Kommentar von Herbert Starmühler
Herausgeber energie:bau Magazin

KOMMENTAR – Warum das Wehgeschrei von Privaten, Gemeinden und Unternehmen über die hohen Energiepreise nicht unerwartet kommt.

Umdenken und Investieren statt Jammern und Fordern. Foto: Herbert Starmühler

Ich habe kein Mitleid mit euch. Außer mit armen Menschen. Oder mit im Geiste armen. Aber ihr in der Mittelschicht, im Herzen von reichen Ländern in Deutschland, Österreich oder Frankreich, ihr, die Gutausgebildeten, die Freizeitreichen, ihr die Wohnungsbesitzer:innen, die Fernreisenden, die Yogakursbesucherinnen in Rom und die Sprachwanderer in Georgien, die Gastronomieliebhaber und Weinkennerinnen – ihr alle macht euch jetzt ins Hemd, weil ein paar Tausender mehr zu berappen sind?

Was habt ihr alle die Umweltschützer belächelt und die jungen Demonstrantinnen? Habt zwar kleine Sorgenfalten aufkommen lassen angesichts der Klimakatastrophen in der Tagesschau, ja, und Mitleid mit den Menschen auf überschwemmten Inseln irgendwo im Pazifik. Ihr habt alles richtig gemacht in Beruf und Familie und wolltet genießen: das große Auto (SUVs sind einfach sicherer), die Flugreise nach Chile (Machu pichu ist ein Muss!) und postet Branzino-Fotos aus dem Piemont (Man gönnt sich doch sonst viel...).

Energie-Diskussionen sind lähmend

Energie-Themen in den abendlichen Diskussionen mit Freunden? Nein, bitte nicht! Da schlafen dir ja schon beim „n“ in „Energie“ die Fußnägel ein! Wie langweilig! Jahrelange, jahrzehntelange Verweigerung als modische Attitüde beim Afterwork-Prosecco, sozusagen den herabschauenden Hund auf die Spaßbremsen mit grauen Haaren und ewig erhobenen Zeigefingern... hahaha.

Und jetzt?

Jetzt soll euch Ignoranten und Verweigerern, euch Hedonisten und Traumwandlerinnen, der Staat helfen? Wer ist das? Das sind auch all die anderen, die ihr Geld nicht nur in Luxusreisen oder Luxusfetzen gesteckt haben, sondern in gaaanz langweilige Energie-Effizienz-Maßnahmen:

> Millionen Privatpersonen haben den Klimaschutz ernst genommen und tausende Euros investiert, um Sonnenenergie auf dem eigenen Hausdach einzufangen. Photovoltaik und Solarthermie nennt man das. Schon gehört?

> Hunderttausende Unternehmer:innen warfen ihre Gasheizungen aus den Kellern, bezahlten neue Pellets-Öfen oder investierten gleich in kleine Kraftwerke vor Ort.

> Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister machten ihre Gemeinden teilweise oder fast zur Gänze unabhängig von Gas- oder Stromnetzen. Autarkie kann gelebt werden. Andere hielten Sonntagsreden und fanden, die kleine PV-Anlage auf dem Kindergartendach sei schon Anlass für große Feierlichkeiten.

Sage keiner und keine, er oder sie habe nichts gewusst, kenne sich nicht aus, habe keine Ahnung. Seit 20 Jahren könnt ihr alle wissen, was der Unterschied zwischen Kilowatt und Kilowattstunde ist. Habt ihr in der Schule gelernt. Und für die Vergesslichen gibt es Google.

Also los: Nicht Jammern und Schreien sondern investieren, umrüsten, einsparen, umdenken. 100 Prozent Erneuerbare Energie JETZT! Das ist die Devise.

Sicher muss jetzt mit Finanzspritzen – rascher! – geholfen werden, damit die Wirtschaft nicht kippt und der Wohlstand allzu schnell verschwindet. Pensionist:innen, Gewerbetreibende und natürlich auch der Mittelstand ist in großer Not. Doch langsam sollten wir schon zu einem Fördersystem kommen, das die Willigen bevorzugt und die Wurstigen belastet. 

 

 

 

 

 

Herbert Starmühler

Dr. Herbert Starmühler

Herausgeber energie:bau Magazin

ist Herausgeber dieser Publikation energie-bau.at und verschiedener Fachmagazine im Bereich Technik, Architektur und Energieeffizienz. Als seit Jahren leidenschaftlicher E-Auto-Fahrer und Bezieher eigenen Sonnenstroms ist der Journalist jederzeit für innovative Ideen zu begeistern und holt sich beim Networken gerne Inspiration für neue Projekte.