In Korneuburg will der Immobilien-Entwickler Teile der alten Werft verbauen. Was sind die Argumente der Bürgerinitiative – und was sagt darauf die Signa-Holding?

Schwäne fliegen über die geplante Verbauung der Werft-Halbinsel. Ein Verein glaubt weniger an diese Idylle. Foto-Rendering: Signa

Die Flächenaneignung und die damit oft verbundene Bodenversiegelung bestimmen zunehmend die Beurteilung von Neubauten. Das musste nun auch der Großinvestor Signa erkennen, der gerade mit seinem – beendeten – Engagement bei der Möbelkette Kika-Leiner in den österreichischen Medien präsent ist. 

Nun also die Werft Korneuburg. Diese renommierte Werft für Binnenschiffe an der Donau wurde in den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts geschlossen, seither wird das Areal gemischt genutzt, ein Badebetrieb ist beliebt. René Benko will mit seiner Signa-Holding nun die vorgelagerte Halbinsel mit (Luxus-)Wohnungen verbauen. Dagegen hat sich Widerstand aufgebaut:

„Es wäre gut, die Partnerschaft der Gemeinde mit Signa zu beenden – ordentlich und gut durchdacht – aber rasch. Besser ein Ende mit Anstrengung, als Risiko ohne Ende.“
Verein „Brennpunkt Werft Korneuburg“

„Wir sind eine Bürger:innen-Gruppe aus Korneuburg und angrenzenden Gemeinden und haben an diesem Projekt u.a. die o.a. Reihe von anachronistischen und schädlichen Aspekten, die Mensch und Umwelt beeinträchtigen, identifiziert“ sagt Regina Gruber nüchtern, Sprecherin des Vereins „Brennpunkt Werft Korneuburg“.

WerftVision
So könnten die Bebauungen auf dem Werftgelände aussehen, wie es Investor Signa auf der Webseite hält.

„Wir bereiten uns auf die Stellungnahme zur öffentlichen Auflage der UVP vor. Es wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres so weit sein. Um organisiert, öffentlich erkennbar und transparent agieren zu können, haben wir Bürger:innen im April den Verein „Brennpunkt Werft Korneuburg“ gegründet“. Zweck des Vereins: „Einflussnahme auf die Entwicklung des Werftgeländes in Korneuburg sowie seiner Erreichbarkeit (d.h. all seiner Verkehrsverbindungen) im Sinne von Nachhaltigkeit, Ökologie-Orientierung und allgemeinen Interessen einer lebenswerten Umwelt.“

Probleme statt Lösungen

Die Gruppe ist wohl vorbereitet, gut informiert und ebenso gut vernetzt. Als Kernpunkte beschreibt der Verein seine Kritik so:

So, wie die Partner – Stadtgemeinde Korneuburg, SEFKO (Stadtentwicklungsfond Korneuburg) und das Signa-Unternehmen, Hafen Korneuburg Immobilien GmbH & Co KG – das Projekt eingereicht haben, löst es keine Probleme, sondern schafft nur Neue!

1. Es stellt es einen massiven Eingriff in den Lebens- und Naturraum dar – entgegen aller Vernunft werden ausgedehnte Flächen versiegelt statt entsiegelt
2. Es kommt ein riesiges Verkehrsproblem auf die Stadt Korneuburg zu
3. Die aktuellen Entwicklungen lassen das Vertrauen in die Signa als Partner bei der Werftentwicklung sinken

Versiegelung und Verkehrsbelastung

Eingriffe in die bestehende Umwelt seien deshalb nur dort zu setzen, wo sie Probleme lösen „und keinesfalls, um noch mehr Probleme zu schaffen ... Was wir brauchen, ist zB Entsiegelung. Es wäre eine großartige Kulturleistung, das alte Werftgelände Natur-näher zu machen!“

Ein NATURA2000-Gebiet liegt direkt neben dem Werftareal; im Projekt wird eine mögliche max. Anzahl von 2.800 Bewohner:innen angenommen. Die Gemeinde sprach noch 2017 von 1.300 bis 1.500 Bewohner:innen im gesamten Areal. Die Größenordnung 2.800 bedeute massive Auswirkungen auf den NATURA2000-Raum durch Benutzung, Beschallung und Beleuchtung argumentieren die Vereinsmitglieder rund um Regina Gruber aus Korneuburg.

Und weiter: „Im Projekt wird sogar von den Donauauen als naturnah gestalteter Park für Anwohner:innen gesprochen – was heißt das: die Au gestalten? Oder: stellen wir uns zB Baden im Hafenbecken vor: wenn nur 20% der EW an einem Tag baden gehen möchte, sind das um ca. 500 Leute mehr als zZ ...“

Als Kernproblem (3) schreibt der Verein in einer Aussendung: Signa als Partner der Gemeinde – Risiken über Risiken für Korneuburg

Unter anderem wird bei der Partnerschaft das Risiko des Projekt-Stopps in der Bau-Phase identifiziert: „Das Projekt entwickelt sich jetzt bereits nicht reibungsfrei. Signa hatte ursprünglich für Ende d.J. den Baubeginn geplant. Was das Unternehmen Signa für die Zukunft plant, lässt sich von außen nicht beurteilen, aber es kann dort durchaus zu Entwicklungen kommen, zu denen das Werft-Projekt nicht mehr passt. Dann besteht das Risiko, dass das Projekt mitten in der Bau-Phase gestoppt wird. Was dann? Neuer Käufer? Neuer Partner für die Gemeinde? Was will dieser dann?“

