Bald wird es möglich sein, seinen selbst erzeugten Strom an andere Privatkunden zu verkaufen.

Stromnetze können vielleicht bald von Energiegemeinaschaften genutzt werden. Foto: pixabay
Stromnetze können vielleicht bald von Energiegemeinaschaften genutzt werden. Foto: pixabay

Es war ein langer Weg  und ohne Europäische Regelung wäre kein Ende in Sicht. Nun aber sollen die sogenannten Energie-Gemeinschaften das Licht der Verbraucherwelt erblicken.

„Mit dem EU Winter Paket wurde eine Revolution der Stromversorgung eingeleitet, die es Stromkunden erstmals ermöglicht, die eigene Stromerzeugung innerhalb sogenannter Energiegemeinschaften an Nachbarn zu verkaufen“ formuliert es Thomas Nacht, Mitarbeiter der Grazer 4ward Energy Research GmbH und Leiter des Forschungsprojektes „LEC-Modelle“, in dem die technisch-ökologischen Möglichkeiten der neuen Regelung untersucht werden.

Langgehegter Wunsch
Damit wird also möglicherweise ein langgehegter Wunsch vieler Besitzer von Photovoltaik-Anlagen bald in Erfüllung gehen: Selbst nicht benötigter Strom soll nicht mehr nur an den Netzbetreiber zu sehr niedrigen Preisen geliefert werden, sondern auch an Abnehmer verkauft werden, mit denen man privatwirtschaftliche Verträge schließen kann.

ElWOG muss geändert werden
Dazu muss allerdings mindestens das ElWOG geändert werden, also das Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz. Bisher war es nämlich nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich, einfach so seinen Strom über die Straße zu verkaufen. Das wäre dann Stromhandel – und der war bisher den (meistens großen) Elektrizitätsgesellschaften/Netzbetreibern vorbehalten.

Prosumer statt Verbraucher
Die Rahmenbedingungen für neues Strommarktdesign fußen auf der EU-Richtlinie für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Richtlinie mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Beide Richtlinien sehen den Energieverbraucher als aktives Mitglied („Prosumer“) im Mittelpunkt der Energiewende. In Form von Energiegemeinschaften soll es in erster Linie HaushaltskundInnen ermöglicht werden, aktiv an der Transformation des Energiesystems teilzunehmen.

Zwei Typen der Energiegemeinschaften
Für „Erneuerbare Energiegemeinschaften“ sowie „Bürgerenergiegemeinschaften“ gilt es bei der Umsetzung in nationales Recht klare gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Was derzeit diskutiert wird:

- Der Zeitdruck: In den Ministerien ist infolge des Regierungswechsels ein Rückstau entstanden. Doch bis Ende 2020 müssen die Energiegemeinschaften in nationales Gesetz gegossen worden sein. Bis Juni 2021 braucht es dann gesetzliche Regelungen für die Energiegemeinschaften.
- Die Vergütung: Derzeit wird darüber diskutiert, dass der Erzeuger und der Verbraucher an den Netzbetreiber jeweils 0,50 Cent pro Kilowattstunde für das Verwalten und Verrechnen bezahlen.
- Die Technik: Als sicher gilt, dass ein Smart Meter bei den Teilnehmern der Gemeinschaften vorhanden sein muss. Damit kann der Verrechner (=Netzbetreiber) erkennen, wieviel Strom erzeugt wurde – und wieviel davon der Teilnehmer auf der anderen Seite verbraucht hat.
- Der Tarif: Aller Voraussicht nach wird der Tarif staatlich subventioniert. Es soll also der Bezug des Stroms aus der Energiegemeinschaft etwas günstiger sein, als von den bisherigen Erzeugern.

„Viele Gemeinschaften entstehen“
Was mit dem Ökostromgesetz im Mehrfamilienhaus rechtlich möglich geworden ist, soll mit dem Clean Energy Package der EU noch ausgedehnt werden. Wir sind überzeugt, dass in Zukunft viele Energiegemeinschaften entstehen werden”, erklärt Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie (siehe website).

Wien Energie testet in einer der ersten Energiegemeinschaften Europas, dem Viertel Zwei, wie überschüssige, selbst produzierte Energie gekauft, verkauft oder lokal gespeichert werden kann. „Mithilfe neuer Technologien wie Blockchain kann dies vollautomatisch über Plattformen geschehen.“ /Wien Energie)".

Auch die e-FRIENDS im niederösterreichischen Nappersdorf, die mit dem Slogan „Mein Strom hat ein Mascherl“ auf Kundensuche gehen, arbeiten in eine ähnliche Richtung, wollen allerdings unabhängig von Stromkonzernen sein – denn sie haben selbst eine Lizenz zum Stromhandel. Sie können zwar noch nicht von einer Energie-Gemeinschaft reden, sind aber im Reigen der virtuellen Netze sozusagen ein Vorreiter (mit eigener Verrechnungsbox).

4ward Energy Research

 e-friends

 Energiegemeinschaften auf der Website der Wien Energie

(hst)

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