Wie baut man heute, damit ein Haus auch für zukünftige Anforderungen gerüstet ist? Wie  funktioniert die Bewertung von Gebäuden nach klimaaktiv-Standard? Welche Kriterien müssen Projekte erfüllen? Lohnt sich das auch finanziell? Ein kleiner Überblick.

Serie: Das ABC der energieeffizienten Gebäudekonzepte

Welche energieeffizienten Gebäudekonzepte kennen Sie eigentlich? Was ist beispielsweise der Unterschied zwischen einem Passivhaus, einem klimaaktiv-Haus und einem 3-Liter-Haus? Und welche Konzepte werden sich in den nächsten Jahren durchsetzen? Diese Serie gibt Aufschluss.


Die Volksschule im salzburgischen Hallwang entspricht allen klimaaktiv-Kriterien und wurde kürzlich mit dem Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2019 ausgezeichnet. Foto: BMNT/Kurt Hoerbst

Ab 1.1.2021 müssen alle Neubauten die Vorgaben der EU Gebäuderichtlinie – Energy Performance of Buildings Directive (recast) 2010/31/EU [EPBD:2010] – erfüllen. Wie das geht, steht im Nationalen Plan, der „eine ausführliche Darlegung der praktischen Umsetzung der österreichischen Definition des Niedrigstenergiegebäudes enthält. Das entspricht dem in der EPBD vorgegeben ‚Nearly Zero Energy Building‘ unter Berücksichtigung der österreichischen Gegebenheiten auf Basis des Heizwärmebedarfs (in kWh/m²a) einschließlich numerischer Indikatoren für den Primärenergiebedarf (in kWh/m²a) und die Kohlendioxidemissionen (in kg/m²a), ausgedrückt und festgelegt durch die Anforderungen für 2020“ und legt Zwischenziele für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz fest. Die Revision vom 20.2.2018 enthält nur noch die letzten Stufenvorgaben für den Neubau und größere Renovierungen.

klimaaktiv bauen und sanieren

Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) hat zur leichteren Umsetzung von klimafreundlichen Aktivitäten bereits vor 15 Jahren klimaaktiv gestartet. Das Ziel dieser Klimaschutzinitiative ist die Markteinführung und rasche Verbreitung klimafreundlicher Technologien und Dienstleistungen. Im Bereich des Bauens und Sanierens bedeutet das die Nachhaltigkeit von Gebäuden mit Fokus auf Energieeffizienz, Klimaschutz und Ressourceneffizienz, gebündelt im Programm klimaaktiv Bauen und Sanieren. Mit der Entwicklung und Bereitstellung von Qualitätsstandards, der Aus- und Weiterbildung von Profis, mit Beratung, Information und einem großen Partnernetzwerk, ergänzt klimaaktiv die Klimaschutzförderungen und -vorschriften.

Wie wird gebaut und bewertet?

klimaaktiv ist ein Selbstdeklarationssystem mit Online-Deklarationsplattform. Die Kosten für die Plausibilitätsprüfung der upgeloadeten Nachweise werden von klimaaktiv getragen, für die Anwender_innen fallen keine Gebühren an. Für alle aufkommenden Fragen gibt es ein österreichweites Netzwerk von erfahrenen Berater_innen sowie eine Reihe von „klimaaktiv Kompetenzpartner_innen“: Architekt_innen, Planer_innen und Baumeister_innen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass der Wunsch nach einem ausgezeichneten Haus Nebenwirkungen hat: Wer hinterher die gute Planungs- und Ausführungsqualität bestätigt haben möchte, muss frühzeitig damit beginnen. Das sorgt für die Verbesserung des Bauprozesses und seiner Ergebnisse.

Was wird bewertet?

Der klimaaktiv Gebäudestandard ist das österreichweite, neutrale und transparente Qualitätszeichen für die Nachhaltigkeit von Gebäuden. Wichtig dafür sind neben der Energieeffizienz die Planungs- und Ausführungsqualität, die Qualität der Baustoffe und der Konstruktion, sowie zentrale Aspekte zu Komfort und Raumluftqualität.

