Die österreichische Bundesregierung hat ein großes Investitionsprogramm gegen den Klimawandel angekündigt. Die Kern-Forderungen des aktuellen Klima-Volksbegehrens sind noch nicht dabei.

Elektromobilität gehört nicht zu den großen Profiteuren der Minister-Plänen – Pelletsofen und Dämmungen eher. Foto: Herbert Starmühler

Bis zum 29.6.2020 kann das Klima-Volksbegehren in den österreichischen Gemeindeämtern unterschrieben werden. Es hat zwar längst die Hürde zur Pflicht-Behandlung im Parlament gemeistert, doch die Initiatoren möchten eine noch breitere Unterstützung für ihre Ziele erreichen.

Die da sind:

  • Ein Recht auf Klimaschutz in der Verfassung
  • Ein verbindliches, wissenschaftlich fundiertes CO2-Budget im Klimaschutzgesetz
  • Einen Klimarechnungshof der die Einhaltung des CO2-Budgets prüft.
  • Einen Klimacheck bestehender und neuer klimarelevanter Gesetze und Verordnungen
  • Kostenwahrheit und eine ökosoziale Steuerreform
  • Den vollständigen Abbau klimaschädigender Subventionen
  • Eine flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität
  • Eine garantierte Finanzierung der Energiewende

Über sich schreiben die Initiator*innen: „Hinter dem Klimavolksbegehren stehen über 700 motivierte Ehrenamtliche und mittlerweile auch zahlreiche NGOs, zivilgesellschaftliche Initiativen und prominente Persönlichkeiten. Gemeinsam setzten wir uns für eine mutige Klimapolitik ein. Dabei möchten wir ALLE Österreicherinnen und Österreicher mitnehmen! Wir verstehen uns als überparteiliche BürgerInnenplattform.“

Viele dieser Forderungen haben mittlerweile eine längere Geschichte. Zumindest einige Teilbereiche will die derzeit amtierende Umweltministerin Leonore Gewessler berücksichtigen und hat sie in der aktuellen Initiative „Klimamilliarden“ vorgestellt.

Jedoch konnte die grüne Ministerin jedenfalls NICHT die CO2-Steuern oder verbindliche CO2-Budgets samt CO2-Klima-Rechnungshof unterbringen. Steuerfreies Flugbenzin und andere direkte oder indirekte Subventionierungen von Treibhausgas-Emittenten sind in Österreich nach wie vor möglich.

Ankündigungen des Ministerium
Gewessler setzt eher auf mehr Förderungen – die allerdings derzeit nichts anderes als Ankündigungen darstellen.
Hier die Beschreibung der „Zwei Klimaschutzmilliarden für Österreich“, wie der Werbetext des Ministeriums lautet.
„Klimaschutzministerin Leonore Gewessler kündigte nach der Regierungsklausur an, dass es in den Jahren 2021 und 2022 jeweils eine Milliarde für den Klimaschutz geben werde. Diese Maßnahme sei ergänzend zu bereits budgetierten Schwerpunkten geplant. Bereits heuer soll mit zusätzlichen Investitionen begonnen werden. Das Gesamtpaket für den Zeitraum bis 2022 ist jedenfalls mit 2,14 Milliarden Euro beziffert. Hinzu kommen Gelder für Öko-Maßnahmen im Gewässerbereich in der Höhe von 75 Millionen Euro.“

Dämmung, Heizkesseltausch und Fernwärme
Und weiter: „Deutlich erhöht werden die Mittel im Bereich der thermischen Sanierung, beim Heizkesseltausch und der Dekarbonisierung der Fern- und Nahwärme. Die dort vorgesehenen Gelder machen mit 750 Millionen Euro einen Großteil des Pakets aus, wobei beim Umstieg auf saubere Heizungen ein besonderer Schwerpunkt auf Ärmere gelegt werden soll, um auch diesen einen Zugang zu ermöglichen. In den kommenden zwei Jahren soll in Österreich zudem eine Sanierungsoffensive gestartet werden. Gewessler kündigte an, dass auch dahingehende rechtliche Barrieren im Wohn- und Mietrecht aus dem Weg geräumt werden sollen.“

