Und sie bewegt sich doch. Die Welt der Stromnetze nämlich. Was Insider und Praktiker schon seit Längerem erkennen, hat den Weg in die Köpfe in Politik und Stromkonzerne gefunden: Der bisherige monotone Monopolschrei der Netzbetreiber („Wir brauchen Milliarden, viele Milliarden!“) nach riesigen Ausbauten der elektrischen Kabelnetze verhallt zunehmend wirkungslos.
Denn offenbar ist Sparen ein Gebot der Stunde, Österreichs Staatskasse ist leer wie eine alte Batterie. Und wer beim Einsparen von Milliarden fündig werden will, braucht nur die Planungen der Netzbetreiber kritisch zu prüfen.
„Umbruch in den nächsten zwei, drei Jahren“
Das hat man in Krems getan, wie der ORF berichtet: Auf einem Energiegipfel an der Universität für Weiterbildung Krems, an der hochkarätige Manager der Energiewirtschaft teilnahmen und zu dem Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) geladen hatte. Pernkopf spricht von einem Umbruch in den nächsten zwei, drei Jahren: „Wir brauchen eine völlig neue Energiesystemplanung.
Hier kann es zu Kostendämpfungen kommen, wenn man es richtig macht. Macht man es falsch oder gar nicht, steigen die Kosten weiter exorbitant. Macht man es richtig, behält man es im Griff. So viel Netz wie nötig zu möglichst geringen Kosten.“
„Wir müssen den Planungsprozess, der offensichtlich nicht ausgereift ist, überdenken“
Windkraft und vor allem die Photovoltaik bringen die Netzbetreiber an ihre Grenzen. Die Stromleitungen können nicht so schnell ausgebaut werden und so kommt es immer wieder zu der Situation, dass Photovoltaikanlagen zwar größer gebaut wurden, aber nur mit den garantierten vier Kilowatt-Peak (KWp) an das Stromnetz angeschlossen werden können. Der Anschluss wird so schnell wie möglich nachgeholt, das Netz ausgebaut. Die Kosten dafür landen später auf der Stromrechnung der Kundinnen und Kunden. Auf der Rechnung machen sie derzeit rund 30 Prozent aus.
Es ist eine Situation, die auch die Netzbetreiber nicht glücklich mache, sagt Gerhard Christiner, Vorstandssprecher des österreichweiten Stromnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG): „Wir sind angehalten, den Planungsprozess derzeit, der offensichtlich nicht ausgereift ist, zu überdenken. Wir müssen uns anschauen, wo sind die Windkraftzonen, wo die Photovoltaik-Zonen und welche Netze brauchen wir dafür. Dann müssen wir schauen: Können wir Spitzen wegkappen, mit Speichern und intelligenter Steuerung Wege finden, um das System effizienter zu machen.“ (orf.at)
Keine Speicher bei Großkraftwerken
Allerdings wurden auch auf diesem Energiegipfel die bestehenden Lösungsmöglichkeiten nicht konkretisiert – nämlich der forcierte Ausbau der Strom-Speicherung in Batterien. Lediglich die künftige Nutzung der Autobatterien für Eigenstromnutzung und Netzstabilität kam zur Sprache.
Doch die Akkus in Haus und Gewerbe sind längst Stand der Technik und werden zu Tausenden eingebaut. Nur die Großkraftwerke wie Flächen-PV und Windkraft speisen ungebremst ins Netz ein, lediglich die komplette Fernabschaltung ist derzeit möglich. Bisher hat man „vergessen“, zu jedem Windrad und zu jedem Groß-PV-Feld einen Speicher zu stellen.
Viel mehr tragen jetzt schon die Hunderttausenden privaten und kommerziellen Speicher zur Netzstabilität bei – nur werden sie noch nicht wirklich netzdienlich betrieben. Man wartet wohl noch auf den nächsten Gedankenblitz (Kleiner Hinweis: Bonus bei Einspeisung, wenn das Netz Strom braucht und vice versa).
(hst)