Kommentar von Herbert Starmühler
Herausgeber energie:bau Magazin
Eine der wenigen gesicherten Weisheiten der Elektro-Mobilität lautet: "Langsam laden daheim, schnell laden unterwegs!" Das hat gehörige Konsequenzen für die Gemeinden.
Für flottes Laden unterwegs sollten 22 kW Standard sein. Hier im Bild: Drei verschiedene Stecker mit 20 sowie 22 kW. Foto: Starmühler
Zu den beliebten Argumenten GEGEN die Elektro-Mobilität zählt jenes vom Zusammenbruch der Stromnetze. Und das lautet so: „Wo soll denn der Strom herkommen, wenn plötzlich alle Autos mit Strom tanken?“. Dazu ist folgendes zu sagen: Erstens tanken die Stromautos nicht, weil sie nämlich keinen Tank haben. Dieses eher schmutzige Geschäft überlassen deren BesitzerInnen gerne den noch fossil „tankenden“ GenossInnen, die dazu extra die Erdöltankstellen anfahren müssen (daheim können sie nicht tanken). Zweitens ist das Argument offensichtlich böswillig: Wäre es vorstellbar, dass, sagen wir, am 1. April ALLE Fahrzeuge schlagartig elektrisch betrieben werden? Eben! Der Übergang geschieht (leider) gemächlich und insgesamt ist genug Strom vorhanden für alle. Aber darüber zu einem anderen Zeitpunkt genauer.

Daheim darf's langsam gehen
Heute will ich Ihnen nur mitgeben, worüber sich alle gestandenen Elektrofahrer einig sind: DAHEIM LANGSAM LADEN, UNTERWEGS SCHNELL. Warum? Weil unsere Fahrzeuge ja Stehzeuge sind und ca. 22 bis 23 Stunden am Tag und in der Nacht eben stehen. Sie parken auf der Straße, im Carport, in der Garage. Und sie stehen dort lange und ungestört. Langsames Laden bedeutet: Mit einer Leistung von maximal 3,7 kW reicht das völlig aus. Das schont die Batterien und vor allem das Netz. Denn 3,7 kW zieht man aus der Schukosteckdose.
Für eine halbe Ladung eines üblichen kleinen Elektroautos braucht es vier, fünf Stunden, dann ist der Akku wieder voll. Niemand braucht also zuhause einen Schnelllader.
Wir brauchen 50 kW
Ganz anders sind die öffentlichen Ladungen, das Laden unterwegs. Hier sollten, ja müssten die Ladesäulen bei Bedarf mehr hergeben als 3,7 kW. Denn wer will unterwegs stundenlang an der Ladesäule stehen? Unterwegs, in Ballungszentren oder an den Autobahnen, sind 22 kW ein unteres Limit, eigentlich müssten es mindestens überall 50 kW sein, also die „Schnelllader“ wie sie heute noch von manchen Betreibern genannt werden. Dass die Stadt Wien nach so langer Wartezeit nun öffentliche Ladestationen errichtet, die gerade mal 11 kW Leistung bietet, kann als Anachronismus gewertet werden.
Und noch eine Konsequenz können wir aus der Feststellung "Langsam laden daheim, schnell laden unterwegs!“ ableiten: Die Installation von Steckdosen in den Garagen der Mehrfamilienhäuser von Wien, Linz oder Innsbruck kann eben gerade unter diesem Aspekt erfolgen. Hier braucht kein neuer Trafo bezahlt oder aufwendige Installationen bestellt werden. Eine 3,7 kW Leitung, ordentlich verdrahtet und vom Elektriker richtig abgesichert, tut es auch. Kein Netz bricht zusammen, wenn ein E-Auto vom Netz so viel Strom zieht wie ein Wäschetrockner.
Herbert Starmühler

Dr. Herbert Starmühler

Herausgeber energie:bau Magazin

ist Herausgeber dieser Publikation energie-bau.at und verschiedener Fachmagazine im Bereich Technik, Architektur und Energieeffizienz. Als seit Jahren leidenschaftlicher E-Auto-Fahrer und Bezieher eigenen Sonnenstroms ist der Journalist jederzeit für innovative Ideen zu begeistern und holt sich beim Networken gerne Inspiration für neue Projekte.