Zur insgesamt neunten Veranstaltung der Diskussionsreihe „Nachhaltiges Planen und Bauen“ lud der Ausschuss Nachhaltigkeit der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK). Klare Worte fanden die Teilnehmer zur derzeitigen Sanierungslage.
Podium (v.l.n.r.): Georg W. Reinberg, Georg Pilarz, Sabine Gretner, Peter Huemer, Margarete Czerny, Franz Köppl

Dr. Margarete Czerny von der Nachhaltigkeitsinitiative UMWELT + BAUEN bezeichnete den Sanierungsscheck, derzeit in der Höhe von 100 Millionen Euro, als „Tropfen auf dem heißen Stein“. Der Sanierungsanteil in Österreich (35 Prozent) sei im europäischen Vergleich eher gering. Die Kyoto-Strafzahlungen berechnete Czerny mit 450 Millionen Euro (2008-2012) und mit insgesamt voraussichtlich 1 Milliarde Euro. Neben der Anhebung der Sanierungsrate auf drei Prozent – und nach 2020 auf über fünf Prozent – forderte sie mehr Planungsbewusstsein und die Schaffung einer innovativen architektonischen hochwertigen Baukultur. DI Sabine Gretner, Landtagsabgeordnete der Grünen Wien, adaptierte den Titel der Veranstaltung zu „Nachhaltige Stadtentwicklung ohne Sanierung?“. Anhand von demografischen Daten sowie Prognosen zur Entwicklung der Wohnbevölkerung machte sie deutlich, dass Sanierung nicht beim Objekt beginnen kann, sondern weiter gedacht muss. „Sanierung kann große soziale Nebeneffekte haben“, so Gretner. Außerdem forderte sie eine Aufstockung des Sanierungsschecks sowie die Wiedereinführung der Direktzuschüsse auf Länderebene.

Dr. Georg Pilarz, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützigen Industrie- Wohnungsaktiengesellschaft Leonding (GIWOG), präsentierte in seinem Impulsreferat Objekte aus Österreich, an denen erfolgreich Dämm-Maßnahmen durchgeführt wurden. Statistiken zeigten den abfallenden Energiebedarf in den Gebäuden nach der thermischen Sanierung. Pilarz betonte die Wichtigkeit von individuellen Ideen für unterschiedliche Gebäudetypen. Bei aufwendigen Sanierungen sei ein hoher Vorfertigungsgrad entscheidend.

Mag. Franz Köppl von der Arbeiterkammer Wien ging besonders auf die unterschiedliche Sanierungshäufigkeit und den Energiebedarf von Einfamilienhäusern im Vergleich zu Wohnungen ein. Das Problem sehe er unter anderem darin, dass ein Großteil des finanziellen Aufwands bei den Mietern läge. Köppl sprach sich klar für eine Verlängerung des Refinanzierungszeitraumes bei Mietobjekten aus. Für EigentümerInnen von Ein- oder Zweifamilienhäusern forderte er ordnungspolitische Maßnahmen, um gewissen Energiestandards zu entsprechen.

Architekt Georg W. Reinberg, Mitglied des Nachhaltigkeits-Ausschusses der bAIK, ging unter anderem anhand seines aktuellen Projekts in Hamburg besonders auf den ästhetischen Aspekt ein: „Sanierung ist Architektur, durch Sanierung hat sich Architektur weiterentwickelt und wird sich auch in Zukunft entwickeln“, so Reinberg. Gerade bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern müsse man jedoch soziale Komponenten berücksichtigen. Der Stand der Technik wäre mittlerweile so weit, dass man wisse, wie man Nullenergiehäuser bauen könne – diese Möglichkeit solle man verstärkt nutzen.

Worin sich alle DiskutantInnen einig waren, war die geringe ökologische Effizienz der Förderung von Einfamilienhäusern. Stattdessen solle man sich auf die Unterstützung von Gemeindebauten und gemeinnützigen Wohnungen konzentrieren. Georg Reinberg stufte Sanierungsmaßnahmen wichtiger für die klimatische Entwicklung ein als den Neubau. Margarete Czerny machte darauf  aufmerksam, dass Neubau und Sanierung aus sozialer Perspektive gleich bedeutsam zu betrachten sind. Mit der Frage nach der „Trennung von Wohnen und Parken“ wurde vom Publikum das Thema Infrastruktur ins Boot geholt und löste sogleich eine Diskussion rund um geförderte Garagenplätze aus. Abschließend betonte Peter Huemer nochmals – wie auch zuvor alle PodiumsteilnehmerInnen– die Wichtigkeit ganzheitlicher Sanierung.

Quelle: arching.at
Foto:  Bernhard Wolf

3% Sanierungsrate - wie erreichen wir das Ziel? Dämmstoffindustrie, Finanzierer und Fachleute diskutieren an einem Tisch - in der nächsten energie:bau-Printausgabe (ET 27.6.)

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