In einem ORF-Interview vom 7.12.2025 wurde ein Interview mit dem ehemaligen OMV-Chef Gerhard Roiss geführt, das mit der Energiewende vertrauten Personen schwer in der Magengrube liegen dürfte, gibt es doch einen tiefen Einblick in die Denkmuster der mächtigen alten Männer, die weiterhin an den wichtigen Schaltstellen der Republik sitzen und dort über ihre rückwärtsgewandten Machtphantasien schwadronieren können.
Obwohl wir seit Jahrzehnten gewohnt sind, dass zur Stoßzeit Verkehrsstaus unvermeidlich sind, würden wir - jedenfalls in Österreich - kaum auf die Idee kommen, beliebig viele Spuren zusätzlich zu bauen.
Während in den unterschiedlichsten Lebensbereichen immer klarer und dringlicher wird, dass wir eine Rückkehr von den zunehmend dysfunktionalen und kollabierenden globalen Strukturen hin zu schlanken, regionalen und nachhaltigen Lösungen benötigen, hören wir im vorliegenden Interview doch tatsächlich, dass aus den derzeit etwa 100 in Österreich existierenden Verteilnetzbetreibern ein Monopol geschaffen werden soll. Zum Verständnis dazu ein kleiner Blick in die Vergangenheit:
Zerschlagung der ehemaligen "Stadtwerke"
Bis fast zum Ende des 20. Jahrhunderts erfolgte die Erbringung kommunaler Dienstleistungen, zu denen eben auch die Energiedienstleistungen gehören, durch höchst effiziente Unternehmungen, für die das, was wir heute "Sektorkopplung" nennen, selbstverständlich war. Alle Sparten befanden sich unter einem Dach, Synergien und Lösungen konnten am kurzen Weg umgesetzt werden, Regionalität war dabei ein hoher Wert. Erst durch die überbordende Deregulierungswut wurden diese hoch funktionalen Konstrukte zerschlagen.
Energie wird heute, so wie praktische alle Güter in allen unseren Lebensbereichen, über Tausende von Kilometern transportiert, ohne sich Überlegungen zur Kostenwahrheit oder auch nur zu den Implikationen der Physik zu machen. Natürlich stößt das irgendwann an seine Grenzen, und im Stromnetz ist genau jetzt dieser Moment gekommen, zu dem es massiver Strukturveränderungen bedarf.
Falscher Weg zum Monopol
Diesbezüglich hat Herr Roiss natürlich recht. Allerdings schlägt er mit seinem Gedankengang, die österreichweit agierenden Verteilnetzbetreiber einfach in einem neuen Monopol aufgehen zu lassen, genau den falschen, wiewohl aus seiner Machtposition nachvollziehbaren Weg vor.
Dazu mag das Beispiel mit den früheren, bis in die 1960er-Jahre anzutreffenden Eiskästen dienlich sein:
Eiskasten versus Kühlschrank
Ich wuchs als Babyboomer in den 1960er-Jahren in Wien auf. Damals gehörte zum Stadtbild, dass praktisch täglich der "Eismann" kam, ein sonnengebräunter Mann mit einem Handtuch auf der Schulter, auf dem ein mächtiger Eisblock lag, der in der Küche in den Eiskasten geschoben für mehrere Tage Kühlung sorgte.
Im Haushalt meiner Eltern gab es hingegen bereits einen Kompressorkühlschrank, der diese umständliche und wohl auch teure Logistik überflüssig machte. Die vormals wirklich eindrucksvollen Eisfabriken, die es an unterschiedlichsten Plätzen in der Stadt gab, tragen bisweilen noch ihren alten Namen, sind aber zumeist schön renovierte Wohngebäude geworden.
Heute sind Kühlmöbel in jedem Haushalt eine Selbstverständlichkeit, die jeder Diskussion entbehrt.
Dieses Beispiel lehrt uns zweierlei: Erstens ist eine Neuerung, deren Zeit gekommen ist, nicht aufzuhalten und zweitens laufen solche Transformationen nicht linear, sondern mit exponenziell zunehmender Geschwindigkeit ab, sodass wir mit unserem alten linearen Denken einfach völlig überfordert sind.
Da bedarf es schon einem hohen Maß an visionärem Denken, um solche Vorgänge richtig einzuordnen. Genau dieses visionäre Denken fehlt unseren mächtigen alten Männern, die glauben, das Alte festhalten zu können, leider völlig!
Von welchen Netzbetreibern reden wir überhaupt?
Auch im Sinn des alten Denkmusters ist es, diese Diskussion gar nicht differenziert zu führen. Tatsächlich ist es nämlich so, dass nicht nur unser Stromnetz in unterschiedlichen Ebenen, den sogenannten Netzebenen strukturiert ist, sondern diese verschiedenen Netzebenen auch von unterschiedlichen Unternehmen betrieben werden.
Und auch hier wäre wohl das Ansinnen der mächtigen alten Männer, DAS ALLES in ein Monopol zusammenzufassen.
Tatsache ist aber auch in diesem Lebensbereich, dass schlanke, regionale, nachhaltig agierende Unternehmen langfristig eine wesentlich bessere Geschäftsgebahrung vorweisen können werden, weil sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und nicht den ganzen Bauchladen an unterschiedlichen Aufgaben erfüllen müssen.
Regionalisierung heißt die Devise
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