Man bastelt schon eine geraume Weile daran, nun hat Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sie vorgestellt: „Die Klimaschutzgebiete sind eines der größten Klimaschutzvorhaben dieser Stadtregierung“.
Im Rahmen der Novelle der Bauordnung im Jahr 2018 wurde die Möglichkeit geschaffen, Klimaschutzgebiete (im Fachterminus auch Energieraumpläne genannt) zu verabschieden. Damit können große Gebiete definiert werden, in denen künftig ausschließlich klimafreundliche Energieformen und Fernwärme zur Heizung und Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden können. Von dieser Regelung betroffen sein werden ca. 80 Prozent der Neubaugebiete. Öl und Gas werden in diesen Gebieten nicht mehr eingesetzt.
Bernd Vogl, Abteilungsleiter der Energieplanung der Stadt Wien, unterstreicht die Bedeutung der Maßnahme: „Gerade jetzt, wo in Wien viel gebaut wird, werden die Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt. Wenn die Energiewende gelingen soll, braucht es die Einschränkung von fossilem Gas. In Wien setzen wir mit den Klimaschutz-Gebieten die ersten Schritte, um erneuerbare Energien und Fernwärme zum Standard zu erheben und damit unabhängiger von Importen aus dem Ausland zu werden.“
Die Fernwärme soll übrigens auch sukzessive auf vollständige nichtfossile Primärenergien umgestellt werden.
Hier sind die bisherigen Pläne einsehbar.
Solar, Bio, Fernwärme
Konkret bedeutet das: Heizung, Temperierung und Warmwasser-Aufbereitung von Neubauten erfolgen entweder über erneuerbare Energien wie Erdwärme, Solarenergie, Biomasse oder über Fernwärme. Das betrifft alle zukünftig neu errichteten Gebäude: den sozialen und frei finanzierten Wohnbau ebenso wie Bürogebäude, Geschäftslokale sowie alle öffentlichen Gebäude wie zum Beispiel Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser. Das ist bereits in der Wiener Bauordnung verankert und wird nun mit sogenannten Energieraumplänen umgesetzt.
Freie Wahl unter hocheffizienten Systemen
In einem neuen Gebäude in einem Wiener Klimaschutz-Gebiet kann zukünftig entweder über erneuerbare Energien oder Fernwärme geheizt und Warmwasser aufbereitet werden. Damit bleibt die Wahlfreiheit bestehen, lediglich klimaschädliche fossile Energieträger sind in diesen Gebieten Geschichte. Stattdessen entstehen moderne, komfortable, gesunde und leistbare Gebäude für alle Wienerinnen und Wiener. Erneuerbare Energien und nachhaltige Systeme werden dadurch Schritt für Schritt zum Standard.
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Hintergrund
Das Wiener Fernwärmenetz: 1/3 der Wiener Haushalte
(aus: „Technisch-Energiewirtschaftliches Gutachten zur Novelle der BO f. Wien 2018 (§2b Energieraumpläne) - FERNWÄRME
In Wien existiert eines der größten Fernwärmenetze Europas. Mehr als 380.000 Wohnungen – rund ein Drittel aller Wiener Haushalte – und mehr als 6.800 Großkunden werden mit Wärme beliefert. Die Basis des Wiener Modells bildet die Einsparung von Primärenergie durch die gekoppelte Nutzung von Strom und Wärme. Die bei der Stromerzeugung in den kalorischen Kraftwerken entstehende Wärme wird als Fernwärme genutzt.
Diese so genannte Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ermöglicht die kombinierte Strom-und Fernwärmeerzeugung bei maximaler Nutzung des Energieinhalts der Brennstoffe. Beim Fernwärmesystem der Stadt Wien handelt es sich um ein Rohrleitungsnetz, das über mehr als 40 Jahre aufgebaut wurde. Es besteht aus einem primären und sekundären Leitungsnetz sowie aus Gebietsumformern (GUFOs) und Hausübergabestationen. Das Rohrleitungsnetz besteht hierbei aus einem Primärnetz (=Transportnetz) mit einer Gesamttrassenlänge von ca. 600km und aus über 500 Sekundärnetzen (=lokale Verteilnetze) mit einer Gesamttrassenlänge von ebenfalls ca. 600km. Die Sekundärnetze werden über sogenannte Gebietsumformerstationen (GUFO) aus dem Primärnetz versorgt und mit geringeren Temperaturen und Drücken betrieben.
Zwei Drittel aus fossilen Brennstoffen
Beispielhaft für 2017 angeführt, stammt die produzierte Fernwärme etwa zu einem Drittel aus den Müllverbrennungsanlagen Flötzersteig, Spittelau, Simmeringer Haide und Pfaffenau sowie dem Wald-Biomasse-Kraftwerk in Simmering. Rund zwei Drittel liefern KWK-Anlagen und Industriewärmequellen (OMV, Manner). Zur Spitzenlastabdeckung kommen erdgasbetriebene Heißwasserkessel zum Einsatz.
40% erneuerbar bis 2030
Ziel ist es, die erzeugte Fernwärme 2030 zu ca. 40% aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Zentrale Rolle spielt hierbei die Integration von Abwärmequellen auf niedrigem Temperaturniveau, welche durch Großwärmepumpen auf Versorgungstemperatur des Primärnetzes bzw. Sekundärnetzes gehoben werden. Aufgrund der historischen Entwicklung der Wärmeversorgung in Wien gibt es in vielen Gebieten Wiens eine doppelte Leitungsinfrastruktur (Fernwärme und Gas).
(hst)