Kommentar von Herbert Starmühler
Herausgeber energie:bau Magazin

KOMMENTAR: Das Wasserstoff-Auto wird gerade beerdigt, teure Operationen verlängern nur mehr das Siechtum.

Toyota Mirai
Schön aber nicht zu haben: Toyota Mirai. Foto: toyota.at

Ausgeträumt. So schön haben sich Techniker über Jahrzehnte die Automobilwelt zurechtgewünscht, haben geschwärmt von reinem Wasser, das einzig noch aus dem Auspuff tropft und haben die Nebenwirkungen übersehen oder kleingeredet. Ein Auto, das mitgeführten Wasserstoff mittels Bordkraftwerk in Strom verwandelt, um den elektrischen Motor zu betreiben, ist leider zu teuer, zu komplex, zu ineffizient.

Bis vor einigen Monaten, als absehbar wurde, dass das Elektrofahrzeug, das einfache Batterieauto, begann, allen Wettberwerbern im Rennen um die umweltfreundlichsten Kilometer rasend schnell davonzufahren, warfen die H2-Haudegen noch die letzten Milliarden einem Fahrzeug nach, das schon knapp vor der Wand angekommen war, auf die es zurast.

Toyota Autos Palette 2020

Die Fahrzeuge, die von Toyota in Österreich lieferbar sind (Stand: 26.11.2020). Der Wasserstoff-Mirai ist dabei – aber man kriegt ihn nicht. Screen: Toyota.at

Batterie-Fahrzeuge gegen Wasserstoff-PKW, das war Brutalität hinter den Kulissen. Mit teuren Studien, noch teureren Marketingkampagnen, geballter Lobbying-Power und jeder Menge fasdenscheiniger Argumente. Doch immer mehr Studien und immer genaueres Hinsehen ergaben folgendes:

  • Wasserstoffautos sind wesentlich ineffizienter als Batterie-Modelle. Die Faustformel: Man bräuchte drei Mal so viele Windräder oder PV-Module um gleich weit zu fahren.

  • Der enorm teure Aufbau einer Wasserstoff-Lade-Netzes in Europa, den USA oder in China würde  sich lange nicht rechnen, wenn überhaupt jemals.

  • Das Reichweiten-Argument sackt gerade in sich zusammen, weil Reichweiten von 600 bis 1.000 Kilometer mit den Batterie-Autos schon in Reichweite sind (derzeit sind 500 km machbar).

Klar, Toyota hält noch Kurs, will in Japan ein H2-Ladenetz aufbauen, andere Hersteller haben ebenfalls noch nicht aufgegeben. Doch andererseits weisen einige Indizien darauf hin, dass Wasserstoff und PKW keine gemeinsame Zukunft haben:

Erstens ist es 2020 für einen Privatmenschen praktisch unmöglich, ein Wasserstoffauto zu kaufen. Versuchen Sie es mal! So wie wir. Eine Anfrage beim Toyotahändler ergab folgende Auskunft: „Der Wasserstoff-Mirai ist in Österreich nicht erhältlich – und das wird sich auch nicht ändern“.

Und zweitens rast der Aktienkurs von Tesla gerade in aberwitzige Höhen. Die Börsen haben die Verbrenner und offenbar auch die Wasserstoff-E-PKW längst abgeschrieben, die Zukunft der Personenkraftwagen ist batterieelektrisch.

Und so verschieben sich die Hoffnungen der Wasserstoff-Befürworter im automobilen Bereich auf die schweren Brummis. Dort könnten Energiedichte, Kraft und Reichweite besser punkten, meinen sie. Doch möglicherweise ereilt sie dasselbe Schicksal wie bei den kleinen Autos. Schon sind immer mehr Batterie-LKW und Elektro-Busse auf den Straßen unterwegs. Oder zumindest in den Startlöchern.

Aber vielleicht kommt ja alles anders und man präsentiert uns demnächst schon einen technologischen Quantensprung für das H2-Auto. Fix ist nix, aber sehr wahrscheinlich auch nicht.

 

Herbert Starmühler

Dr. Herbert Starmühler

Herausgeber energie:bau Magazin

ist Herausgeber dieser Publikation energie-bau.at und verschiedener Fachmagazine im Bereich Technik, Architektur und Energieeffizienz. Als seit Jahren leidenschaftlicher E-Auto-Fahrer und Bezieher eigenen Sonnenstroms ist der Journalist jederzeit für innovative Ideen zu begeistern und holt sich beim Networken gerne Inspiration für neue Projekte.