Städte bieten weniger Raum für grüne Energieerzeugung, aber gerade hier wird sie in Zukunft am meisten gebraucht.

Enlil kann den Wind des Straßenverkehrs nutzen. Foto: Devici Tech

Warum nicht also einfach kleinere Anlagen bauen? Die Menschen ziehen in die Städte. Nicht alle, aber laut den UN bis 2050 immerhin 68%. Mit ihnen kommen auch die Anstellungen, der Wohnraum, die Industrie und – logisch weitergedacht – der Energieverbrauch. Der ist pro Kopf in Städten zwar geringer als im Umland, wird durch den Zuzug aber dennoch ansteigen. 

 

Gleichzeitig verbleibt die Stromerzeugung aber im Umland. Riesige Windräder, Staudämme und großflächige PV-Farmen brauchen Platz, den Städte durch die dichte Besiedelung nicht bieten. Dabei würde es doch eigentlich so viel Sinn ergeben, den Strom dort zu erzeugen, wo die Leute leben, anstelle ihn über Leitungen durchs gesamte Land zu verfrachten. Auf diesen ging in Deutschland zum Beispiel 5,7 % des erzeugten Stroms verloren. 

Kleine Windkraft

Aber wie Stromerzeugung in die Städte bringen, wenn doch der Platz fehlt? Wo soll man schließlich große Windräder aufstellen? Das Windrad Enlil – benannt nach einer sumerischen Gottheit, übersetzt „Herr Wind“ – umgeht diese Frage geschickt. Anstelle weniger große Windräder stellt das türkische Unternehmen Devici Tech viele kleine auf. 

Diese kleinen Windräder bringen natürlich weniger Leistung mit als ihre großen Verwandten. Dafür sind sie aber klein genug, damit Stadtplanende sie einfach am Rand oder sogar in der Mitte der Straße platzieren können. Die Turbinen können den erzeugten Wind des Verkehrs nutzen und produzieren laut den Herstellenden etwa ein kW Strom. Hochgerechnet ist das genug, um zwei Haushalte einen ganzen Tag lang mit Strom zu versorgen. 

Alternativen

Enlil ist aber nicht die einzige Option in diesem Segment. Auch das britische Unternehmen City Windmills produziert – der Name verrät es – Windmühlen für die Städte. Ihre Variante ist allerdings nicht für Straßen gedacht, sondern soll primär auf den Dächern der Stadt einen Platz finden. 

Daneben bieten sich in Städten natürlich diverse Formen von Solar-Energie an. Da gäbe es den Klassiker auf den Dächern, aber auch alternative Formen. Durchsichtige PV-Folie macht große Glasflächen nutzbar, ohne die Aussicht zu rauben. Solardachschindeln verbergen sich geschickt zwischen den konventionellen und auch E-Autos erzeugen mittlerweile ihren eigenen Strom. 

Zweitverwertung

Andere Möglichkeiten der Stromerzeugung in Städten kommen aus der Kreislaufwirtschaft. In Indien nutzen Energieversorgende zum Beispiel das Gas, das in Abwassersystemen entsteht, um damit Bio-Gas-Motoren anzutreiben. Daneben gibt es auch noch die klassische Müllverbrennung zur Erzeugung von Wärme und Strom, wie wir sie in Österreich schon eine Zeitlang betreiben. 

Gerade bei der Wärmeerzeugung ist die Kreislaufwirtschaft zum zentralen Anknüpfungspunkt geworden. Neben Abwasser und Abfall kommt hier schon eine Weile die Abwärme von Industrieprozessen zum Einsatz. Bier, Schnitten und Server werden so – zumindest indirekt – wesentlich effizienter. Und jetzt eben auch der Straßenverkehr. 

Abwind

Die kleinen Enlil-Windkraftwerke fallen schließlich in die gleiche Kategorie wie die Nutzung der Abwärme großer Serverfarmen. Autos und vor allem auch LKW und Busse produzieren durch die verdrängte Luft Wind und erzeugen damit eine Form der Energie, die bisher völlig ungenutzt bleibt. 

Gerade das dürfen wir in unserer Siedlungsform der Zukunft – den Städten – nicht zulassen. Energie wird ein kostbares Gut und wir müssen es möglichst effektiv nutzen, wenn wir eine ökologische Welt erschaffen wollen. (flb)

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