Trotz unterschiedlichster Gebäudekonzepte wurde auf dem IBO-Kongress harmonische Eintracht demonstriert. Bis zu dem Moment, als Gerhard Koch vom Verband Österreichischer Ziegelwerke die Bühne betrat.


Der Kongresssaal im Wiener Messegebäude platzte aus allen Nähten, als gleich zu Beginn Wolfgang Feist einen kritischen Blick auf die derzeitigen Herausforderungen der Branche warf. Zwar sei die Passivhaustechnologie auch aufgrund der Förderlandschaft auf einem sehr guten Weg zur einzelwirtschaftlichen Rentabilität. Schon in den vergangenen Jahren haben sich laut Feist die investiven Mehrkosten des Passivhausstandards im Mittel um 7%/a reduziert. Schon für dieses Jahr kündigte Feist eine kleine Umwälzung des Marktes im Bereich Passivhausfenster an: "Hier werden bereits deutliche Kostenreduktionen bei gleichbleibender Qualität realisiert. Wer nicht den Anschluss verlieren möchte, sollte hier sehr offen für Veränderungen sein." Als persönlich untragbar empfindet Feist die derzeitige Preisgestaltung bei kompakten Lüftungssystemen: "Die derzeitigen Preise können nur als unverschämt bezeichnet werden, hier sind noch gewaltige Einsparpotenziale vorhanden!"

Für viel Diskussionen sorgte die Analyse von Reinhard Weiss von "drexel und weiss Energieeffiziente Haustechniksysteme GmbH" aus Vorarlberg. Laut einer zweijährigen Studie sei das Passivhaus das energiewirtschaftliche Optimum, da nur hier eine Reduktion des Energieverbrauchs auf 20 kWh/m2a (Neubau) bzw. 25 kWh (Sanierung) möglich seien. Durch die schwindenden fossilen Energieträger und die zu erwartende Beschlagnahme der Biomasse durch die Industrie sei zukünftig ein Großteil der benötigten Energie durch Strom (Wärmepumpe und kompaktes Luft-/Wärmeverteilsystem) abzudecken.

Mit besonderer Spannung wurde dann natürlich die Ausführung der Massivbau-Lobby erwartet, die das Auditorium nicht enttäuschen sollte. Gerhard Koch vom Verband Österreichischer Ziegelwerke stellte unterschiedliche Bauformen wie Niedrigenergiehaus, Passivhaus, Biomassehaus und Sonnenhaus mithilfe von Studien aus Hannover und Berlin gegenüber. Sein Fazit: Zwar weist das Passivhaus den geringsten Heizwärmebedarf auf, allerdings liegt es in puncto Primärenergiebedarf und bei der CO2-Emissionskennzahl klar hinter dem Sonnenhaus mit Biomasseheizung und thermischer Solaranlage. Außerdem läge das Passivhaus bei den spezifischen Lebenszykluskosten weit über vergleichbaren Gebäudekonzepten.
Karl Torghele fühlte sich als Präsident des IBO berufen, hier postwendend Einspruch zu erheben: "Ich finde die Aussagen sehr tendenziös! Sie behaupten, dass die spezifischen Lebenszykluskosten bis zu 30% höher sind. Außerdem sprechen sie von sinnloser Passivhausdämmung von 40 Zentimetern - ich hatte gehofft, dass die Zeiten dieser Pauschalaussagen vorbei sind."

Gerhard Koch konterte diesen Angriff und die merklich ablehnende Haltung des Publikums relativ salopp: "Mir ist jedes Baukonzept recht, solange es mit Ziegeln gebaut ist."
Mit einer sachlicheren Analyse meldete sich dann Martin Ploss vom Energieinstitut Vorarlberg zu Wort: "Wenn Herr Koch an einem seriösen Vergleich interessiert ist, dann sollten alle vier Gebäude mit Holzheizung ausgestattet werden. Durch die Konzentration auf Strom im vorgestellten Passivhaus führen die Konversionsfaktoren zu einem hohen Primärenergiebedarf. Holz schlägt alles tot, ist aber nicht unbegrenzt vorhanden."

Für Grabenkämpfe wie diese hat "Passivhausvater" Wolfgang Feist übrigens nicht viel übrig: "Das gegenseitige Vergleichen und Übertrumpfen von Energiekennzahlen im Bereich von 5 oder 10 ist wenig zielführend. Das eigentliche Problem ist die erdrückende Masse an Altbauten mit einem Primärenergiebedarf von 250 kWh/m2a. Ein gegenseitiges Bremsen können wir uns überhaupt nicht leisten." David Scheurich

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