Brauchen wir Windkraft im Wald? Sind die riesigen Rotoren weit über den Wipfeln der Fichte erstrebenswert? Sind sie schön?
Im Waldviertel nicht. Sagen die einen, die das „Verschandeln“ der Natur ins Treffen führen. Egal, das müsse man in Kauf nehmen. So die anderen. Denn der Klimawandel setzt uns zu – JEDES nur erdenkliche Windrad werde dringend gebraucht, um der Natur und uns die Wunden infolge der fossilen Verbrennungen zu ersparen.
Übermaß an Sonnenenergie
So einfach sollte man sich das nicht machen. Manche Energie-Aktivisten sind der Meinung, dass die Sonne so unendlich viel mehr Energie zur Erde schickt, als wir nur irgendwie verbrauchen können, dass auch Verschwendung keine Sünde sei. Das „Gefasel“ vom Energiesparen sei von bösen Mächten geheuchelt, die uns nur immer mehr an (fossiler) Energie verkaufen wollen bis ans Ende unserer Tage. So sinngemäß die Einstellung unseres Energie-Freundes Wolfgang Löser, der auch immer wieder Kommentare in diesem Magazin schreibt.
Verschwenden statt Verzichten?
Verzichten sei nicht nur nicht notwendig, sondern geradezu sündig in den Augen jener Erneuerbare-Energie-Verfechter, weil sie uns in der Abhängigkeit der Fossil-Konzerne beließe. Einzig die Bürgerenergiewende sei die Lösung, in der die Protagonisten ein Übermaß an Energie verbrauchen können. Nur ja keine Verzichgtsdebatte! So deren Mantra.
Wenn das stimmte, so bräuchten wir nur umso mehr PV-Panele zu installieren und Windräder aufzustellen, wie es uns beliebte. SUVs seien genauso unbedenklich wie 130 km/h, 27 Grad im Wohnzimmer im Winter kein Problem.
Verzichten schont die Natur
Für viele Menschen im Waldviertel schon: Denn der Verzicht auf Verschwendung ersparte ihnen die verhassten Windräder. Die Aktivisten verweisen in ihrem Kampf gegen die Windflügel jedenfalls darauf, dass man
- in Österreich (und übrigens auch in Deutschland) trotz steigendem Anteil von E-Autos und Wärmepumpen einen rückläufigen Stromverbrauch habe
- dass Repowering der bestehenden Windanlagen viel zusätzliche Kapazitäten freilegen würde und dass
- längst nicht alle Dachflächen, Betriebshallen oder Parkdecks mit Photovoltaik belegt seien.
Das hat etwas für sich. Oder anders gesagt: Solange mann keine PV-Pflicht für Dachflächen erlässt, benötigen wir keine Riesenräder im Wald.
Nach Dämmung statt 14 Windräder nur noch 1 benötigt
Wie richtig diese Argumentation ist, zeigte uns eine erstaunliche Gegenüberstellung, die uns in der Zeitschrift SOLID aufgefallen ist. Dort wird auf eine im Auftrag von Greenpeace durchgeführte Studie des Wuppertal-Instituts hingewiesen: Diese verdeutlicht das an Hand von Windrädern, die man zum Heizen eines Wohngebiets mit 19.000 Haushalten oder ca. 50.000 Einwohner:innen - das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Wiener Neustadt - braucht.
Bei dieser Studie wird die Heizstromversorgung von bereits auf moderne Wärmepumpen umgerüsteten Gebäuden simuliert. Es zeigen sich gravierende Unterschiede im Energieverbrauch.
* Sind die Häuser in einem schlechten energetischen Zustand, braucht es 14 Windräder, um den Bedarf an Heizstrom zu decken.
* Sind die Häuser entsprechend gut gedämmt, braucht man nur ein Windrad.
In Zahlen heißt das: für einen ungedämmten 100 m2 großen Altbau beträgt der Primärenergieverbrauch im Jahr rund 5.600 kWh Heizstrom. Dasselbe Haus auf Passivhaus-Standard saniert benötigt nur noch 400 kWh Heizstrom.
Dämmen, Pv und Speicherung
Die Schlüssel heißen nämlich Effizienz (Dämmung), kluge Steuerung (Energiemanagement) – und Genügsamkeit (Verzicht). Gemäß Adalbert Stifters Weisheit: „Das rechte Maß besiegt den Erdkreis“ ist es besser, Übertreibungen genauso zu unterlassen, wie allzu große Kasteiungen. Der österreichische Dichter des Biedermeiers (Ha!) meinte damit nicht die „rechte Gefahr“, das Abtriftenn ins rechteste aller Lager, sondern die persönliche Mäßigung.
Ohne in Biedermeierlichkeit zu verfallen, wollen wir uns doch dem Gedanken hingeben, wie schön es wäre, wenn man klügere Schritte wählte. In Österreich sind 1,5 Millionen Gebäude schlecht bis gar nicht gedämmt. Na also – ans Werk!
Wenn nach der Dämmung noch Photovoltaik auf die ebenfalls noch fast zur Gänze PV-lose Dachlandschaft gelegt würde und die Tausenden Keller und Garagen mit Speichern verziert sind – DENN ERST sollten Natur und Wälder und alpine Landschaften herangezogen werden.
Das Zauberwort heißt nicht Stromautobahn. Es heißt Dezentralisierung.