Gut Ding braucht Weile, heißt es. Es existieren auch weniger standesgemäße Ratschläge (z.B.: „Vom Hudeln kommen die Kinder“), die aber alle nichts anderes singen als ein Loblied auf die Geduld. Oder auf die Gemütlichkeit.
Wie sehr Sie, Frau Landeshauptmann (Herr Landeshauptfrau?) diesem Rat dankenswerterweise folgen, möchten wir der geneigten Leser*innenschaft an einem Beispiel zeigen.
Es gibt in Niederösterreich mit dem Stromnetz der Netz NÖ einen Monopolisten, an dem man nicht vorbeikommt, wenn hier irgendetwas über ein Stromnetz geliefert werden soll. Die Europäische Union hat vor einigen Jahren ihren Mitgliedsländern vorgeschrieben, dass sie die Energie-Netze von den Energiel-Lieferanten trennen müssen, um Monopole aufzubrechen. Das hat man in Niederösterreich elegant gelöst: Der Strom(und Gas-)lieferant EVN hat jetzt eine Subfirma und die heißt Netz NÖ GmbH. Dort steht auf der Webseite: „Die Geschäftsanteile der Netz Niederösterreich GmbH werden zur Gänze von EVN AG gehalten.“
Ok, soweit so niederösterreichisch. Und die EVN AG? Wem gehört sie? Website EVN: „Die Mehrheit von 51 % des Aktienkapitals gehört dem Land Niederösterreich.“ Knapp 30 % gehören der Wien Energie und ca. 20 % sind Streubesitz.
Daher dürfen wir uns mit unserem Dank an Sie wenden, werte Frau Landeshauptfrau*mann, denn Sie sind die Chefin im Land und damit schaffen Sie bei der EVN an.
Gefühlt seit der Corona-Zeit haben Sie in der EVN und insbesonders im EVN-Netz die Achtsamkeit ausgerufen: Dem Bürger soll ausreichend Zeit zum Nachdenken gegeben werden. Wenn ein*e Bürger*in etwas vom Netz NÖ haben möchte oder irgendeine Idee vorbringen will oder sich – Pröll behüte – beschweren will, so schreibt das Amt nun immer einen elektronischen Brief, der die Geduld als Tugend ins Treffen führt. Die Formulierung ist diese:
„Ihre Nachricht ist bei uns angekommen und befindet sich in guten Händen."
Das ist eine sehr schöne Geste. Der Bürger und die Bürgerin haben nun das wohlige Gefühl, dass das Amt für eine*n da ist. Und dann folgt schon der erste Hinweis auf die Tugend der Gelassenheit:
„Zur Zeit kommt es sowohl am EVN Service Telefon als auch per E-Mail zu längeren Wartezeiten.
Aber keine Sorge: Alle unsere Serviceberaterinnen und Serviceberater arbeiten mit Hochdruck an telefonischen und schriftlichen Kundenanfragen und Ihre Anfrage wird verlässlich beantwortet!“
So passt das. Zurücklehnen, abwarten, die Zeit genießen. Und nicht keck werden:
„Bitte senden Sie uns in der Zwischenzeit keine Anfragen mit demselben Inhalt, so können wir uns voll und ganz auf die Lösung Ihres ursprünglichen Anliegens konzentrieren.“
Ist das nicht wunderbar? Das Amt möchte sich „voll und ganz“ der Lösung meines Anliegens widmen. Toll!
Sicher, wir haben Kunde bekommen von Leser*innen, die viele Monate auf diese Lösung gewartet haben und heute noch warten. Auch der verwegene Mut, das Amt telefonisch zur Auskunft zu bewegen, wie denn die Sache nun stünde, hat in der Regel keinerlei Erfolg. Die netten Damen, die nach einer halbstündigen Telefonantwortschleifenwartezeit am anderen Ende der Coldline abhuben, verweisen auf laufende Prozesse und die Ordnung, die eh alles habe. Warten Sie nur ein wenig!
Es soll sogar Bürger und Bürgerinnen geben, die jene oben skizzierten Nachrichten vom Amt sammeln, so viele trudeln im Lauf der Zeit ein.
Auch dieser Fall ist aktenkundig: Jemand bekommt vom Netz NÖ EVN eine Nachzahlung von über 2.000 Euro, es steht aber nicht darauf, wofür. Das Männlein vom Amt verspricht, dass die zuständige Fachabteilung am Montag anrufen werde. Am Montag ruft keiner an, an den folgenden Montagen auch nicht. Auf die schriftliche Urgenz kommt aber dann doch ein*e Email: „Ihre Nachricht ist bei uns angekommen und befindet sich in guten Händen." ...
Liebe Frau Landeshauptmann! Das ist gut. Das ist sehr gut. Der Bürger neigt nämlich manchmal zu unvorteilhafter Eile. Die Bürgerin will zu viel zu schnell. Sie haben das System der Netz NÖ/EVN zurückgeschaltet auf das rechte Maß. Das ist klug und weise.
Vielleicht eine Anregung: Sollten wir nicht, der Volksgesundheit wegen, noch einen Gang zurückschalten? Wären nicht Briefe (handgeschrieben?) die bessere Wahl für die Verständigung, die Kommunikation? Es müssen ja nicht gleich Brieftauben sein.
Mit besten Grüßen
Herbert Starmühler
energie-bau.com
Übrigens: Wann kommen die genauen Vorschriften für die Nicht-Verwendung des Gender-Sterns in Niederösterreich? Ihr Koalitionslebenspartner Udo Waldhäusel („Genderstern, Binnen-I und Co sind widersinnig und gehen an den echten Problemen und Sorgen der Familien meilenweit vorbei.“) hat das doch versprochen? Wir sind verunsichert.