Aerogel wiegt nicht viel mehr als Luft. Gleichzeitig dämmt es aber wesentlich besser als Styropor. 

Durchsichtig, leicht und doch dämmt Aerogel besser als die meisten Stoffe der Welt.

Der leichteste Feststoff der Welt ist zugleich einer der besten Dämmstoffe, den die Menschheit je entwickelt hat. Was widersinnig klingt, bestätigt sich in einem Stoff namens Aerogel, einer Substanz, die zu 99,8 % aus Luft besteht. Manche Aerogele sind so leicht, dass sie – wenn man die Luft aus ihnen entfernt – weniger wiegen als Luft.  

Die Idee für den Stoff entstammt einer Wette. 1931 wettete der Verfahrensingenieur Samuel Stephens Kistler mit seinem Kollegen Charles Learned, er könne das Wasser aus Gelee herausholen. Der Clou an der Sache: Das Gelee solle dabei seine Form beibehalten. Gelee besteht zu großen Teilen aus Wasser, aber eben auch zu etwa 1 % aus einer Nano-3D-Struktur eines Feststoffs. 

Superkritisch

Den schnellen Weg konnte Kistler nicht wählen. Das Wasser zu verdampfen funktioniert nicht, denn dadurch schrumpft das Gelee. Also wählte er einen Umweg. Zunächst fand er heraus, dass er die Flüssigkeit im Gelee ganz einfach austauschen konnte, indem er es auswusch. Er legte das Gelee dazu in eine Alkohollösung ein.  

Als nächsten Schritt verfrachtete er das alkoholisierte Gelee in ein Hochdruckgefäß. Quasi einen industriellen Druckkochtopf. Dort erhöhte er Druck und Temperatur, bis sämtliche Flüssigkeit darin einen Aggregatszustand erreichte, der irgendwo zwischen Gas und Flüssigkeit war: Eine superkritische Flüssigkeit.  

War der Punkt erreicht, entließ er Druck und superkritische Flüssigkeit aus dem Gefäß und blieb mit nichts weiter zurück als der Struktur aus dem Feststoff des Gelees. Damit hatte er erstens die Wette gewonnen und zweitens Aerogel erfunden.  

Neue Zeit, neue Methode

Heute verwenden Hersteller wie Aerogel Technologies in Boston keine Götterspeiße und Alkohol mehr, sondern Silikagel und flüssiges CO2. Ansonsten bleibt die Methode aber die gleiche. Inklusive Hochdruck und der superkritischen Flüssigkeit. Das Ergebnis ist ein leichter, durchsichtiger Stoff mit ungewöhnlichen Eigenschaften. 

So zum Beispiel ist Aerogel ein beeindruckender Dämmstoff, der auch bei den Mars-Rovern der NASA zum Einsatz kommt. Man kann eine etwa 1 cm dicke Scheibe mehrere Minuten von unten mit einem Bunsenbrenner bei 600 °C erhitzen, die Hand auf die Oberseite legen und würde nur eine warme Oberfläche berühren.

Das klingt unlogisch bei einer Substanz, die zu über 99 % aus Luft besteht. Sollte die nicht auch gleich gut oder schlecht isolieren wie Luft? 

Variantenreich

Dem ist nicht der Fall, denn die Struktur des Aerogels ist so fein, dass die heiße Luft Probleme damit hat, ihren Weg durch das poröse Material zu finden. Gleichzeitig bringt Aerogel auch noch weitere Vorteile mit sich. So kann es sowohl stark hydrophil aber auch hydrophob hergestellt werden. In letzterer Variante ist es absolut wasserfest. 

Außerdem ist auch Feuerfest und kann so in Anzügen von Feuerwehrleuten eingesetzt werden, aber auch in Raumanzügen. Weitere Verwendungsmöglichkeiten finden sich auf Raumsonden, um Kometenstaub einzufangen, in Museen, um die Feuchtigkeit zu regulieren oder zur Isolierung in Pipelines. 

Dabei bleiben aber noch Hürden zu überwinden. Einerseits muss die Haltbarkeit erhöht werden. Bisher ist das Material noch relativ instabil. Andererseits muss auch der Preis für die Herstellung sinken. Dann allerdings kann Aerogel zu einem Dämmstoff der Zukunft werden. (flb)

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