Die Abrechnung von Ladungen wird sich ändern: Die Zukunft ist wahrscheinlich ein Kombitarif von kWh-Abrechnung plus Zeitgebühr. Die neuen Wiener Ladesäulen haben den Tarif seit 1.10.2018 schon intus.

Eine von über 115 neuen Ladesäulen mit Abrechnung nach kWh. Foto: Wien Energie

Seit wenigen Wochen ist es in Wien möglich, zumindest im Wechselstrombereich im voraus Klarheit zu haben, wieviel die Ladung kosten wird. Zumindest kann man sich das ausrechnen: Wer sein Fahrzeug bei den mit "Ladestationsgruppe City" auflädt, also bei den gerade montierten Säulen mit den langsameren Typ-2 Buchsen (11 kW), der zahlt pro Stunde tagsüber (8:00 Uhr bis 22:00 Uhr) 1,60 Euro und für den verbrauchten Strom 0,20 Euro pro Kilowattstunde (kWh), letzteres also etwa genau so viel wie bei sonstigem Stromverbrauch daheim.

Die Nacht ist deutlich billiger
Wer also beispielsweise 20 kWh lädt und insgesamt sein Auto fünf Stunden an der Ladesäule stehen lässt, wird mit 12 Euro zu rechnen haben. Wer eine Stunde bleibt und 10 kWh bezieht kommt auf 3,60 Euro. In der Nacht (22:00 bis 8:00 Uhr) schaut die Rechnung so aus: 4,80 Euro (statt 12 Euro tagsüber) und 2,16 (statt 3,60) Euro.Via App gibt übrigens Wien Energie auch Bescheid, wenn das Auto vollgeladen ist. Ob man dann aufsteht und nächtens sein Auto aus dem Ladeberich wegschafft ist eine andere Sache und betrifft Schlafgewohnheit und
finanzielle Elastizität. 

Der Kombi-Tarif in Wien
Auf der Website der Wien Energie kann man den Tarif nachlesen – und seine Kosten ausrechnen.
Wien Tarif neu


Keine Parkgebühr zusätzlich – aber Wegfahrpflicht

Zusätzliche Parkgebühren fallen dabei keine an. Die Stellplätze bei den neuen E-Ladesäulen sind ausschließlich für das Stromtanken von Elektrofahrzeugen reserviert. Von Montag bis Sonntag zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr muss der Platz nach Beendigung des Ladevorgangs, jedenfalls 15 Minuten, nachdem das E-Auto vollgetankt ist, wieder freigegeben werden. Zwischen 22:00 und 8:00 Uhr kann das Elektro-Fahrzeug stehen bleiben. LEDs an den Ladestellen informieren über den aktuellen Lade-Status. Bei blauer Anzeige wird erfolgreich geladen, bei blau-grün blinkendem Licht ist der Ladevorgang beendet. Das neue Basis-Ladesystem ist für alle offen, die ein Elektroauto nutzen.

Strenges Eichwesen 
Wie sieht das mit den anderen Ladesäulen der Wien Energie aus, die in Wien schon seit geraumer Zeit stehen? "Die neuen öffentlichen E-Ladestellen, die Wien Energie im Auftrag der Stadt Wien errichtet, sind in der Lage nach kWh abzurechnen. Eichfähige MID-konforme Zähler sind vorhanden. Ladestationen älterer Generationen haben diese Funktionalitäten nicht" so die Pressestelle der Wien Energie. Dieses "Erwachsenwerden" der Ladesäulen hängt (nicht nur in Wien) mit dem Eichwesen und den Gesetzen zusammen.

Deutschland ist strenger
Die MID-Konformität (nach der EU-Richtlinie Measuring Instruments Directive) ist das eine, die Zuordnung und Nachverfolgung der Zahlungen das andere. In Deutschland ist man strenger und lässt die kWh-Abrechnung nur zu, wenn sämtliche Ladevorgänge gespeichert und im Nachhinein – im Reklamationsfall – zuordenbar sind.  Die Wien Energie fasst die technischen und rechtlichen Hürden für uns so zusammen: "Technisch: Das IT System muss eine zertifizierte und manipulationssichere Übertragung der Zählerstände auf der gesamten Übertragungskette (Zähler bis Kundeninterface und Rechnung) gewährleisten.  Eine weitere Themamatik besteht beim Messverfahren von kWh im Gleichstrombereich. Hier gibt es noch keine adäquate Möglichkeit.Rechtlich: Hier muss eine klare und eindeutige Regelung dazu geschaffen werden. Auch eichgesetzliche Bestimmungen, die nicht in unserem Bereich sind, müssen noch angepasst werden. Hier können wir den Behörden nicht vorgreifen. Aktuelle Diskussionen in Deutschland zeigen, dass hier Handlungsbedarf besteht. Diese Umrüstungen, Neuinstallationen und Ertüchtigungen sind derzeit in der gesamten Ladebranche ein heiß diskutiertes Thema. Das Jahr 2019 dürft hier sehr viele Neuigkeiten bringen. 

Wien Energie mit 900 Ladestellen
Mittlerweile geht der Ausbau in Wien munter weiter, sagt Boris Kaspar, Unternehmenssprecher der Wien Energie: "Bis Ende 2020 sind in Summe 1.000 neue öffentliche E-Ladestellen in Wien geplant. Parallel verdichten wir unser bestehendes Netz in Garagen und mit ausgewählten Standortpartnern. Insgesamt verfügt Wien Energie derzeit über knapp 900 E-Ladestellen in Wien und Umgebung." (hst)

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