Forschende aus Harvard wollen noch dieses Jahr erste Tests für Solar Geo-Engineering durchführen und die Einstrahlung der Sonne verringern.  
Die Sonnenstrahlung verringern. Wäre das eine Lösung? Foto: Brett Sayles
In den Jahren 535 und 536 nach Christus – nach dem Fall von Westrom und während der Regentschaft von Kaiser Justinian von Ostrom – gab es keinen Sommer. Ernten fielen aus, Kornkammern leerten sich drastisch, Plünderer zogen durchs Land und es ist sogar die Rede von Schneefall im Juni. Der tragische Endpunkt dieses Zeitraums war die justinianische Pest, eine Epidemie mit tragischen Ausmaßen. 

Schuld an diesen ganzen Tragödien – von Hungersnöten bis zur Pest – waren eine Reihe von Vulkanausbrüchen, die so viel Staub in den Himmel geschleudert haben, dass die Sonne nicht mit der gewohnten Kraft hindurchscheinen konnte. Berichte aus dieser Zeit sprechen davon, dass man zwar das Licht sehen, aber nicht ihre Wärme spüren konnte. 

Reproduzierbar?
Dieser Beginn der spät-antiken kleinen Eiszeit, wie sie genannt wird, war tragisch in jeder Hinsicht. Was wäre aber, wenn man den Effekt, der zu ihr geführt hat, in kontrolliertem Umfeld reproduzieren könnte? Wenn man gezielt die Sonne ein wenig „verdunkeln“ und die Einstrahlung von ihr auf die Erde verringern könnte? 

An so einer Lösung arbeiten Forschende der Universität Harvard. In dem sogenannten Stratospheric Controlled Perturbation Experiment (SCoPEx) wollen sie Kalziumkarbonat-Partikel hoch über der Erde injizieren, um so einen Teil der Sonnenstrahlung zurück ins All zu befördern. Ganz ähnlich wie bei einer Vulkaneruption, nur eben kontrolliert. 

Der erste Versuch dafür soll dabei schon in der ersten Jahreshälfte über die Bühne gehen. Darin will das Team rund um Frank Keutsch mehr über die Wirksamkeit und die Risiken von Solar Geo-Engineering herausfinden. Zwar haben sie Daten aus Computersimulationen, diese können aber nicht alles verraten. 

Mankos
Das Positive an dieser Technologie: Sie könnte – wenn sie denn funktioniert – einen guten Plan B für unseren Planeten darstellen. Hierin liegt aber auch die Krux der Sache. In diesem „wenn“. Besorgte Stimmen verweisen darauf, dass die Technologie nicht ohne Probleme sein dürfte. Unter anderem verweisen sie auf die Möglichkeit, dass eine solche Anreicherung der Atmosphäre nicht umkehrbar sein könnte, oder im schlimmsten Fall sogar aus dem Ruder laufen könnte. 

Außerdem gibt es eine Studie der University of Leeds und University of Oxford, die den Effekt von Solar Geo-Engineering auf Photovoltaik-Paneele untersucht hat. Ihrer Forschung zufolge könnte die Technologie den Energie-Output im Schnitt um 5,9 % verringern, da ja auch die Sonneneinstrahlung geschwächt würde. 

Als weiteres Argument dagegen lässt sich noch der mögliche Effekt auf die Politik nennen. Wenn die Entscheidenden wissen, dass es einen Plan B gibt, könnte das dazu führen, dass sie nicht weiter an Plan A – der Verringerung der Emissionen – arbeiten. Dennoch bleibt die Forschung wichtig, denn schließlich ist es gut, einen Plan B zu haben, der nicht die Besiedelung anderer Planeten beinhaltet. (flb)

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