Kommentar von Rupert Haslinger
AEE Salzburg
Die Ökostrom-Quote stagniert seit 1990. Das zeigt sich, wenn man sich die Zahlen der letzten hundert Jahre ansieht. Wie realistisch ist dann das Ziel 100 % Ökostrom im Jahr 2030?
Wie wollen wir nach 100 Jahren an Stagnation einen Aufstieg schaffen?
Große Ankündigungen machen – ganz kleine Schritte gehen. So kann man die Energiepolitik der letzten 30 Jahre in Österreich beschreiben. Vergleicht man Deutschland und Österreich, zeigt sich: Von 1990 bis 2017 stieg in Deutschland der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostrombedarf von 3,4 % auf 36,2 %.

In absoluten Zahlen steigerte sich die Menge an Ökostrom von 18,9 auf 217,9 Mrd. kWh. Ein Plus von 199 Mrd. kWh bzw. ein Plus von 2.412 kWh je EinwohnerIn.

Engagement in Österreich geringer
In Österreich hingegen fiel von 1990 bis 2017 der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostrombedarf von 65 % auf 63,9 %. Mit Blick auf das Jahr 2016 blieb die Quote konstant. 2016 betrug der Anteil der Erneuerbaren Energien nämlich auch 65 % – wie 1990. In absoluten Zahlen steigerte sich die Menge an Ökostrom von 32,5 auf 49,4 Mrd. kWh.

Ein Plus von 16,9 Mrd. kWh bzw. ein Plus von 1.926 kWh je EinwohnerIn. Daraus lässt sich ableiten, dass erstens in Österreich in den letzten 30 Jahren das Engagement, in den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu investieren, weit geringer war als in Deutschland, und dass zweitens der Strombedarf stetig weiter stieg, sodass sich die Ökostrom-Quote auch nach knapp 30 Jahren nicht erhöht hat. Seit 2012 stagniert zudem die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien bei rund 50 Mrd. kWh. Folglich sinkt die Ökostrom-Quote, da der Strombedarf in Summe ja steigt.

Blick in die Vergangenheit
Nachdem Österreich im Jahr 1995 der Europäischen Union beigetreten war, galt es Anfang der 2000-er Jahre die Richtlinie 2001/77/EG umzusetzen. Diese Richtliniesah einen Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energiequellen am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2010 von 78,1 % vor.

Tatsächlich lag der Anteil im Jahr 2010 aber dann bei knapp 60 %, er sank sogar unter das Ziel des Referenzjahres von 66 % im Jahr 1997. Die festgeschriebene Ökostrom-Quote von 78,1 % wurde also nie erreicht – bis heute. Alsdann wurde im Jahr 2010 vom Wirtschafts- und Umweltministerium eine „Energiestrategie Österreich“ vorgestellt.

Der Anteil Erneuerbarer Energie sollte von 28,8 % im Jahr 2008 auf mindestens 34 % des Endenergiebedarfs im Jahr 2020 steigen. Rechnerisch ergibt sich ein ableitbares Ziel von 80,7 % für den Anteil Erneuerbarer Energie an der Stromerzeugung. Ein Ziel, von dem man erneut weit entfernt ist.

Controlling notwendig
Der Blick in die Vergangenheit zeigt auf: An Strategien hat es nicht gemangelt. Viel notwendiger wäre aber eine laufende Überprüfung der (Zwischen-)Ziele, um bei Zielabweichungen konkret reagieren zu können. Mit der neuen Regierung kam aber kein zielgerichtetes Controlling, sondern eine neue Klima- und Energiestrategie im Juni 2018.

Bis zum Jahr 2030 soll demnach der nationale Gesamtstromverbrauch zu 100 % (national bilanziell) aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt sein. Detaillierte Ausbauziele für Wasser- und Windkraftanlagen sowie Photovoltaik- und Biomasse-Anlagen findet man in der Strategie nicht. Gleichwohl soll diese Strategie – im Einklang mit den EU-Vorgaben zu den nationalen Energie- und Klimaplänen – alle fünf Jahre durch die Bundesregierung evaluiert werden.

Der Verband Erneuerbare Energie Österreich merkt deshalb zu Recht an, dass es klare Ziele und Zeitpläne für die Umsetzung geben muss und diese dann auch fortlaufend evaluiert werden müssen. Tatsache ist: Das technische Ausbaupotenzial bis 2030 beträgt bei den Erneuerbaren Energien über 45 Mrd. kWh. Es würden davon rund 30 Mrd. kWh benötigt, um das 100-%-Ziel für 2030 zu erreichen.

Also ein konkretes Ziel von 30 Mrd. kWh im Zeitraum von 2018 bis 2030. Wir blicken zurück: Von 1990 bis 2017 betrug das Plus an Ökostrom rund 17 Mrd. kWh. Der Ausbau müsste nun um den Faktor vier schneller erfolgen als in der Vergangenheit. Ein erreichbares oder ewiges Ziel? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Rupert Haslinger

Rupert Haslinger

AEE Salzburg

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