Nach der zweiten Quarantäne-Woche nehmen die kritischeren Stellungnahmen zu. Unklare Baustellen-Regelungen und fehlende Exit-Strategien verhärmen die Betriebe zusehends.

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Wann werden die Baustellen wieder so funktioneren wie früher? Foto: Starmuehler_autark.cc

Während die Meinungsbildung in Österreich noch in der Inkubationszeit verharrt, scheint der Ausbruch mittelschweren Unmuts in Deutschland schon stattzufinden. Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, fordert von der Bundesregierung im Interview mit der ARD eine Exit-Strategie: "Wir müssen die Wirtschaft allerspätestens nach Ostern schrittweise wieder hochfahren, sonst riskieren wir, dass die Medizin und die Angst größere Schäden anrichtet als die Krankheit."

Krankmachende Medizin?
In verschiedenen Medienmeldungen wird darauf verwiesen, dass ein derart krasses Abschalten der allermeisten wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten selbst zur Krankheit Anlass gibt. Nicht nur die Selbstmordrate sei in Rezessionszeiten höher, auch Todesfälle infolge zu lange aufgeschobener Operationen könne es geben.

Vor allem die unklaren Verhaltensregelungen in den Betrieben und auf Baustellen vergrämen Chefs und Mannschaft. „Da kommen dauernd neue und immer strengere Verhaltensregelungen auf uns zu, sodass sich ein Baustellenbetrieb gar nicht mehr lohnt“ sagt Heinz Sattler von der kleinen Zimmerei Sattler im niederösterreichischen Harmannsdorf. Er hat seine Manschaft zur Kurzarbeit angemeldet. Baustellen geschlossen.

Franz Josef Eder Praesident VOEB c VOEBUnklarheiten für Baustellen
Das aktuelle Fehlen einer einheitlichen Linie für den Baustellenbetrieb in Österreich sorge für eine zunehmende Verunsicherung in den Betrieben, heißt es in einer Aussendung des österreichischen Verbands der Beton- und Fertigteilwerke. „In dieser Situation müssen klare Regeln für die gesamte Wertschöpfungskette im Baubereich definiert werden“, fordert VÖB Präsident Franz Josef Eder (kleines Foto). Auch die Frage der Rechtssicherheit für zahlreiche Baustellenverzögerungen sei immer noch offen, was für viele Unternehmen einen enormen wirtschaftlichen Schaden bedeuten kann – auch in der Zeit nach der Corona-Krise.

Keine Einigung von ÖGB und Ministerium
Dass bisher keine Einigung zwischen der Gewerkschaft Holz-Bau und dem Bundesministerium für Gesundheit über eine einheitliche Linie für den Baustellenbetrieb in Österreich erzielt wurde, habe negative Auswirkungen auf die Beton- und Fertigteilbranche. „Derzeit haben vor allem größere Bauunternehmen ihre Baustellen im ganzen Land geschlossen, kleinere Baufirmen führen hingegen die Baustellen zum Teil lokal weiter. Dies führt zu massiven Verunsicherungen, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Zulieferbetrieben“, stellt VÖB Präsident Eder fest.

Unklare Kommunikation
Durch teilweise unklar kommunizierte und unkoordinierte Grenzschließungen in den letzten Tagen würde die heimische Wirtschaft außerdem einem zusätzlichen Stressfaktor ausgesetzt. Das betrifft vor allem den freien Warenverkehr, in dem auch derzeit noch funktionstüchtige Lieferketten unterbrochen wurden. „So sind große Teile der Versorgung mit Baustahl in Österreich von Lieferungen aus den Nachbarländern, hier konkret aus Italien, betroffen. Betroffen sind auch zahlreiche Arbeitskräfte im Bauwesen, die aus den Nachbarländern kommen und plötzlich nicht mehr ein- und ausreisen können. Hier brauchen wir eine koordinierte Vorgehensweise aller EU-Mitgliedsstaaten, um zumindest diesen Stressfaktor zu minimieren“, appelliert VÖB Präsident Franz Josef Eder.

Tagesschau-Artikel zur Exit-Strategie

Verband der Beton- und Fertigteilwerke

 

 

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