Ohne eine ausreichende Zahl an Lademöglichkeiten gäbe es keine Bereitschaft für einen Umstieg auf das Elektroauto. Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), findet, dass sei mehr als übertrieben: "Die gute Nachricht ist: Wir haben ein Überangebot an Lademöglichkeiten." Das Angebot an öffentlichen Ladesäulen für Elektroautos sei mehr als ausreichend. Begründet wird diese These unter anderem mit der aktuellen Auslastung.
Nur zu maximal 25 % ausgelastet
Die öffentlichen Ladepunkte waren laut BDEW im Durchschnitt zu 11,6 Prozent der Zeit belegt. Je nach Landkreis ergab sich demnach eine Belegung zwischen 3 und maximal 25 Prozent des Tages. Selbst tagsüber – zwischen 9 und 20 Uhr – lag die durchschnittliche Belegung laut dem BDEW nie über 20 Prozent. „Im Durchschnitt waren die öffentlichen Ladepunkte zu 11,6 Prozent der Zeit belegt. Selbst tagsüber - zwischen 9 und 20 Uhr - lag die durchschnittliche Belegung nie über 20 Prozent.“ {Kerstin Andreae, BDEW)
Der Verband erhob diese Zahlen erstmals, ein Vergleich mit Vorjahreswerten ist deshalb nicht möglich.
Zahl der Ladepunkte kräftig gestiegen
Der Technikdienst heise.de fasst die dpa-Meldung so zusammen: „Der BDEW spricht von insgesamt 100.838 öffentlichen Ladepunkten (Stand 1. Juli), was sich ungefähr mit den Zahlen der Bundesnetzagentur deckt, die am 1. Juni dieses Jahres von 92.672 Ladepunkten ausging. Der Zuwachs innerhalb eines Jahres ist beträchtlich, denn am 1. Juni 2022 waren es noch 67.880. Prozentual am stärksten wuchs die Zahl der Ladepunkte mit 59 bis 149 kW (plus 46 Prozent auf 6371) und mit mehr als 149 kW (plus 164 Prozent auf 6371).
Dominierend sind unverändert die 22-kW-AC-Ladepunkte, die an für vergleichsweise geringe Kosten an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden können. Ihre Zahl stieg binnen eines Jahres von 46.157 auf 60.052. Auch diese Zahl kommt von der Bundesnetzagentur und beschreibt den Stand zum 1. Juni 2023.“
Fazit der E-Wirtschafts-Lobbyistin Andreae: „Um das Ziel von 15 Millionen E-Pkw bis 2030 zu erreichen, braucht es jetzt eine 15 Millionen-E-Auto-Strategie, die gezielt auf die Fahrzeugseite ausgerichtet sein sollte. Schließlich bewerten die Nutzerinnen und Nutzer laut einer BDEW-Umfragevor allem die hohen Fahrzeug-Preise und die langen Lieferzeiten von E-Fahrzeugen als schwierig. Neben dem starken Angebot an Lademöglichkeiten müssen daher E-Autos finanziell attraktiver werden und in einem Massenmarkt zur Verfügung stehen.“
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Kommentar:
Die E-Wirtschaft in Deutschland scheint nicht allzu oft an öffentlichen Ladesäulen viel Zeit verbracht zu haben. Die Realität sieht so aus: Viele Schnellader gehen mit der Leistung in die Knie, wenn viele gleichzeitig laden. Damit wäre eine noch höhere Auslastung als derzeit wahrscheinlich kontraproduktiv (für das E-Autofahrer-Nervenkostüm).
Auch bei den kleineren Wallboxen steht der Ausbau noch in keiner Relation zum weiteren Anstieg der Zahl der Elektrofahrzeuge.
Und: Die „geringe Auslastung“ bedeutet, dass man überhaupt relativ leicht eine freue Ladesäule findet – was bei sehr hohen Auslastungen nicht gewährleistet ist. Überhaupt hat der BDEW nicht klar kommuniziert, was 3 oder 35 % Auslastung bedeuten. Wie werden die Nachtzeiten inkludiert? Welche Häufungen haben sich unter Tags ergeben?
Das Gute ist: Neben der kWh-Abrechnung nach gezapften Kilowattstunden (vergleichbar mit den Litern an der Zapfsäule) ist die Verfügbarkeit der nächste Diskussionspunkt – der GENAUER zu untersuchen ist. So ist es zum Beispiel nicht egal und tw. auch nicht klar, ob man bei einem Schnelladetarif von 0,79 Cent/kWh diesen Preis auch zahlen muss, wenn die Ladesäule bei weitem nicht die Leistung (= Lade-Geschwindigkeit) erreicht, die versprochen wird.
Herbert Starmühler