Aus dem Heft: Die dunkle Fassade des Polizeireviers Süd-West im deutschen Baunatal glänzt im Sonnenlicht. In der gläsernen Außenhaut sind 260 m2 Photovoltaik-Module integriert, die den gesamten Strombedarf des Verwaltungsgebäudes decken.
Von Cornelia Kühhas
Beim Entwurf der Photovoltaik-Glasplatten-Fassade ging es in erster Linie nicht nur um die Gestaltung, sondern generell um energieeffizientes Bauen. Bild: Lithodecor
Im vergangenen März bezogen über 90 Beamte ihren Arbeitsplatz im neu errichteten Polizeirevier Süd-West in Baunatal, im deutschen Bundesland Hessen. Der Neubau besticht durch eine sachliche und kubische Formensprache, Funktionalität und modernste Sicherheitseinrichtungen stehen bei diesem Verwaltungsgebäude im Vordergrund. Das Gebäude besteht aus einem 52 m langen und 12,5 m breiten Längsriegel von Ost nach West, der einen 12 m breiten und 34 m langen Querriegel durchdringt. Diese beiden Gebäudeteile bilden einen Winkel, der sich zu einem Hof öffnet, wo sich auch der Haupteingang befindet.

Photovoltaik-Fassade
Die dunkle Glasfassade ist nicht nur Gestaltungselement, sondern das zentrale Element der Energieversorgung. In die Fassade des Nord-Süd-Riegels sind Photovoltaikelemente integriert, die einen wesentlichen Beitrag zum Energiebedarf des Gebäudes leisten. „Die Fassade mit den Dünnschichtmodulen war von Beginn an geplant, mit diesem Konzept sind wir damals auch in den Architekturwettbewerb gegangen“, erzählt Architektin Inge Engelhardt-Schäfer vom Büro amb.Architektur in Kassel. Die Herausforderung war, einen Anbieter von Photovoltaikelementen zu finden, mit dem man den Entwurf umsetzen konnte. Inge Engelhardt-Schäfer: „Unser Bestreben war, ein einheitliches Raster für die Module zu finden, in das auch die Fensteröffnungen passen. Mit der Firma Lithodecor konnten wir in enger Abstimmung eine objekt­spezifische Lösung entwickeln. Die Zusammenarbeit funktionierte sehr gut – sonst wäre das Projekt so nicht umzusetzen gewesen.“

Skalierbare Module

Möglich war dies mit skalierbaren Modulen. „Um dem Entwurf der Architekten gerecht zu werden, haben wir skalierte Dünnschicht-Module in der Größe 2.000 x 560 mm objektbezogen hergestellt. Skalierte Module anbieten zu können, ist uns sehr wichtig. Denn man kann die Rasterung der Fugen eines Gebäudes niemals in ein Standardmaß zwängen – und nur so können wir auf die individuellen Planungen der Architekten eingehen“, betont Kai Brandau, Produktmanager von Lithodecor. Die Vorteile der Dünnschichttechnologie liegen in der effektiven Lichtausnutzung, der geringeren Abhängigkeit des Modulwirkungsgrades von der Außentemperatur und im besseren Diffuslichtverhalten. Die Fassade erzeugt einerseits solare Energie und bietet andererseits gleichzeitig eine sehr gute Wärmedämmung, womit Werte auf Passivhausniveau erreicht werden. Die Glasmodule sind an einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade angebracht. Hier wurden zwei Systemlösungen nebeneinander verwendet: Einerseits farblich beschichtete Glasscheiben aus Einscheibensicherheitsglas – etwa 1.000 m2, andererseits Photovoltaikmodule auf einer Fläche von 260 m2. Montiert sind die Elemente auf einer Aluminium-Unterkons­truktion, deren Halterungen zudem die Möglichkeit bieten, einzelne Module bei Bedarf ohne größeren Aufwand auszutauschen.

Hinterlüftung der ­Module wichtig
Die Solarverkabelung ist in Haltern im Lüftungsspalt hinter den Modulen geführt. „Das bringt den Vorteil, dass die Kabel belüftet werden und es zu keinem Hitzestau kommt“, erklärt Kai Brandau. „Die Befürchtung, dass sich ein in der VHF-Fassade montiertes Solarmodul stärker aufheizt als ein Dachmodul, ist unbegründet. Durch die kontinuierliche Hinterlüftung erfolgt eine ausreichende Abfuhr der Wärme. Messungen haben gezeigt, dass die Temperatur der Module nicht höher ist als bei einer herkömmlichen dunklen Glasfassade.“


16.000 kWh im Jahr
Die Photovoltaikelemente sind sowohl nach Süden als auch nach Ost und West ausgerichtet. Brandau: „Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die dreiseitige Belegung mit PV-Modulen gelohnt hat. Man kann den ganzen Tag über Energie generieren, und das ist insbesondere bei einem Verwaltungsbau, wo rund um die Uhr Energie benötig wird, wichtig. Es ist davon auszugehen, dass wohl 100 % des generierten Stroms im Gebäude verbraucht werden.“ Man rechnet damit, dass jährlich rund 16.000 KWh erzeugt werden.
In diesem Zusammenhang ist jedenfalls auch die Signalwirkung öffentlicher Gebäude ein wichtiger Aspekt, wie Inge Engelhardt-Schäfer betont: „Bei diesem Projekt ging es vor allem auch um die Vorbildfunktion den Einsatz regenerativer Energien betreffend, die hier die Stadt Baunatal sowie die Polizei als Organ einnimmt.“

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