Einkäufe werden heutzutage vorzugsweise auf dem Handy erledigt. Die Zustellung erfolgt so schnell wie möglich per Lieferdienst im Paket. Das dickste Paket wird diesbezüglich in China geschnürt: Weil viele Hersteller von Textilien, Spielwaren oder elektronischen Apparaten in China beheimatet sind, kommen von dort auch die meisten Pakete. Die nach Europa gelieferten Pakete stammen zu über 50% aus China, v. a. durch AliExpress, Shein und Temu.
Nun meldete die Zeitung China daily“ einen neuen Paketrekord: 95 Milliarden Stück seien in den ersten 6 Monaten des Jahres 2025 abgefertigt und geliefert worden, ein Anstieg von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr, habe das State Post Bureau von China nun mitgeteilt.
520 Millionen Pakete pro Tag
China Daily schreibt: „Das Liefernetz des Landes verarbeitete durchschnittlich mehr als 520 Millionen Pakete pro Tag und übertraf die 50-Milliarden-Marke um 18 Tage früher als im Vorjahr.“
Was als Jubelmeldung für die „Stimulation des Konsums“ dargestellt wird, hat allerdings auch Umweltauswirkungen.
Energiebereitstellung: Ein gewaltiger Bedarf
Die schiere Menge an Paketen erfordert einen immensen Energieaufwand entlang der gesamten Lieferkette:
• Logistikzentren und Sortieranlagen:
Der Betrieb von Logistikzentren, Sortierbändern und automatisierten Lagersystemen benötigt große Mengen an Strom für Beleuchtung, Klimatisierung und Fördertechnik. Obwohl es keine spezifischen Daten zum Energieverbrauch pro Paket in China gibt, ist der Logistiksektor global ein energieintensiver Bereich.
• Transportwege:
Der Transport der Pakete – von den Herstellern über regionale Verteilzentren bis zur "letzten Meile" zum Kunden – ist der größte Energieverbraucher in der Paketlogistik. Hier kommen Lkw, Lieferwagen, aber auch Züge und Flugzeuge zum Einsatz. Chinas Energieversorgung basiert noch zu einem erheblichen Teil auf fossilen Brennstoffen (rund 64,2% im Jahr 2023), was bedeutet, dass ein Großteil dieses Energiebedarfs mit CO2-Emissionen verbunden ist. Die Regierung treibt zwar den Ausbau von Wind- und Solarenergie stark voran (Ziel: zusätzliche 500 GW bis 2025), der Gesamtenergieverbrauch ist jedoch weiterhin massiv.
Umweltbilanz: CO₂-Emissionen und Abfallmengen
Die Auswirkungen auf die Umwelt sind angesichts dieser Paketflut erheblich:
• CO₂-Emissionen:
Jedes Paket verursacht CO₂-Emissionen durch seine Herstellung, Verpackung und vor allem den Transport. Besonders der internationale Versand, oft per Luftfracht, weist eine deutlich schlechtere Klimabilanz pro Paket auf als der nationale Versand. Für China insgesamt lagen die CO₂-Emissionen aus dem Transportsektor 2023 bei rund 1,11 Milliarden Tonnen. Die massive Zunahme des Paketversands trägt direkt zu diesem Wert bei.
• Verpackungsmüll:
Die 95 Milliarden Pakete generieren eine gigantische Menge an Verpackungsmaterial (Karton, Plastik, Füllmaterial). Obwohl China sich um Recycling und Reduzierung von Verpackungsmüll bemüht, stellt die schiere Masse eine enorme Herausforderung für die Abfallwirtschaft dar und belastet die Umwelt.
Luftverkehr: Eine enorme Belastung
Die Rolle des Luftverkehrs im chinesischen Paketversand ist besonders kritisch:
• Steigendes Frachtvolumen:
Ein signifikanter Anteil der Pakete, insbesondere grenzüberschreitende Sendungen oder eilige Lieferungen, wird per Luftfracht transportiert. Dies führt zu einem erheblichen Anstieg des Frachtvolumens im Luftverkehr. Obwohl genaue Zahlen zum Anteil der Pakete an Chinas Luftfrachtvolumen schwer zu beziffern sind, ist der E-Commerce-Boom ein Haupttreiber für das Wachstum der Luftfracht.
• Hohe Emissionen pro Paket:
Luftfracht ist die energieintensivste und emissionsreichste Transportmethode pro Sendung. Die Zunahme der Paketflut bedeutet somit eine Zunahme der durch Flugzeuge verursachten Emissionen. Chinas Luftfahrtindustrie setzt zwar auf nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) und plant eine schrittweise Erhöhung der teilnehmenden Einheiten bis Ende 2025, der Umstieg ist jedoch ein Langzeitprojekt.
• Infrastruktur und Kapazität:
Die hohe Paketmenge belastet auch die Kapazitäten der Flughäfen und Frachtdrehkreuze, was zu potenziellen Verzögerungen und Engpässen führen kann.
Immer mehr, immer schneller, immer frischer
Die Zeitung zitiert einen Landwirt, einen Obstbauer namens Lin: „Wir rennen gegen die Uhr", sagte er, während er Arbeitsboxen beobachteten. „Kunden in Peking oder Shanghai, die heute Bestellungen erteilen, können morgen die Litschee essen.“
Um mit der steigenden Nachfrage und zukürzenden Lieferzeiten Schritt zu halten, haben Kurierunternehmen Investitionen in Infrastruktur und intelligente Logistik gesteigert. Dazu gehörten die Ausweitung der Flugflotten, die Hinzufügen von Eisenbahntransportrouten, die Automatisierung von Sortierzentren, den Bau unbemannter vertikaler Lagerhäuser und das Einsatz von Drohnen und fahrerlosen Lieferfahrzeugen, sagte Abteilungsleiter Zhu aus dem Entwicklungs- und Forschungszentrum des State Post Bureau.
Quellen: China Daily, China State Post Bureau, United States Postal Service (USPS) & FedEx/UPS, Royal Mail (UK), La Poste (Frankreich), Post AG (Deutschland), Amazon Global Logistics Reports, Alibaba Cainiao Network, McKinsey, Bain & Co.



