Bürgermeister in den Gemeinden kommen unter Druck, Landesregierung schweigt, FPÖ als „Waldpartei“.

Roland Neuwirth engagierte sich mit einem eigenen Song gegen die Windkraftprojekte im Waldviertel. Video-Screen IG-Waldviertel

Der Gegenwind ist groß: Mehr als 40.000 Unterschriften haben Bürgerinitiativen gegen die 5 geplanten Windkraftprojekte in den Wäldern des Bezirkes Waidhofen /Thaya gesammelt. Diese Neuigkeit dürfte bis nach St. Pölten wehen, nicht gerade als Lüfterl, schon eher als Sturm. Denn nun kommen die Bürgermeister einiger der betroffenen Gemeinden unter Druck: Die Bewohner:innen fordern damit die eigentlich vorgesehenen – aber eher stiefmütterlich behandelten – Mitspracherechte ein.

Drei Gemeinden reagierten – Volksbefragungen beschlossen

Denn in Niederösterreich haben die Gegner im laufenden Procedere praktisch nur die Möglichkeit, einen Volksentscheid mittels Befragung herbeizuführen: Fällt selbiger negativ aus, berichtet also eine Gemeinde an die Landesregierung, dass die Bevölkerung mehrheitlich gegen ein Windkraftprojekt sei, dann sollte sich das Land daran halten.
Bei drei Gemeinden dürfte das bereits der Fall sein: Thaya, Karlstein/Thaya und Groß Siegharts.

Berichte zum Thema:
> Proteste gegen riesige Windräder im Wald
> Brauchen wir Windräder im Wald?

Die Bezirksblätter berichteten: „Im Vorfeld der Novellierung des Sektoralen Raumordnungsprogrammes über die Windkraftnutzung in NÖ ("Zonierung") haben die Gemeinde Groß Siegharts und Thaya beschlossen, die Bevölkerung über die geplanten Projekte abstimmen zu lassen.“ Auch in Karlstein/Thaya wurde diese Vorgangsweise gewählt. 

Abstimmung ergab 8.000 Ablehnungen pro Projekt

Allerdings sollen diese Volksbefragung erst im Laufe des nächsten Jahres stattfinden. Laut Michael Moser (IG Waldviertel) ist dies nicht im Einklang mit den Plänen der Landesregierung: die neue Zonierung soll noch Anfang 2024 über die Bühne gehen. Vielleicht ist eine Volksbefragung aber auch in Hinsicht der vielen kritischen Stimmen nicht mehr notwendig.
Denn die 40.000 Stimmen verteilen sich recht gleichmäßig mit je 8.000 Votings gegen die 5 Projekte Sieghartsberg, Predigtstuhl, Die Wild, Radlbachwald und Hardwald.

Windkraftprojekte

Zwischen Horn und Gmünd sind rund 40 Windräder in Diskussion. Das Land erwartet bis Mitte Oktober Rückmeldungen von den Gemeinden. Von den Bürger:innen kamen nun 40.000 Gegenstimmen.

Kritik richtet sich auch gegen die „Knebelverträge“, die von den Windpark-Betreibern mit den Gemeinden teilweise schon im Vorfeld ausgemacht wurden. Diese heißen üblicherweise „Gestattungsverträge“ oder „Dienstbarkeitsverträge“. Die IG Waldviertel hat einen Gestattungsvertrag auf ihrer Website unter die Lupe genommen.


Hier heißt es unter anderem:

§ 1 Rechte der Betreiber

… Die Gemeinde wird dem Betreiber bei der Erlangung von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb des Windparks bestmöglich unterstützen und allfällig notwendige Erklärungen in diesem Sinne abgeben.

Anmerkung IG-Waldviertel: Dieser Absatz erklärt die Berichterstattung in den Gemeindenachrichten sowie manche Erklärungen der Bürgermeister. Der Vertrag wurde in der Regel meist ohne Einbezug der Bevölkerung unterschrieben.

§ 11 Benützungsentgelt
1) Der Gemeinde wird für die Einräumung der Rechte aus diesem Vertrag sowie für (optische) Beeinträchtigung während der Bauphase und dem Betrieb ab Baubeginn bis Stilllegung und Abbau jährlich ein Benützungsentgelt bezahlt.

11) Mit diesem Benützungsentgelt sind alle Ansprüche der Gemeinde abgegolten. Insbesondere sind auch sämtliche Ansprüche gemäß dem NÖ Verbrauchsabgabegesetz sowie Entschädigungen u.a. von Beeinträchtigung durch die Veränderung des Landschaftsbildes und durch Geräusche umfasst.

Anmerkung IG-Waldviertel:
Die Entschädigung für den Verlust des Landschaftsbildes sowie die Beeinträchtigung der Einwohner durch Lärm und Schattenwurf wird mit einem verhältnismäßig geringen Betrag abgegolten, die zukünftige Entwicklung einer ganzen Region gefährdet.

Es geht dabei um beträchtliche Summen und die finanzklammen Gemeinden wollen sich das nicht entgehen lassen (und womöglich die Nachbargemeinde als Profiteur erleben). Doch nun muss wohl Farbe bekannt werden, wie man aus dem bericht im Bezirksblatt vom 2.10.2023.

Bürgermeister Eduard Köck (Thaya, ÖVP): "Bei einem lukrativem Angebot für die Gemeinde muss sich der Bürgermeister und Gemeiderat damit befassen, es optimieren oder in diesem Falle den Bürgern zur Beschlussfassung vorlegen. Für die Marktgemeinde Thaya werden ca. 200.000 Euro pro Jahr angeboten und dann noch für jeden Bürger je nach Strompreis eine 2 oder 3-stellige Zahlung, das kann man als Bürgermeister nicht ignorieren das muss man bearbeiten."

Eine gut geschmierte Maschinerie sei das, findet jedenfalls der im Waldviertel lebende, prominente Singer-Songwriter Roland Neuwirth. Er singt in seinem Protestsong davon, dass sich alles nur um den Zaster dreht. Wohl eine Anspielung auf Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner, die mit dem Spruch Bekanntheit erlangte (wenn auch in anderem Zusammenhang): „Her mit dem Zaster!“

Von Mikl-Leitner war auf unsere Anfrage keine Stellungnahme zu bekommen.

Dafür ist der FPÖ-Politiker Gottfried Waldhäusl derzeit dabei, die Stimmung gegen die Waldwindkraft für sich zu nutzen. Er geriert sich als Waldschützer, der den Kampf gegen die Windmühlen aufgenommen hat. Waldhäusl ist Zweiter Präsident des Niederösterreichischen Landtages. 

(hst)

 

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