Eine Vergleichsstudie über Ökologie, Ökonomie und Behaglichkeit von Infrarotheizungen kam zu erstaunlichen Ergebnissen, die vom Initiator selbst angefochten werden. update 7.1.2019
Die Wohnhausanlage in Kainbach mit den vermessenen Häusern. Foto: Studie
Die Wohnhausanlage in Kainbach mit den vermessenen Häusern. Foto: Studie
Die Infrarot-Panele, die mittels Strom erzeugte langwellige Wärmestrahlen aussenden, werden zwar vom Markt immer besser angenomme. Jedoch gibt es beständig Diskussionen darüber ob sie ökologischer und ökonomischer betrieben werden können als konventionelle Radiatorenheizungen – und ob die Behaglichkeit eher steigt oder leidet

Seit 2011 bemüht sich Günter Hraby, Miteigentümer und Geschäftsführer von easyTherm, daher um einen Vergleich zwischen konventioneller Heizung und IR-Heizung. Dies sollte in einem Wohnungs-Neubau im steirischen Kainbach an der Sulm durchgeführt werden. Doch mit der Zeit entwickelte sich das Projekt unter der Federführung der Fachabteilung Energie und Wohnbau in der Steiermärkischen Landesregierung so, dass Hraby heute sagt: "Was hier abgeht, stellt schon gesteuerte Desavouierung dar."

Zwei Wohnblöcke – zwei Heizungsarten
Was war geschehen: Zwei vom Grundriss praktisch idente neue Wohnblöcke mit je sechs Wohneinheiten wurden einmal mit Fernwärme und einmal mittels IR-Heizung ausgestattet und deren Heizkosten sowie ökologische Komponenten verglichen. Die Studie wurde an die AAE Intec (Gleisdorf) vergeben, einer Forschungsorganisation, die auf ihrer Website u.a. Solartherie und Fernwärme als einen Schwerpunkt bezeichnet). Die Qualität dieser "Begleituntersuchung für ein Infrarot-Heizsystem und ein fernwärmebasiertes Radiatorensystem, Wohnanlage Kaindorf a.d. Sulm", die im September im kleinen Kreis erstmals zugänglich gemacht worden ist, wird von Günter Hraby (easyTherm) vehement kritisiert:

"Falsche Messungen"
"Da nicht gemessen wurde, was vereinbart war, die Ergebnisse nicht korrekt und nachvollziehbar erfasst wurden, die Rand- und Rahmenbedingungen nicht festgehalten wurden, die Schlussfolgerungen falsch sind, usw. … habe ich nach einem Vortrag der Autoren schriftlich per Einschreiben Einspruch gegen diese Studie getätigt. Trotz einer daraufhin vereinbarten Nachbesprechung (die eigentlich vor der ersten Niederschrift hätte erfolgen müssen) und der Zusage des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, dass bis zur Klärung keine weiteren proaktiven Verteilungen erfolgen sollen, wird die „Studie“ an immer weitergehende Verteiler versendet. Das ist eine Schmutzkübelkampagne, weil wir eben der etablierten Heizungswelt laufend unangenehm begegnen; diese will die Zeichen der Zeit nicht erkennen sondern nur blockieren."

Umrechnungsfaktor Strommix
Die Studie kommt im Grunde zu Schlüssen, die die Infrarot-Heizung sowohl teurer, unökologischer als auch unbehaglicher erscheinen lässt. Doch ist darin vielfach nicht klar, was Messung und was Simulation ist. Auch sind die Annahmen und Schlussfolgerungen manchmal vage und interpretierbar. Ein Beispiel für viele Formulierungen:  "Bei der Fernwärme spielen die Fixkosten (Wartung, Zählermiete, Ablesung etc.) eine signifikante Rolle. Berücksichtigt man nur die verbrauchsgebundenen Kosten sowären diese geringer. Bei Objekten mit höherem Heizwärmebedarf ist davon auszugehen, dass der Betrieb mit Fernwärmenutzung günstiger ist."

Zwar ist beim IR-Haus eine PV-Anlage am Dach montiert und zwar beteuern die Energie-Lieferanten, dass der Strom aus 100 % erneuerbarer Energie (vorwiegend Wasserkraft) besteht, die Studienautoren rechnen aber doch lieber mit einem angenommenen Österreich-Strommix. Dadurch ist die Ökobilanz deutlich schlechter als bei der Fernwärme mit Holzheizung.

