Autofrei, aus Holz und sozial nachhaltig. Die Hummelkaserne in Graz wurde generalüberholt und zum günstigen Zuhause für die neuen Mieter_innen.
Serie: Hummelkaserne
Die Bewohner der 92 geförderten Wohnungen auf dem Gelände der ehemaligen Grazer Hummelkaserne freuen sich über günstige Mieten und niedrige Nebenkosten – dank Passivhausstandard. Die vier kompakten Holzbauten kombinieren Nachhaltigkeit, Leistbarkeit und architektonischen Anspruch.

Holz und weite Grünflächen bestimmen den Anblick der neuen Hummelkaserne in Graz. Foto: Paul Ott
Das 2012 aus einem Wettbewerb als Sieger hervorgegangene Projekt von sps Architekten verteilt vier Baukörper in versetzter Anordnung locker über das ehemalige Kasernengrundstück. Die durchlässige, kleinteilige Bebauung vermittelt gut zwischen den angrenzenden Ein- und Mehrfamilienhäusern und Gewerbebetrieben.

Auch der Durchwegung für Radfahrer und Fußgänger wird so besonders wirksam nachgekommen. Das Areal ist weitgehend autofrei. Unter der zentralen Erschließungsachse befindet sich eine Tiefgarage, an die die unterkellerten Baukörper anschließen.

Baukörper
Die sechsgeschossigen Vierspänner mit gleichem Erschließungskern und ähnlichem Wohnungsmix unterscheiden sich nur in der Erdgeschosszone, die Raum für diverse Nutzungen, von barrierefreien Wohnungen über einen Sozialraum bis hin zur Fahrradgarage, bietet. Doch wie kann der Spagat zwischen den hohen Anforderungen an die Nachhaltigkeit bei der gleichzeitig geforderten Leistbarkeit gelingen, ohne dabei die Qualität aus den Augen zu verlieren?

„Gefordert war ein Holzbau, der die Förderkosten der steirischen Wohnbauförderung erfüllt und dabei einen Passivhausstandard hat. Also im Prinzip die eierlegende Wollmilchsau für kein Geld“, steckt Architekt Simon Speigner ab. „Wir haben den Wettbewerb gemeinsam mit einem Generalunternehmer gemacht, der den Preis garantiert hat. Der Vorteil liegt ganz klar in der Kostensicherheit. Der Nachteil ist, dass es in einem finanziell ohnehin sehr engen Korsett später kaum noch Spielräume gibt. Man muss sich schon sehr früh festlegen. Das geht nur mit einem stringenten Entwurf und war eine harte Nuss, weil wir ja trotzdem ästhetische Ansprüche haben.“

Konstruktion
Die Untergeschosse, Lift- und Stiegenhauskerne bestehen aus Stahlbeton, Wand- und Deckenkonstruktionen der Obergeschosse wurden aus vorgefertigten Brettsperrholzelementen (CLT) als Holzmassivbau in Fichte errichtet. Für die Unterzüge kam Buche zum Einsatz, da durch die guten Eigenschaften des Laubholzes die Dimensionierung um ein Drittel niedriger ausfallen konnte als bei einem Weichholzunterzug.

Statisch hängt sich der Holzbau mit sechs Schubblechen je Geschoss an den Stahlbetonkern an. „Sechs Geschosse in Holzbauweise zu errichten ist an sich keine große Sache. Die eigentliche Herausforderung besteht im Brandschutz bzw. in weiterer Folge in der Baubewilligung“, erinnert sich Ing. Harald Knotz, Bauleiter bei Kulmer Holz-Leimbau. „Das war der erste Sechsgeschosser in der Steiermark, da wird auch bei der Erdbebensicherheit ganz genau hingeschaut.

Im Holzbau ist einfach weniger Masse in den Decken, die Verbindungsmittel sind weicher und der Bau ist insgesamt nicht so steif wie ein Betonbau.“ Der Brandschutz wird mit Gipskartonbeplankung im Inneren, Löschwasserbereitstellung in jedem Geschoss und horizontalen Brandriegeln in der Fassade sichergestellt.

Wermutstropfen: Es wäre technisch durchaus möglich gewesen, innen die Holzwände sichtbar zu belassen, was seitens der Architektur auch so vorgesehen war, denn die Vorteile liegen klar auf der Hand. Es wäre billiger, atmosphärischer und verzeiht langfristiger kleine Fehler wie Kratzer oder Nagellöcher. Auf Wunsch der Bauherrschaft musste schlussendlich jedoch der Beplankungstattgegeben werden. (lah)

Leserbriefe, Anmerkungen, Kommentare bitte an redaktion(at)energie-bau.at

ebau newsletter