Bevor Deutschlands Ausstieg aus der Atomenergie auch nur ansatzweise vollzogen ist, droht er schon wieder zu kippen. Die Anzeichen mehren sich, dass der Umstieg auf eine Stromversorgung, die bis 2022 komplett auf Atomenergie verzichtet und dafür zu 35 Prozent auf regenerative Energien setzt, nicht klappen wird.
Ein Drittel des deutschen Stromnetzes arbeitet bereits an der Belastungsgrenze.                                    Foto: Starmühler
Es rumort immer gewaltiger an verschiedenen Fronten. Die Bürger wehren sich an vielen Orten dagegen, dass in ihrer Nähe neue Windkraftanlagen oder dringend notwendige neue Strom-Autobahnen entstehen. Es gibt sogar schon einen Namen für den neuen Protesttyp: „Nimby“, abgeleitet von den Anfangsbuchstaben des englischen Not In My Backyard, zu Deutsch: nicht in meinem Garten.

Schätzungen zufolge arbeitet ein Drittel des deutschen Stromnetzes an der Belastungsgrenze, die Netzbetreiber kalkulieren schon mit Notabschaltungen. Und sie warnen auch, dass sie nicht so schnell neue Leitungen bauen können, wie es durch den rapiden Ausbau von Solar- und Windenergie nötig wäre. Immer häufiger kommt es vor, dass erneuerbare Energien gar nicht mehr ins Netz eingespeist werden können, weil dieses nicht die erforderlichen Kapazitäten aufweist. Im windreichen Schleswig-Holstein mussten die Betreiber auf Grund der Verpflichtungen gemäß dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) deshalb 2011 geschätzte 15 bis 20 Millionen Euro für Ökostrom bezahlen, den sie wegen der Netzüberforderung nicht aufnehmen konnten. Das trifft am Ende alle Stromverbraucher, da sie mit Umlagen die Abnahmegarantie für Ökostrom zahlen müssen.

Der Netzausbau kommt wegen der Proteste und langwierigen Genehmigungsverfahren nur schleppend voran. Von 700 geplanten Kilometern in Schleswig-Holstein sind gerade mal 30 Kilometer gebaut, deutschlandweit sind es gut 200 Kilometer. Die Deutsche Energie-Agentur beziffert den zusätzlichen Bedarf für ein Höchstspannungsnetz aber auf 4450 Kilometer.

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