Die Studie ist hier nachzulesen.

Und hier die Hauptkritikpunkte des Infrarot-Herstellers Günter Hraby (easyTherm):

"Behaglichkeit
:
Wie in Begehungen, bei Modifikationsarbeiten und Nachbefragungen festgestellt werden konnte, waren die Regelungen des Infrarotheizungssystems völlig verstellt. Auch konnten die in der Studie wiedergegebenen Aussagen der Bewohner nicht bestätigt werden. Sämtliche Aussagen zur Behaglichkeit sind daher unzulänglich und zu überarbeiten

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung:
Trotz falscher Reglereinstellungen konnten 22% Energieeinsparung erhoben werden. Dennoch sind durch Aufnahme unabgestimmter Daten zu Lebensdauer (40 statt 25 Jahre) und Wartung (deutlich kleiner als 1 bzw. 0,5% der elektrischen Anlage) in der Studie falsche Wirtschaftlichkeitsberechnungen ausgewiesen. 

Umweltauswirkung: Die Autoren der Studie haben einen eigenen Österreich-Mix berechnet, bei dem Nettoimporte, Transit, Herkunftsnachweise und Angaben der lokalen Stromlieferanten nicht berücksichtigt wurden. Der tatsächliche bezogenen Strom-Mix der Mieter wurde nicht berücksichtigen. Bei der Fernwärme wird hingegen nur der angebotene Mix betrachtet. Diese Ungleichstellung führt zu einer schweren Verfälschung der realen Verhältnisse in der Studie."
 
Das sagen die Studienautoren:
In einer Stellungnahme zur Kritik der IR-Seite verteidigen die Autoren Ihre Studie. 
"Die Aussagen der BewohnerInnen bei der Befragung waren eindeutig. Auch die zusätzlich angeführten Kommentare und Anrufe am Institut waren eindeutig. Die von Easytherm durchgeführte Befragung und deren Zustandekommen kann unsererseits nicht beurteilt werden" schreibt u.a. stellvertretend Karl Höfler (AAE Intec, Gleisdorf). Auch die Berechnungen und das von der IG Infrarot kritisierten Kostenkalkulationstool seien korrekt und im Grunde unparteiisch. Auch die angenommenen Wartungskosten (ca. 30 Euro pro Jahr) seien insoferne berechtigt, als man von einem Austausch von Schaltrelais über die Zeit ausgehen müsse. Die IR-Seite hatte ja moniert, dass bei einer IR-Heizung keinerlei Wartungskosten aufträten.

Das sagt ein Nutzer:
Franz Aichbauer-Schiefermayer, Top 17 in der Kainbacher Wohnanlage sagt zu "energie:bau": "Wir haben nur ein Panel an der Decke in unserem Küchen-Wohnzimmer-Bereich gehabt, das war zu wenig, dadurch ist es in der Küche eher zu warm – dort wird ja ohnehin Wärme erzeugt – und im Wohnzimmerbereich etwas zu kühl gewesen. Nun haben wir aber ein zweites Paneel montiert bekommen und nach den ersten Wochen kann man sagen, dass es gut funktionieren dürfte. Ich habe mich auch ein wenig aus Neugier für eine Wohnung mit diesem Heizsystem entschieden. Ja, mit der Nachjustierung ist das Heizsystem in Ordnung und eine Wohnung wie unsere kann damit gut ausgestattet werden. Aber man muss die Kosten im Auge behalten: Die erste Stromrechnung hat uns geschockt – allerdings wir waren einfach zu hoch eingeschätzt. Der Stromlieferant hat uns auf 75 Euro pro Monat eingeschätzt. Doch wir haben viel weniger verbraucht und haben daher 300 Euro Gutschrift erhalten. Ich rechne mit rund 500-600 Euro Kosten für Heizung und Warmwasser pro Jahr. Unklar ist uns noch, wie viel die Photovoltaikanlage, die ja unser Haus versorgt, beiträgt." (hst)


Weitere Infos zu IR-Heizungen:

Hier geht es zur Gegen-Darstellung von easyTherm. 
Darauf antworten die Studienautoren in dieser Stellungnahme.
Und hier beschreibt das Vorarlberger Energie-Institut Vor- und Nachteile von Infrarot-Heizungen.

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