Europas höchste Baustelle ist fast beendet: Mit dem kurz vor der Fertigstellung stehenden „Refuge du Goûter“ am Mont Blanc verfügt der französische Alpenverein künftig über ein Bauwerk, das in puncto Energie und Wasser fast vollkommen autark ist.
Wärme bezieht die Berghütte im Wesentlichen aus der Sonne. Hierzu sind 54 m2 Solarthermiepaneele in die Gebäudehülle integriert. Foto: Groupe
Architekt Herve Dessimoz und Bauingenieur Thomas Buchi sind stolz auf das überdimensionale Vogelei in 3.817 Meter Höhe auf dem Mont Blanc. Man mag zu dem eigenwilligen Entwurf stehen, wie man will - die Errichtung der Hütte war eine Meisterleistung der Bauingenieurskunst. Am Beginn stand eine Ausschreibung des Club Alpin Francais (CAF). Es galt, einige Schutzhütten neu zu errichten. Eigentlich sollte dabei in traditioneller Holzbauweise gebaut werden. Aber schließlich machte man doch Ausnahmen.

Mit einer Schutzhütte im herkömmlichen Sinn hat das Bauwerk auf dem höchsten Berg Frankreichs nur noch die Funktion gemein: Bis zu 120 Alpinisten können hier unterkommen, schlafen, sich waschen und etwas essen. Eigentlich ist das ganze Gebäude aus Holz, bis hin zur Inneneinrichtung. Sein markantes Design und die futuristische Anmutung machen allerdings die Stahlummantelung der Fassade aus. Das Gebäude ist dadurch – und durch seine zylindrische Form – aerodynamisch und hält Windstärken bis zu 300 km/h stand.

Wasser- und Energieautonom
Die Nachhaltigkeit ist in dieser Höhe in den Savoyer Alpen Notwendigkeit: Da es keine Wasser- und Stromleitungen gibt, wurde ein komplexes Recyclingsystem für Wasser samt Schneeschmelzwasseraufbereitungsanlage genauso installiert wie Solarmodule und Windturbinen zur Stromerzeugung. Die Wärme wird durch rigorose Isolierung mit Holzwolle und einer Dreifachverglasung der Fenster im Inneren gehalten. Die Hütte ist in ihrem Betrieb beinahe vollkommen autonom, nur Gas zum Kochen wird benötigt.

Fünf Jahre Planung und drei Jahre Bauzeit – die Umsetzung der ambitionierten Pläne war ein Gewaltakt. In Interviews wie jenen mit dem Architekturmagazin „Mapolis“ und dem Schweizer Fernsehen treten Architekt Dessimoz und Ingenieur Buchi nicht umsonst mit stolzgeschwellter Brust auf, sie sind fast spitzbübisch von ihrem Geniestreich begeistert.

Baustelle der Extreme
Das Team war mit durchschnittlichen Temperaturen von minus sieben Grad Celsius, Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h und Sauerstoffmangel konfrontiert. „In diesen Höhen ist einfach alles extrem“, sagt Buchi gegenüber „Mapolis“. Gegenüber dem Schweizer Fernsehen ergänzt er, dass neben dem Wetter und den daraus resultierenden Problemen auf der Baustelle (schwierige Anlieferung der Bauteile per Helikopter) auch die Sicherheit ein großes Thema war - schließlich sei die Hütte in einen 1.000 Meter hohen Abhang hineingebaut worden. Gar nicht weit von der Hütte entfernt gibt es eine Notschlafgelegenheit, die fast noch futuristischer anmutet. Früher waren Biwakstationen bessere Blechkästen. Macht das vorliegende Hotel Schule, dann sind Solarmodule, Glasfronten und Röhren die Zukunft. Gebaut werden kann nach dem Baukastenprinzip - das System ist weltweit einsetzbar und kann je nach den Anforderungen der Umgebung konfiguriert werden.

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