Wofür gibt es Punkte?

Das Maximum sind 1.000 klimaaktiv Qualitätspunkte. Mindestvoraussetzung ist die Erfüllung der Basiskriterien, im Neubau ist das der Niedrigstenergiestandard bei Sanierung eine Unterschreitung von rund 40 % zur Bauordnung. Ab 750 Qualitätspunkten erreicht man Silber, mit 900 Punkten und damit zumindest 90 % Gesamterfüllungsgrad den Gold-Status.

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Was ist der „Nachweisweg OIB“?

Die EPBD verpflichtet die Mitgliedstaaten, kostenoptimale Niveaus von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz festzulegen. Die OIB-Richtlinie 6 beschreibt, wie der Nachweis der Kostenoptimalität zu erbringen ist: Mittels 10er-Linie oder 16er-Linie – das sind Berechnungsmethoden für die Energieeffizienz. So wird etwa beim Neubau von Wohngebäuden das Niedrigstenergiehaus nach der 10er-Linie berechnet. Ein Niedrigenergiehaus, berechnet nach der 16er-Linie, muss gemäß den Zwischenzielen für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz zunehmend alternative Energie vor Ort bereitstellen (Kompensation), um sich so an die 10er-Linie anzunähern.

Welche Gebäude kann ich deklarieren?

Diese Vorgaben gelten für alle Gebäudekategorien – Wohnbauten, Büros, Bildungsbauten, Sport- und Veranstaltungsstätten, Gesundheitsbauten und Krankenhäuser, Hotels und Pensionen, Supermärkte, Einzel- und Großhandel sowie Industrie- und Gewerbebauten – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Neubauten oder Bestandsentwicklungen handelt. Für alle Gebäudekategorien gibt es Kriterienkataloge, jeweils für Neubau und Sanierung.

Wie viele Gebäude sind klimaaktiv?

Bis dato sind rund 840 Gebäude nach dem Qualitätszeichen deklariert. Alle Gebäude werden auf www.klimaaktiv-gebaut.at veröffentlicht.

Was ist neu bei klimaaktiv

Bisher gab es die Deklarationsstufen „Planung“ und „Fertigstellung“ für Gebäude. Dieser Rahmen wird nun zweifach ausgeweitet.

  • klimaaktiv in der Gebäudenutzung: Mit „klimaaktiv in der Gebäudenutzung“ wurde ein weiterer Anreiz zur realitätsnahen Energiebedarfsberechnung und zur Optimierung in der Nutzung des Gebäudes geschaffen. Damit will man einem der Hauptkritikpunkte am energieeffizienten Bauen begegnen, nämlich der Überschreitung der Berechnungswerte aus der Planung in der Nutzungsphase.
  • klimaaktiv Standard für Quartiere und Siedlungen: Mit dem klimaaktiv Standard für Quartiere und Siedlungen kann die Vernetzung von Gebäuden mit ihrer Umgebung in Bezug auf Versorgung, Mobilität, Nachverdichtung und sparsamem Bodenverbrauch beurteilt werden, sowohl im städtischen als auch im ländlichen Umfeld. Damit ergänzt der klimaaktiv Standard für Siedlungen und Quartiere das klimaaktiv Gebäudestandard-Portfolio um wesentliche Kriterien für Nachhaltigkeit von größeren Bauvorhaben mit besonderem Fokus auf Klimaverträglichkeit und Lebensqualität.

Was bringt das für die Förderung?

Die klimaaktiv Qualitätskriterien werden immer häufiger als Benchmark für die Inanspruchnahme von Fördermitteln verwendet: Mit klimaaktiv erhält man in der Regel höhere Förderquoten als ohne, z.B. für:

  • Mustersanierung
  • Umweltförderung für energieeffiziente Betriebe im Neubau oder in der Sanierung
  • Wohnbauförderungen der Länder

klimaaktiv-Kriterien müssen auch verpflichtend eingehalten werden, wenn man das Österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte im Immobilienbereich oder für Hotels erhalten will.