Die Zimmerer wettern gegen die Ziegel, die Betonlobby macht mobil, die Forscher erzielen auftragsgemäße Ergebnisse und die Politik sieht zu. Der Kampf um das Etikett "umweltverträglich" beginnt Formen anzunehmen.
Holzkopf gegen Betonschädel - welcher ist massiver? Welcher wärmt sich wann mehr auf und warum? Welches Haus ist CO2-neutraler? Was heißt überhaupt "nachhaltig"? Jahrelang schlummerten die mächtigen, massiven Riesen im Dornröschenschlaf. Ziegel waren Ziegel, Beton dick und fest und Steine sind zum Bauen da.

"Wir haben die Entwicklung verschlafen, ich gebe das zu", sagt Carl Hennrich, Geschäftsführer des einflussreichen Fachverbands Stein-Keramik in der österreichischen Wirtschaftskammer (Foto). Er blitzte schon vor 15 Jahren bei den Kalk- und Zementleuten, bei der Ziegelindustrie und der Gipsbranche ab: "Die haben abgewunken und wollten damals keine Forschung unterstützen".

Mittlerweile sind die Zeiten anders geworden und der Branche brennt der Hut. Während man früher auf die kleineren Brüder, die Zimmerer und die Leimholzanbieter eher mitleidig herabgesehen hat, nimmt man sie jetzt offenbar ernst. Immer mehr Holzhäuser entstehen im Land, die Holzler dringen massiv in die mehrstöckigen Gebäude vor, jetzt wollen sie sich auch noch große Stücke des immensen Sanierungs-Kuchens nehmen. Genug!

Der Fachverband schritt zur Tat, überzeugte seine Schäfchen und initiierte das Forschungsprojekt "Nachhaltigkeit massiv" (energie:bau berichtete). In mehr als einem Dutzend Teilforschungen arbeiteten Institute der TU Graz, TU Wien und der Uni Krems sowie Agenturen und Unternehmen zwei Jahre an der Frage, wie nachhaltig denn "massiv" sei.

Doch schon diese Grundfrage löste bei der Holzbaubranche (im wesentlichen Zimmerer und Holzindustrie) einen Abwehrreflex aus: Wer sagt denn überhaupt, was "massiv" bedeutet. "Die Bezeichnung "Massivbau" ist kein exklusiver Fachbegriff für keramische Baustoffe. Der Holzbau bietet seit Jahren massive Baukonstruktionen an", schreibt Richard Rothböck, Bundesinnungsmeister Holzbau in einem Brief, der auch an Minister Berlakovich ging. Erster Adressat war aber der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), Rene Alfons Haiden. Die ÖGUT hatte einen ordentlichen Brocken Steuergeld aufgetan, um für den Co-Sponsor, den Fachverband Stein- und Keramische Industrie die Vorzüge von Beton & Ziegel im Sinne der Nachhaltigkeit zu beweisen.

Wie das Portal "holzbaunews.at" schreibt, war eines der Detailergebnisse eine eher unerwartete Kehrtwendung in der Bewertung von Häusern - während das Klima:aktiv-Haus der Energie-Effizienz 60 % zumisst, sind in dem ÖGUT-Konzept nun nur noch 20 %. Eher nebulöse soziale Faktoren werden genauso mit 20 % bewertet. Rothböck: "Es kann doch nicht sein, das ein Material seine Nachteile verliert, indem man sagt, jetzt ist uns das Soziale eben wichtiger". Fachverband Stein-Keramik-Geschäftsführer Carl Hennrich: "Die sozialen Kriterien sind in der Gebäudebewertung stärker zu betonen, weil das einer langjährigen Forderung von Bauträgern und anderen entspricht. Dennoch wird die Energie-Effizienz auch weiterhin das wichtigste Kriterium bleiben."

Hennrich sagt, er sei gesprächsbereit, man müsse sowieso quer über alle Materialien in der Frage zusammenarbeiten, was denn nun ein nachhaltiges und umweltverträgliches Haus sei.

Forschungsinitiative "Nachhaltigkeit massiv"
Bundesinnung Holzbau
ÖGUT

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