Kommentar von Andreas Kreutzer

EXKLUSIV-ANALYSE: Trotz eines zwischenzeitlichen Lockdown auf vielen Baustellen und anhaltender Restriktionen am Bau, könnte die Coronakrise auf manchen Märkten für eine Stimulierung der Nachfrage sorgen. Eine Analyse von Andreas Kreutzer für www.energie-bau.at

Corona pusht die Heizungen, die Rechnung könnte aufgehen. Foto: Starmühler_autark

Andreas Kreutzer BranchenradarDie Auswirkungen der Covid-19-Pandemie werden im heurigen Jahr auch am Bau nicht spurlos vorüber gehen. Möglicherweise weniger, weil viele Baustellen einige Wochen still standen. Eher schon, weil das wieder Hochfahren langsamer vonstatten geht als erwartet, weil da und dort die benötigten Baumaterialien und Geräte nicht rechtzeitig angeliefert werden konnten und die Abstandsregeln einen Vollbetrieb nach wie vor nicht zulassen. Zudem besteht hohe Unsicherheit hinsichtlich der mittelfristigen Investitionslage.

Zuerst einmal ein Absturz
In einer Anfang Mai veröffentlichten „Corona-Prognose“ hat BRANCHENRADAR.com Markt-analyse die erwarteten Umsatzeinbußen für 25 bauorientierte Warengruppen veröffentlicht. Sieht man von negativen Ausreißern wie bspw. Fertigteilhäuser und Industrietore ab, ist in den meisten Märkten mit einem Umsatzminus zwischen drei und sieben Prozent gegenüber Vorjahr zu rechnen. Der Rückgang ist umso deutlicher, je größer der Absatzanteil der Produkte im Neubau beziehungsweise generell im Objekt ist. Produkte, die hauptsächlich im DIY oder von kleinen und mittleren Handwerksbetrieben bei privaten Kunden verarbeitet werden, sind von der Krise indessen weniger betroffen. Auch Märkte, die vor Corona eine dynamische Nachfrageentwicklung aufwiesen, überstehen den Shutdown wahrscheinlich vergleichsweise glimpflich.

Aber nun Stimulierung dirch Corona
In einigen Warengruppen könnten indessen die erzwungenen Quarantänemaßnahmen einschließlich Homeoffice, im laufenden Jahr noch für eine Stimulierung der Nachfrage sorgen. Denn durch die erzwungenen Quarantänemaßnahmen einschließlich Homeoffice haben sich wohl viele Haushalte wieder stärker mit der Qualität ihres Zuhauses auseinander gesetzt. Und möglicherweise fiel dann auf, dass da und dort ein neuer Anstrich fällig ist, Fassade, Dach oder Fenster sanierungsbedürftig sind und das Bad eigentlich erneuert werden sollte. Und falls der Sommerurlaub heuer schon ins Wasser fällt, könnte mit dem ersparten Geld das Zuhause etwas aufgemöbelt werden. Zudem setzt die Bundesregierung jetzt alles daran die Konjunktur wieder anzukurbeln und schickt dafür unter anderem ein Förderungspaket im Ausmaß von mehr als 140 Millionen Euro auf den Weg. Alleine 100 Millionen Euro davon sind für die Heizungsmodernisierung reserviert.

Branchenradar Tabelle Mai 2020
Aktuelle Prognose zur Umsatzentwicklung zu Herstellerpreisen: Die Prognosen für Heizkessel u.a. sind nun besser als vor der Krise.

Im Windschatten der Krise
Wenn alles klappt und auch im November und Dezember auf den Baustellen uneingeschränkt gearbeitet werden kann, könnten daher einige Industrien, quasi im Windschatten der Krise, nach vorne ziehen. Potentielle Kandidaten dafür sind zweifelsohne Anbieter von Energie- und Wärmeeinrichtungen, also neben Herstellern umweltfreundlicher Heizkesseln und Wärmepumpen auch Erzeuger von Solaranlagen oder Warmwasserspeichern. Für 2020 prognostizierte BRANCHENRADAR.com Marktanalyse vor Corona für Heizkessel ein Umsatzplus von rund drei Prozent gegenüber Vorjahr. Aus heutiger Sicht sind plus fünf Prozent nicht unrealistisch. Ein ähnlicher Anstieg der Erlöse ist auch bei Warmwasserspeichern zu erwarten. Bisher gingen die Experten von moderaten plus 2,5 Prozent gegenüber Vor-jahr aus. Bei Wärmepumpen könnte sich der bereits seit Jahren anhaltende Aufschwung, von im Herbst 2019 in Aussicht gestellten knapp fünf Prozent gegenüber Vorjahr, nun sogar nahezu verdoppeln. Letztendlich könnten die Märkte für Photovoltaik und thermische Solaranlagen nach Jahren mit rückläufiger Umsatzentwicklung wieder signifikant ins Plus drehen.

Auch Farben und Lacke leen zu
Darüber hinaus könnten jedoch noch weitere Märkte von den außergewöhnlichen Rahmenbedingungen im heurigen Jahr profitieren. So erwarten wir beispielsweise bei Farben und Lacke für bauliche Zwecke eine leichte Beschleunigung der Nachfrage gegenüber den bisherigen Annahmen. Ähnliches gilt für alle Produkte im Segment „Grünraum“ und Interieur (bspw. Bodenbeläge).

Lage der Dämmstoffe schwieriger
Große Unsicherheit herrscht aktuell hingegen noch hinsichtlich der kurzfristigen Entwicklung bei energetischen Produkten für die Gebäudehülle. Für Dämmstoffe lag die Erwartung für 2020, noch im Februar des heurigen Jahres, bei einem Umsatzplus von zwei Prozent, für WDVS bei plus 2,5 Prozent gegenüber Vorjahr. Die Prognose für Fenster lautete plus 3,2 Prozent gegenüber Vorjahr. Den Herstellern von Dachmaterial für geneigte Dächer wurden knapp drei Prozent Wachstum in Aussicht gestellt. Aus heutiger Sicht sind die Zahlen nicht zu halten. Ob es jedoch tatsächlich zu einem Abschwung kommt ist noch nicht ausgemacht. Wenn die Hersteller die Investitionen in Werbung und Verkaufsförderung intensivieren, könnte der erwartete Rückgang im Neubau durch vermehrte private Investitionen am Sanierungsmarkt abgefangen werden. Denn wer sich alleine auf staatliche Förderungen verlässt, sollte sich nicht zu viel davon erwarten.

Zum Autor:
KREUTZER FISCHER & PARTNER Beraternetzwerk | BRANCHENRADAR.com Marltanalyse
Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer der BRANCHENRADAR.com Marktanalyse GmbH sowie Gründungsmitglied des Beraternetzwerks KREUTZER FISCHER & PARTNER, mit Sitz in Wien.

 

Andreas Kreutzer

Andreas Kreutzer

Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer der BRANCHENRADAR.com Marktanalyse GmbH sowie Gründungsmitglied des Beraternetzwerks KREUTZER FISCHER & PARTNER, mit Sitz in Wien.