Risiko einer Immobilien-Ruine:

Das führt zum Risiko der Immobilien-Ruine: „Und letztlich stellt sich die Frage, ob überhaupt genügend finanzstarke Käufer:innen für die Wohnungen gefunden werden können: Wollen Leute, die für eine 90 – 100 m2 Wohnung geschätzte 1 Mio+ EUR zahlen, wirklich in einem hohen Siedlungsbau ohne Garten, im zB 6. Stock wohnen, in einer Gegend, in der ständig Wind geht, in der der Autobahnlärm herüberweht, hinter der ein Werftarm liegt, dessen Wasserspiegel und -qualität labil sind, neben der im denkmalgeschützten Ensemble ein etablierter Kulturbetrieb mit Theateraufführungen, Konzerten, Raves, Parties, mit Gastronomie fröhliches nächtliches Feiern hochhält, bei der das Risiko besteht, dass es bei Hochwasser Einschränkungen in der Mobilität gibt, in der KFZ-Staus zu erwarten sind, ohne in der Großstadt zu leben usw ... – nur damit sie vorne auf die Donau schauen können? was ist dann, wenn da einfach niemand oder eben zu wenige unter diesen Bedingungen Wohnungen kaufen wollen – wobei egal ob zum Selbst-Wohnen oder zum hochpreisig Vermieten?“

Der Verein kommt zum Schluss:

„Es wäre gut, die Partnerschaft der Gemeinde mit Signa zu beenden – ordentlich und gut durchdacht – aber rasch. Besser ein Ende mit Anstrengung, als Risiko ohne Ende.“

Das sieht auch die FPÖ im Korneuburger Gemeinderat so. Sie hat in der letzten Gemeinderatssitzung mittels Dringlichkeitsantrag einen Verhandlungsstopp mit Signa gefordert. Bekannt wurde in dem Zusammenhang, dass die Einreichung für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ein Projekt ohne die Autobahnabfahrt „Donau“ vorsieht und das Projekt dementsprechend angepasst werden muss.

Signa will beim geplanten Projekt bleiben

Signa selbst hält jedenfalls am Projekt fest, wie Unternehmenssprecher Ernst Eichinger sagt: „Uns sind keine Absagen von ASFINAG oder Infrastrukturministerium hinsichtlich der Anschlussstelle bekannt. Daher gehen wir grundsätzlich nach wie vor von einer Umsetzung aus und der status quo zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kooperationsvertrages hat sich nicht verändert.“

Man kämpfe mit Herzblut für das coole Projekt: „Das ehemalige Industrieareal der alten Werft in Korneuburg hat enormes Potenzial, etwas Außergewöhnliches mit Vorbildcharakter in ganz Europa zu schaffen. SIGNA hat sich vor mittlerweile mehr als vier Jahren an dem Projekt mit dem Ziel beteiligt, ein qualitativ hochwertiges, gemischt genutztes Quartier für rund 1500 Menschen zu realisieren.

Vor nicht ganz einem Jahr wurde ein Kooperationsvertrag mit der Stadt abgeschlossen, der Zeitplan und Modalitäten der Umsetzung vorsieht. Wir stehen zu unserer Unterschrift und sind in laufenden Gesprächen mit der Stadt zur Entwicklung von Realisierungsszenarien.“ (Eichinger/Signa).

Generell verändere sich die Art zu arbeiten, seine Freizeit zu verbringen und daraus resultierend das Mobilitätsverhalten. Unsere Intention ist so wenig Stellplätze wie möglich zu errichten und damit auch den daraus resultierenden Individualverkehr gering zu halten. Daher sind beispielsweise auch hohe Investitionen vorgesehen, um eine attraktive Verbindung aus der Werft zum Bahnhof zu schaffen.

Bürgerinitiative-Themen und Signa-Positionen nicht sehr weit auseinanderliegend

Signa-Vertreter Eichinger: „Grundsätzlich decken sich viele der uns bekannten Themen der Bürgerinitiative mit unseren Positionen. Letztendlich wurde das Projekt auch von den aktuellen Protagonisten der Bürgerinitiative – lange vor Einstieg der SIGNA – federführend mitentwickelt. Wir stehen daher auch jederzeit für Gespräche zur Verfügung. Es wird hier kein Grünland in Bauland umgewidmet, sondern eine bereits baulandgewidmete ehemalige Industrieanlage neu entwickelt. Wir versiegeln keine neuen Flächen, sondern im Gegenteil, wir entsiegeln diese Flächen um neuen Wohnraum zu schaffen.“

Tatsächlich hat man jahrzehntelang mit einer riesigen Schiffsbauhalle gelebt – die 20 Meter hoch die Sicht auf Klosterneuburg verstellt hat. Die Bürgerinitiative bemängelt unter anderem, dass der freie Blick übers Wasser nun verloren ginge.

Ernst Eichinger weist auch auf den hohen Nachhaltigkeitsgrad des Projektes hin: „Die bisherigen Planungen gehen von höchsten Nachhaltigkeitsstandards hinsichtlich Co2 Neutralität und Energieversorgung aus. Die architektonische Qualität des Stadtteils ist außergewöhnlich. Wir haben hier mit sechs international renommierten Architektenteams zusammengearbeitet. Es gibt in Europa wohl wenig andere Projektentwickler, die auch die Kapazitäten in jeglicher Hinsicht mitbringen, um so ein Vorhaben in höchster Qualität umzusetzen“.

.(hst)

 

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