Der Verfassungsgerichtshof hat die umstrittene Systemnutzungsverordnung im Elektrizitätsgesetz ElWOG 2009 als verfassungswidrig erklärt. Grund ist die unscharfe Aufteilung der Netzgebühren auf Konsumenten und Stromerzeuger.
Netztarife der Stromerzeuger: Im Vergleich mit den europäischen Nachbarn haben österreichische Erzeuger seit 2009 deutliche wirtschaftliche Nachteile.
Diese Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen haben, insbesondere stehen nun Rückforderungen der Windenergieerzeuger an Netzbetreiber im Raum. Mit großer Freude kommentiert IG Windkraft-Geschäftsführer Mag. Stefan Moidl die vergangene Woche zugestellte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes betreffend Stromnetzgebühren: "Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist ein erster großer Erfolg in dieser Angelegenheit, nun geht die Sache weiter und wir warten auf die nächste Entscheidung bezüglich der Verordnungen." "Es ist zu erwarten, dass der Verfassungsgerichtshof nach dem Gesetz auch die auf dem Gesetz beruhenden Systemnutzungstarife-Verordnungen aufheben wird. Ihnen fehlt nun die gesetzliche Grundlage", erläutert der renommierte Energierechtsexperte Dr. Paul Oberndorfer aus Linz. Dann stehen Rückforderungen der Erzeuger an Netzbetreiber im Raum, denn grundsätzlich ist es so, dass alle Anlassfälle für Verfahren beim VfGH auch die von ihnen bekämpften Zahlungen zurückfordern können.

"Aus Sicht der Windkraft bedarf es nun auch einer Reparatur des neuen Elektrizitätsgesetzes ElWOG 2010, auch wenn es nicht Gegenstand der Entscheidung war. Die ungerechte Belastung der Windkraft muss beseitigt werden. Die Benachteiligung der heimischen Stromerzeugung gegenüber von Importstrom, der auch oft Atomstrom ist, muss rasch aufgehoben werden", so Moidl. Europaweit ist es so, dass die Netzgebühren ausschließlich oder vorwiegend über die Konsumenten aufgebracht werden und nicht über die Erzeuger. Die österreichische Regelung führt daher zu einer Benachteiligung der heimischen Stromerzeuger im internationalen Wettbewerb. Dies sollte aus Sicht der IG Windkraft neu diskutiert werden.

Die 2009 unerwartet eingeführte Neuordnung der Strom-Netzgebühren reduzierte die Wirtschaftlichkeit von Windkraftprojekten drastisch. Bis dahin waren wesentliche Komponenten der Systemnutzungsgebühren von den Verbrauchern und nicht von den Erzeugern zu tragen. Seither mussten Erzeuger deutlich mehr bezahlen, was eine Benachteiligung der heimischen Stromerzeuger gegenüber europäischen Mitbewerbern bedeutete. Windenergieerzeuger sind besonders betroffen. Die Windenergieerzeuger sahen schwere Mängel und Verfassungswidrigkeiten der dieser Neuregelung zugrunde liegenden Systemnutzungstarife-Verordnung der E-Control Kommission sowie der gesetzlichen Grundlage (Elektrizitätsgesetz ElWOG). Viele Unternehmen beschritten den Rechtsweg. Der Verfassungsgerichtshof hat nun die Tarifbestimmungen des Elektrizitätsgesetzes ElWOG, die die Grundlage für die Vorschreibung von Netzverlustentgelt an Erzeuger bilden, als zu unbestimmt aufgehoben.

Die Wirtschaftlichkeit vieler Windprojekte ist massiv beeinträchtigt, weil sie einen fixen Einspeisetarif erhalten und diese nicht absehenbaren Mehrkosten nicht weitergeben können. Der Gewinn der Unternehmen ist oftmals auf die Hälfte oder mehr eingebrochen. Martin Steininger, Vorstand der Windkraft Simonsfeld AG, eines Weinviertler Unternehmens mit 35 Mitarbeitern und 1600 Aktionären: "Bei unserem Unternehmen belaufen sich die Aufwendungen für Netzgebühren und damit zusammenhängende Kosten für das Rechtsverfahren jährlich auf rund 600.000 Euro, das sind schon einmal fast 50 % des Gewinnes gewesen. Wir wissen von anderen Windunternehmen, dass der Anteil dort teilweise noch größer war. Wir haben in den letzten Jahren 135 Millionen Euro investiert und auf die uns im Ökostromgesetz zugesicherten Rahmenbedingungen vertraut. Diese Mehrkosten waren für uns niemals absehbar. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sind wir nun zuversichtlich, dass wir sie zurückfordern können."

Unabhängig von den laufenden Streitfragen wünscht man sich bei der IG Windkraft eine grundsätzliche politische Diskussion über die Netzgebühren, um eine zufriedenstellende und langfristige Lösung zu erzielen.

Weitere Informationen: igwindkraft.at


Leserbriefe, Anmerkungen, Kommentare bitte an redaktion(at)energie-bau.at

ebau newsletter