen Euro belasten den Staatshaushalt nicht – werden aber zum Teil direkt von Stromkund*innen übernommen.

Die Studie unterscheidet als zwischen direkten und indirekten Förderungen:

„Der Abbau von Braunkohle und die Erzeugung von Strom aus Braunkohle wird in Deutschland immer noch staatlich gefördert. In dieser Analyse stellen wir dar, wie hoch die staatlichen Förderungen der Braunkohle im Jahr 2022 wa- ren. Wir unterscheidenzwischen staatlichen Förderungen mit Budgetwirkung und staatlichen Förderungen ohne Budgetwirkung.

Erstere haben eine direkte Auswirkung auf den Staatshaushalt (u.a. Finanzhilfen und Steuervergünstigen). Dadurch werden die Steuerzahler*innen in Deutschland an der Finanzierung der staatlichen Förderungen mit Budgetwirkung beteiligt. Staatliche Förderungen ohne Budgetwirkung belasten den Staatshaushalt dagegen nicht.

Bildschirmfoto 2023 08 03 um 11.25.07Besonders schwerwiegend sind die Energiesteuervergünstigungen

Die Nutzung von Kohle wird in Deutschland durch verschiedene Energiesteuervergünstigungen begünstigt. Wenn Kohle zur Stromerzeugung verwendet wird, kann sie vollständig von der Energiesteuer befreit werden.6 Indirekt wird die Stromerzeugung aus Kohle jedoch über die Stromsteuer (eine Verbrauchssteuer) bepreist. Allerdings existieren umfangreiche Ausnahmen von der Stromsteuer insbesondere für energieintensive Unternehmen, was die tatsächliche Höhe der Besteuerung stark minimiert (z.B. Spitzenausgleich, Stromsteuerbefreiung für bestimmte Verfahren und Prozesse).

Wird die Kohle zur Wärmeerzeugung verwendet, so fällt eine Energiesteuer in Höhe von 0,33 Euro / Gigajoule (GJ) an. Das entspricht dem Mindeststeuersatz der EU-Ener- giesteuerrichtlinie für den privaten Gebrauch von Kohle.
Die Energiesteuer spiegelt allerdings nicht die CO2-Inten- sität des Rohstoffs und die damit verbundenen Umwelt- und Klimakosten wider. Im Vergleich mit anderen fossilen Energieträgern fällt die Energiebesteuerung von Kohle – gemessen am Energie- und CO2-Gehalt - viel geringer aus.

Laut Umweltbundesamt (UBA 2021a) würde ein angemes- sener Steuersatz für Kohle, welcher sich an Energiegehalt- und CO2-Intensität orientiert, bei 1,98 Euro / GJ liegen (im Wärmesektor). Als Referenzgröße dient der aktuelle Steuersatz für leichtes Heizöl. Zudem müsse die Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung umgehend abge- schafft und auch im Strombereich die Energiesteuersätze angepasst werden (UBA 2021a).

Entschädigungen für Stillegungen

In § 44 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes (KVBG) wurden feste Entschädigungszahlungen für Still- legungen von Braunkohlekraftwerken bis 2030 in Höhe von insgesamt 4,35 Mrd. Euro festgelegt. Details dazu wurden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag konkreti- siert. 2,6 Mrd. Euro der Entschädigungszahlungen sollen an RWE (Rheinisches Revier) gezahlt werden, 1,75 Mrd. Euro sollen an die LEAG (Lausitzer Revier) gehen. Die Entschädigungszahlungen sollen die entgangenen Gewinne und die zusätzlichen Kosten eines vorgezogenen Ausstiegs widerspiegeln.

Andere Länder vrzichteten auf diese Entschädigungen

Kohleunternehmen in anderen Ländern (z.B. Großbritannien) wurden bei einem staatlich festgelegten Kohleau stieg nicht entschädigt. Auch nach deutschem Recht wäreeine Schließung von Braunkohlekraftwerken nach 25 Jahren Betriebsdauer ohne Entschädigungszahlungen rechtssicher möglich. Eine Analyse von BBH zeigt, dass bis dahin von einer Amortisation der Investitionen inklusive einer angemessenen Gewinnerwirtschaftung realistisch ist (Becker Büttner Held (BBH) 2017).

Entschädigungszahlungen wären demnach nur für Kraftwerke notwendig, die jünger als 25 Jahre sind. Rund 90% der Anlagen werden jedoch bei gesetzlich festlegten Kohleausstieg 25 Jahre oder älter sein. Demnach wäre nur für einen sehr geringen Teil der Stilllegungen Entschädigungszahlungen notwendig (ClientEarth 2019).

Die Europäische Kommission hat im März 2021 eine umfassende beihilferechtliche Untersuchung der Entschädigungszahlungen eingeleitet. Die Entschädigungszahlungen wären nach EU-Beihilfevorschrift nur dann genehmigungsfähig, wenn durch diese u.a. ein Beitrag zu einem klar definierten Ziel von gemeinsamem Interesse geleistet würde und die Beihilfemaßnahmen angemessen und verhältnismäßig sind (FÖS 2020; Öko-Institut e.V. 2020). Inwiefern dies bei den geplanten Entschädigungszahlungen an RWE und LEAG gegeben ist, wird die beihilferechtliche Untersuchung der EU zeigen.

Für RWE beginnt die Auszahlung der Entschädigungen am 31. Dezember 2020, für die LEAG am 31. Dezember 2025 (zum Zeitpunkt der ersten Stilllegung eines Kraft- werksblocks).
Die Höhe der Raten für RWE beträgt laut dem Änderungs- vertrag zum öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Reduzie- rung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland in den Jahren 2020 bis 2023 jeweils 173 Mio. Euro. Ab dem Jahr 2024 bis 2029 erhöht sich die jährliche Rate auf 318 Mio. Euro (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022).
Demnach profitiert RWE im Jahr 2022 bereits von Ent- schädigungszahlungen in Höhe von 173 Mio. Euro (unter der Bedingung, dass die europäische Kommission die Ent- schädigungszahlungen für beihilferechtlich zulässig erklärt).

Hier können Sie die Studie herunterladen.

 

 

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