Der österreichische E-Auto-Club EMC fordert, dass die Abrechnung öffentlicher Ladesäulen nur mehr über tatsächlich geladene Kilowattstunden erfolgen soll.

Tanke-Elektro-Ladestation
An der Elektro-Ladestation wird meistens nach Zeit abgerechnet, nur selten kann man nach kWh bezahlen. Foto: Starmühler

Es ist in der „Steinzeit“ der Elektromobilität ärgerlicher Usus geworden, dass die meisten öffentlichen Ladesäulen nur nach Zeit abrechnen. Während an den Zapfsäulen der Bernzinfraktion nur der Liter zu berappen ist, der auch tatsächlich in den Tank fließt, müssen die Elektrischen mühevoll umrechnen und Ungerechtigkeiten in Kauf nehmen, weil schnelles und langsames Laden (je nach Füllstand der Batterie) unterschiedlich teuer ausfallen. Bezahlen nach Minuten sei aus der Zeit gefallen, argumentiert der EMC, der Elektro-Mobilitäts-Club Österreich. Es sei vielmehr nun schnell auf die kWh-Berechnung umzusteigen:

Technisches Wissen an der Ladesäule erforderlich
„Die überwiegend gängige Praxis der Verrechnung nach Zeit erfordert, dass Elektrofahrzeugfahrer sowohl die technische Ausrüstung ihres Fahrzeugs im Detail kennen (z.B. ein-, zwei- oder dreiphasiger Lader) als auch abschätzen können, wie sich der aktuelle Akku-Ladestand und die Akku-Temperatur auf die Ladezeit auswirken wird. Für den Elektrofahrzeugfahrer ist es wesentlich einfacher, einen Vergleich anhand der Energiemenge (kWh) anzustellen.“

So wie in Deutschland sollte auch in Österreich die Verrechnung nach bezogener Energiemenge (kWh) gesetzlich vorgeschrieben werden. EMC

Dem will die Anbieterseite, also insbesondere die Energie-Versorgungsunternehmen nicht so ohne weiteres folgen: Die Verzögerungen beim Umstieg auf die kWh-Abrechnung liege an den Problemen der Eich- und Messtechnik, an Gesetzen und an technischen Belangen.  Außerdem wolle man das Vollparken von kostbaren Ladeplätzen verhindern, indem man nach Zeit abrechne.

Pönalen für Stehzeiten
Stimmt nicht, sagt der Elektro-Mobilitäts-Club Österreichisch (EMC) in seiner offiziellen Stellungnahme zum EAG, dem gerade diskutierten Erneuerbaren Ausbau Gesetz : „Der EMC versteht, dass Ladestationsbetreiber Interesse daran haben, dass Ladepunkte nach der Aufladung wieder zügig freigegeben werden. Das kann man aus unserer Sicht am effektivsten mit zeitbasierten Pönalen bewirken, die allerdings erst nach Abschluss des Ladevorgang plus Toleranzzeit anfallen.“

E Ladesäule Bisamberg 2020Verrechnung nach kWh – Eichrecht anpassen
Der EMC empfiehlt  - so wie in Deutschland - die Verrechnung nach bezogener Energiemenge (kWh) (mit einer entsprechenden Übergangsfrist) gesetzlich vorzuschreiben: „In diesem Zusammenhang sollte auch (falls nötig) das österreichische Eichrecht angepasst werden, das laut Rechtsmeinung des BEÖ eine landespezifische eichrechtliche Zulassung erfordert, anstatt eine bereits bestehende europaweit einheitliche MID-Zertifizierung (EU Measurement Instruments Directive) zu akzeptieren.“

kWh-Abrechnung auch schon als Übergangsregelung
„Das ist insbesondere deswegen grotesk“ erklärt der EMC weiter, „weil die primäre, für eine Verrechnung nötige Messung der Energiemenge zwar EU-weit per MID geregelt ist, aber laut BEÖ eine darüberhinausgehende Möglichkeit zur Messung der aktuellen Leistung (mit rein informativem Charakter) dann eine jeweilige nationale eichrechtliche Zulassung erzwingt. Eine rein informative, nicht zur Verrechnung verwendete Messung sollte keineswegs dazu führen, dass eine landespezifische eichrechtliche Zulassung zusätzlich zur bereits erfolgten EU-Zertifizierung nötig wird. Zumindest sollte es möglich sein, dass bereits in Deutschland eichrechtlich zugelassene AC- bzw. DC-Zähleinrichtungen auch automatisch für den Betrieb in Österreich zugelassen werden. Der EMC empfiehlt die Aufnahme in den Entwurf einer Übergangsbestimmung (bis zur entsprechend Adaption des Eichrechtes), welche die befristete Zulassung einer europaweit einheitlichen MID-Zertifizierung für Energiemengenzähler in Ladeequipment, regelt.“

Warum nicht mit Bankomatkarte zahlen?
Aber der gemeine Elektroauto-Besitzer wundert sich auch über eine zweite „Steinzeit“-Lösung: Warum kann man bei den öffentlichen Ladesäulen von EVN, Energie AG und Co. nicht mit Bankomat- oder Kreditkarten bezahlen? Das will schon der EAG-Entwurf des Klima Ministeriums (Leonore Gewessler) ermöglichen, der EMC präzisiert das aber:

„Der EMC empfiehlt vorranging die Kartenzahlung vor Ort z.B. durch ein „Bankomatkarten-Terminal“, Kreditkarte, oder über ähnliche Dienstleister“.

1 Minute muss reichen
„Im Sinnes der Einfachheit für den Elektrofahrzeugnutzer wäre es wichtig, dass die spontane Nutzung eines Ladepunktes sehr rasch und unkompliziert möglich ist. Ziel muss sein, dass eine Freischaltung des Ladepunktes, auch unter widrigen Bedingungen, spätestens nach 1 Minute möglich ist. Die zu erfassenden Daten sollten auf ein Minimum reduziert werden.“

Kernsatz dazu vom österreichischen Elektro-Mobilitäts-Club: „Der EMC empfiehlt vorranging die Kartenzahlung vor-Ort (z.B. durch ein „Bankomatkarten-Terminal“, Kreditkarte, oder über ähnliche Dienstleister (z.B. Paypal).“

Die Belegpflicht sei bisher ein gerne von Ladestationsbetreibern vorgebrachtes Thema, um punktuelle Aufladen ohne Vertragsverhältnis abzulehnen. Der EMC regt daher an, falls nötig, auch die Belegpflicht pragmatisch und praxisgerecht anzupassen. So wäre es aus EMC-Sicht sehr einfach möglich, im Zuge der Freischaltung per Smartphone auch einen Link zu einem Rechnungsbeleg zu übermitteln bzw. die Eingabe einer Email Adresse für den Beleg anzubieten.

https://www.emcaustria.at/

(hst)

 

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