Kommentar von Hans-Josef Fell

Erneuerbarer Strom ist mittlerweile deutlich billiger als der Strom aus konventionellen Quellen.

Grafik IRENA
Die Preise der Renewabls sanken beträchtlich. Grafik: IRENA

Diesen Monat veröffentlichte die International Renewable Energy Agency (IRENA) einen Bericht, in dem sie die Kosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2021 untersuchte. Dabei kommt die IRENA zu dem Schluss, dass die Erneuerbaren Energien im Vergleich zu den konventionellen Energieträgern die günstigsten Stromerzeuger sind.

Zwei Drittel sind billiger als Kohle-Strom

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Kosten für erneuerbare Energien im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr weiter gesunken sind. Konkret sind die durchschnittlichen Stromgestehungskosten für Onshore-Wind um 15% und für Photovoltaik und Offshore-Wind jeweils um 13% gefallen. Weiterhin wiesen nahezu zwei Drittel bzw. 163 Gigawatt der in 2021 neu in Betrieb genommenen erneuerbaren Energien geringere Kosten auf als die weltweit billigste vorhandene kohle-basierte Variante der G20-Staaten.

Bemerkenswerte Preisentwicklung

Insgesamt ist die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien bemerkenswert. So sanken zwischen 2010 und 2021 die durchschnittlichen Stromgestehungskosten von neu zugebauten PV-Projekten um 88%, die Kosten für Onshore-Windkraft und für Sonnenwärmekraftwerke um je 68% und für Offshore-Windkraft um 60%.

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Imposanter Preisrückgang für die Erneuerbaren. Grafik: IRINA

Vor diesem Hintergrund konstatiert Francesco La Camera, Generaldirektor der IRENA: „Erneuerbare Energien sind heute bei weitem die billigste Form der Stromerzeugung. Erneuerbare befreien Volkswirtschaften von Preisschwankungen der fossilen Brennstoffe und ihrer Importe, dämpfen die Energiekosten und erhöhen die Widerstandskraft der Märkte - insbesondere, wenn die derzeitige Energiekrise anhält.“

Ausblick: Auch 2022 übersteigen die fossilen Energiekosten die der Erneuerbaren

Laut IRENA werden auch im Jahr 2022 konventionelle Energien viel teurer sein als die Erneuerbaren. So werden etwa die Brennstoff- und CO2-Kosten für bestehende Gaskraftwerke in 2022 schätzungsweise im Schnitt vier bis sechs Mal so hoch sein wie die Gesamtbetriebskosten für im Jahr 2021 zugebaute PV- und Windkraftanlagen.

Dass die Erneuerbaren schon heute zu erheblichen Einsparungen führen, zeigt auch die Tatsache, dass im Zeitraum Januar bis Mai 2022 in Europa allein durch die Erzeugung von Solar- und Windenergie Importe fossiler Brennstoffe im Wert von mindestens 50 Mrd. USD vermieden wurden. Durch den weltweiten Zubau an erneuerbaren Energien im Jahr 2021 werden angesichts der aktuellen Preiskrise für fossile und atomare Brennstoffe die Stromerzeugungskosten im Jahr 2022 um mindestens 55 Mrd. USD gesenkt, so die IRENA.

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Während die Erneuerbaren immer billiger wurden, stieg in jüngster Vergangenheit der Preis für Kohle deutlich an. Grafik: IRINA

Unverständliche Entscheidungen beim Gas-Ausstieg

Angesichts dieser klaren Kostenvorteile der Erneuerbaren Energien ist es unverständlich, dass gerade in Europa der Ersatz russischer Energielieferungen vor allem mit neuen LNG-Terminals und Diversifizierungen beim Import von Erdöl, Erdgas und Kohle gesucht wird. Diese Strategie, die aus den alten Denkmustern kommt, welche uns erst in die fundamentale Abhängigkeit russischer Energielieferungen gebracht hat, wird auch diesmal wieder scheitern: Die Diversifizierung fossiler Energieimporte wird zu einem weiteren Anstieg der fossilen Energiepreise führen, aufgrund ihrer Knappheit auch zu neuen geopolitischen Spannungen und gleichzeitig führt dies zu einer weiteren schnellen Aufheizung der Erdatmosphäre.

Dabei würde der Ersatz russischer Energielieferungen mit Erneuerbaren Energien und Energieeinsparung die Energiekosten insgesamt senken, die Versorgungssicherheit sichern, das Klima schützen und neue geopolitische Spannungen vermeiden. Dafür braucht es aber massive Beschleunigungsgesetze für den Ausbau von Solarkraft, Windkraft, Bioenergien, Wasserkraft, Meeresenergien, Bioenergie, wie es sie als Beschleunigungsgesetze für LNG-Terminals bereits gibt, für Erneuerbare Energien aber nicht.


Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell ist ehemaliger Bundestags-Abgeordneter der Grünen in Deutschland und Präsident der Energy-Watch-Group.

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