Hier die geplante Verteilung der Milliarden 2021 und 2022:

  • 750 Millionen Euro für die Sanierungsoffensive, für die thermische Sanierung, für „Raus aus Öl“, klimafreundliche Nah- und Fernwärme sowie für moderne Heizsystems
  • 250 Millionen Euro für den Ausbau der Erneuerbaren Energien
  • 300 Millionen für Innovationen im Bereich Klimaschutz und Zukunftstechnologien
  • 540 Millionen Euro für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und das 1-2-3-Ticket
  • 100 Millionen Euro für eine Steuersenkung auf Reparaturen
  • 200 Millionen Euro für den Klimaschutz in den Gemeinden

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KOMMENTAR von Herbert Starmühler
Herausgeber www.energie-bau.com

Wie viele Klimaschutz-Volksbegehren wollen wir noch unterschreiben?

Die Forderungen des aktuellen Klimaschutzbegehrens sind richtig, korrekt, interessant und werden (fast) nichts bewirken. Im Gegenteil: Sind es optisch zu wenige, die sich aufs Gemeindeamt bemühen, dann ist´s ein Rückschlag und kann gegen die Willigen gewendet werden. Seht her, das sind gar nicht so viele, die Angst vor dem Klimawandel haben? Wie viele Mandate sind es? Sooo wenige. Gottseidank – wir können weitermachen wie bisher.

Und sind es viele, dann wird man sagen: Oh ja, das bestärkt uns in unserem Kurs!

Welcher Kurs? Die heimische Bundesregierung verfolgt einen Schlingerkurs, was den Umweltschutz betrifft. Oder sagen wir: eine Doppelstrategie.

Anstrengungen werden eher nur dort unternehmen, wo es nicht allzu weh tut. Gerade wurde ein Klimapaket beschlossen, das den Namen nicht verdient und nur einige wenige bevorzugt. Schön für die Land- und Forstwirtschaft, mag sein. Und zu Recht freuen sich die Hersteller von Dämmstoffen oder Pellets sehr über die 750 Millionen Euro, die in den beiden kommenden Jahren für die Sanierungen ausgegeben werden.

Jedoch hier mal ein kleines Rechenbeispiel: Selbst wenn ALLE 750 Millionen Euro für den Austausch von Ölheizungen verwendet werden würden (was sicher nicht der Fall ist), bedeutet das nur einen Umrüstung von 150.000 alten Ölheizungen auf die Holzverbrenner. Wir haben aber 600.000 Ölheizungen in Österreich installiert.

Oder ein anderes Rechenbeispiel: Die angegebenen 13,7 Millionen für die Photovoltaik-Förderung würde bedeuten, dass rund 11.000 kleine 5-kW-Anlagen mit der Förderung ausgestattet werden könnten. Schön, aber wir haben in Österreich rund 2 Millionen Gebäude, davon drei Viertel Einfamilienwohnhäuser.

Die Treibhausgas-Emissionen werden also sowohl beim Heizen als auch bei der Energieerzeugung ziemlich ungeniert weiter in die gute Luft verduften.

Dementsprechend schlecht ist auch die österreichischen Klimabilanz: Nach der Veröffentlichung des europäischen Statistikamtes gehört Österreich zu den ganz wenigen Ländern, in denen MEHR CO2 emittiert wurde als 2018. Nachzulesen hier: Miserables Ergebnis für Österreich 2019: MEHR statt weniger CO2

Soll ich nun ein weiteres Klimaschutz-Volksbegehren unterschreiben? JA! Weil dann doch jede Stimme zählt.

Herbert Starmühler
Herausgeber www.energie-bau.com
herbert@starmuehler.at

 

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